Der österreichische IoT-Technologiekonzern Kontron hat vor Kurzem die Übernahme des US-Softwarespezialisten Bsquare angekündigt. Damit setzen die Österreicher ihre M&A-Strategie fort. Im Interview mit BÖRSE ONLINE verrät Vorstandschef Hannes Niederhauser die Hintergründe für den Zukauf in den USA.
BÖRSE ONLINE: Herr Niederhauser, Kontron hat ein Übernahmeangebot für Bsquare abgegeben, was macht dieses Unternehmen für Kontron attraktiv?
Hannes Niederhauser: Zunächst passt die Firma ideal zu uns. Bsquare ist Experte für die Entwicklung und den Einsatz von Softwaretechnologien für vernetzte Geräte, also alles, was in das Umfeld IoT gehört. Zum einen stärken wir damit unseren Bereich Software & Solutions und unseren Footprint in den USA. Vor allem versprechen wir uns aber damit einen zusätzlichen Kundenzugang in den USA. Bsquare hat für Kontron interessanten Kunden wie Coca-Cola, Paccar, Honeywell oder Itron, die wir mit unserem Gesamtangebot bedienen können. Und zuletzt ergänzt sich die Bsquare SquareOne Software perfekt mit unserer susietec® Software-Plattform. Wir werden beide Produkte zusammenführen und integrieren.
Gab es im Vorfeld der Übernahme schon operative Berührungspunkte mit Bsquare?
Nein, da wir ja keine überlappenden Produkte haben. Aber wir kennen Bsquare schon seit Jahren.
Sie zahlen eine ordentliche Prämie von rund 60 Prozent auf den Durchschnittskurs des letzten Jahres. Ist die Firma das tatsächlich wert, Bsquare macht 30 Millionen Dollar Umsatz, ist aber noch defizitär?
Eigentlich zahlen wir ja nur fünf Millionen Dollar, da in der Bsquare 33 Millionen Dollar nicht betriebsnotwendiger Kassenbestand vorhanden sind, den wir sofort zur Refinanzierung des Kaufpreises verwenden werden. Der Preis ist aber auch angesichts der Synergien im Vertrieb bei gleichzeitig attraktivem Kundenbestand mit einigen Blue-Chip-Unternehmen aus den USA, und der unser Angebotsspektrum ergänzenden Software aus unserer Sicht attraktiv. Die Lösungen von Bsquare ergänzen unser Softwareportfolio susietec® optimal.
Welche Erwartungen haben Sie hinsichtlich der Profitabilität, bisher war Bsquare defizitär, zudem kommt Bsquare von rund 100 Millionen Dollar Umsatz. Wollen Sie wieder auf dieses Niveau?
Um die Synergien zu heben, werden wir Bsquare nach erfolgreicher Übernahme mit unser Tochtergesellschaft Kontron America verschmelzen. Wir erwarten in den nächsten drei Jahren Kontron America auf über 200 Millionen Dollar zu steigern, wovon 55 Millionen Dollar ursächlich mit Bsquare begründet sind. Primäres Ziel ist es, das Bsquare Geschäft als weiteren Zugang für den US-Vertrieb des gesamten Kontron-Produkt- und Lösungsangebots zu nutzen. Mit der Vermarktung des susietec®-Portfolios in den USA sowie Cross-Selling von Kontron-Produkten ergibt sich für Bsquare der Turnaround und wieder viele Wachstumschancen. Wichtig sind für uns dabei Markt- und Kundenzugang und die technologische Ergänzung. Auch bei den Margen werden die höheren Softwareanteile in der Zukunft zu Steigerungen führen.
Sie haben auch jüngst eine Einladung zur außerordentlichen Hauptversammlung veröffentlicht, wobei es insbesondere um ein neues genehmigtes Kapital und die Ermächtigung zur Ausgabe von Wandelanleihen geht, müssen die Aktionäre eine Verwässerung befürchten?
Nein. Es ist kein Geheimnis, dass wir im kommenden Jahr ein Schuldscheindarlehen refinanzieren müssen. Aufgrund unserer Cash-Situation und unserer Bonität ist das grundsätzlich kein Thema, wir halten uns mit den zu genehmigenden Maßnahmen nur alle Optionen offen, um final die für Kontron günstigste Form der Refinanzierung zu wählen. Die Frage, ob diese über ein weiteres Schulscheindarlehen oder eben eine Wandelanleihe erfolgt, hängt abschließend von den dann realisierbaren Konditionen ab. Die für eine mögliche Wandlung notwendigen Aktien können wir aller Voraussicht nach aus dem Bestand an eigenen Aktien aus unserem Aktienrückkaufprogrammen nehmen, sodass mit überhaupt keiner Verwässerung zu rechnen ist. Aber wie gesagt, es geht primär darum, die Optionen zu schaffen, um eine möglichst günstige Refinanzierung zu erreichen.
Anfang November kommen die Zahlen für das abgelaufene Quartal, können Sie uns bereits einen Einblick geben, wie es gelaufen ist, sind die aktuellen Rezessionssorgen auch bei Kontron spürbar?
Details darf und möchte ich zum aktuellen Zeitpunkt nicht nennen. Unsere Auftragslage kann man als robust bezeichnen. Kontron wächst organisch sowohl im dritten Quartal als auch in den nächsten Quartalen. Wir können das sehr gut vorhersehen, da wir bereits alle Aufträge für das nächste Jahr in den Büchern haben. Die jüngsten Design Wins, die wir zuletzt veröffentlicht haben, belegen das auch.