An der Börse gibt es ein neues Lieblingsspielzeug. Gemeint sind damit die Aktien von reinrassigen Anbietern rund um das Thema Elektrofahrzeuge. Diese stehen in der Gunst der Anleger ganz weit oben, weil laut Marktprognosen hier in den vergangenen Jahren sehr viel Wachstum winkt. So sagt BloombergNEF voraus, dass Autofahrer in diesem Jahr weltweit 5,6 Millionen Elektroautos kaufen werden. Das wären fast acht Prozent aller verkauften Fahrzeuge und rund doppelt so viele wie im Vorjahr. Und wenn es nach dem US-Finanzdienstleister Morningstar geht, dann machen Elektrofahrzeuge und Hybride bis 2030 bereits 30 Prozent bzw. 37 Prozent der weltweiten Neuwagenverkäufe aus.

Trotzdem ist statt dem Begriff Gunst vielleicht inzwischen das Wort Gier angebrachter, wenn es darum geht, die Einstellung der Börsianer zu beschreiben. Jedenfalls reißt man sich förmlich um die Anteilsscheine ausgewählter Branchenvertreter. Angefacht hat das Interesse natürlich die phänomenale Kursentwicklung von Tesla in den vergangenen Jahren. Denn wer hier am 07. Juli 2010 nur 1.000 Aktien im Gegenwert von damals noch 3.160 Dollar gekauft hat, sitzt heute auf einem Aktienpaket von 1.089.010 Dollar.

So gesehen ist es kein Wunder, dass die Anleger elektrisiert sind. Und vermutlich hoffen mitmischende Investoren ganz einfach, dass sich zum einen die Erfolgsstory von Tesla noch weiter fortsetzt und auch andere Anbieter aus dem Segment eine ähnliche Performance hinlegen können.

Allerdings gibt es angesichts der vorherrschenden Euphorie und der enormen Kursgewinne auch etliche Skeptiker. Diese fragen sich, ob es sich beim boomenden Kursgeschehen nicht längst um eine große Blase handelt, die demnächst platzen muss. Zur Begründung für ihre Befürchtungen verweisen sie dabei auf sehr hohe Bewertungsrelationen.

Es handelt sich somit wieder einmal um eine jener Pattsituationen, bei denen sich Bullen und Bären unversöhnlich gegenüberstehen. Während beide Parteien mit durchaus einleuchtenden Argumenten aufwarten können, haben derzeit an der Börse angesichts der Kursexplosionen eindeutig die Bullen die Nase vorne.

Dies ist eine Konstellation, die uns dazu bringt, das Geschehen nachfolgend etwas näher zu beleuchten. Zumal für eine Einschätzung auch spricht, dass mit Rivian, Lucid und Tesla drei Branchenvertreter bei den BÖRSE ONLINE-LeserInnen sehr gefragt sind. In unserer Liste mit den meistgesuchten Aktien (https://www.boerse-online.de/aktien/meistgesuchte-aktien) in unserem Online-Bereich belegte das Trio am Mittwoch jedenfalls die Plätze drei, sieben und acht.

Tesla-Aktie





Tesla wurde laut Raiffeisen Research 2003 mit dem Ziel gegründet, den Übergang zu einem nachhaltigen Transportwesen zu beschleunigen. Eine Zielvorgabe, die man in den vergangenen Jahren mit sehr viel Leben gefüllt hat. Elektroautos fahren jedenfalls längst auf er Überholspur.

Neben der Produktion von Elektroautos sieht sich der Konzern auch als Energieunternehmen (Solaranlagen, Energiespeicher etc.). Doch die enormen Kursgewinne der vergangenen Jahre bei den Tesla-Aktien sind vor allem den Aktivitäten im Bereich des Baus von Elektrofahrzeugen zu verdanken.

Das Unternehmen rechnet damit, dass die ersten Lieferungen aus den neuen Fabriken in Deutschland und in Texas Ende 2021 erfolgen. Der Konzern erwartet zudem die ersten Auslieferungen von drei neuen Fahrzeugmodellen in den kommenden Quartalen: den Cybertruck (Ende 2022), den Semi (2023) und den Roadster (2023).

Charttechnik: Mit was für einer Geschwindigkeit der Titel an der Börse unterwegs ist, ist atemberaubend. Denn ein Blick auf den Chart zeigt, dass die Notiz vom 07. Juli 2010 bis zum 04. November 2021 jeweils auf Schlusskursbasis von 3,16 Dollar auf 1.229,81 Dollar gestiegen ist.

In den vergangenen Tagen setzte es zwar einige Verluste, da sich der Firmenchef Elon Musk im großen Stil von Aktien des Unternehmens getrennt hat, doch der langfristige Aufwärtstrend ist bei der am Mittwoch erreichten Schlussnotiz von 1.089,01 Dollar nach wie vor völlig intakt. Die Charttechnik gibt folglich weiter grünes Licht bei diesem Wert.

Bewertung: Wie die nachfolgende Tabelle mit den Fundamentalkennzahlen zu Tesla zeigt, sind Dividenden bis auf Weiteres Fehlanzeige. Doch darauf liegt derzeit auch bestimmt nicht der Fokus der Aktionäre. So wollen vielmehr Wachstums sehen und wenn es nach dem Analystenkonsens geht, dann kann Tesla in dieser Hinsicht auch liefern.

Konkret soll der Gewinn je Aktie in diesem Jahr von 2,24 Dollar auf 5,86 Dollar stiegen. 2022 sollen daraus dann 8,34 Dollar werden und für 2023 rechnet man mit 10,90 Dollar. Die Vorhersagen für die Jahre 2024 und 2025 betragen 14,02 bzw. 19,11 Dollar. Das KGV ist aber selbst auf letztgenannter Basis optisch sehr hoch, wenn man bedenkt, dass viele traditionelle Autobauer, mit einstelligen KGVs daherkommen und in der Regel auch noch Dividenden zahlen.

Seine Bewertung behaupten können dürfte Tesla deshalb nur dann, wenn es gelingt, auch in den Jahren nach 2025 auf einem strammen Wachstumskurs zu bleiben. Wie gut das gelingt, erscheint aber offen, da die Konkurrenz nicht schläft und mit aller Macht versucht, den derzeit noch bestehenden Rückstand zu Tesla zu verringern. Die eigene Messlatte, die es im Jahr 2030 zu schlagen gilt, bewegt sich übrigens bei einer angestrebten Produktionskapazität von 20 Millionen Fahrzeugen pro Jahr.

Zur Bewertung sei noch angemerkt, dass die Marktkapitalisierung 1,094 Milliarden Dollar (umgerechnet 0,967 Milliarden Euro) beträgt, was Tesla mit Abstand zum wertvollsten Autobauer gemessen am Börsenwert macht.


Quelle: Factset, BÖRSE ONLINE

Allgemeines: Tesla hat starke Quartalsergebnisse abgeliefert. Sowohl beim Gewinn als auch beim Absatz konnten neue Rekorde aufgestellt werden. Und laut Prognosen winken auch in den nächsten Jahren gute Ergebnisse. Zu beachten ist aber, dass auch die Risiken als hoch einzustufen sind. Aus der Sicht des US-Finanzdienstleisters CFRA steht dem potenziell dramatischen Volumenwachstum jedenfalls eine hohe Wettbewerbsintensität in der Automobilindustrie und ein Umsetzungsrisiko bei den Wachstumsplänen gegenüber.

Trotz aufholender Mitbewerber sehen die Analysten von Raiffeisen Research den Konzern technologisch und (Elektro-) imagemäßig noch deutlich vor der Konkurrenz und auch zukünftig auf einem Wachstumspfad. Auf dem aktuellen Kursniveau sieht man jedoch bewertungstechnisch nicht mehr viel Luft nach oben, was sich auch in einem Kursziel von 1.300 Dollar widerspiegelt.

Wobei man zu dieser Zielvorgabe aber anmerkt, dass sich offen gesagt kein Bewertungsansatz finde, der einen noch so technologisch fortschrittlichen Tesla-Konzern mit einem Aktienkurs im vierstelligen Bereich rechtfertigt, zumal man Tesla nach wie vor primär als Automobilhersteller und nicht als Technologiekonzern ansieht. Übrigens: Der Analystenkonsens taxiert das Kursziel von Tesla auf nur 817,01 Dollar. Allerdings ist es so, dass die Mehrzahl der Analysten den bisherigen Aufstieg des Aktienkurses stark unterschätzt haben.

Zu den Stärken zählt Raiffeisen Research ansonsten den starken Fokus auf Forschung & Entwicklung, die Vorreiterrolle im Bereich der Elektromobilität (vor allem Batterietechnologie inklusive Ladeinfrastruktur) und beim autonomen Fahren. Ebenfalls positiv sei ein hoher Grad an Kundentreue sowie die Sicherheit und die Konnektivität bei den Fahrzeugen. Als Schwächen bezeichnet man dagegen die als galaktisch hoch bezeichnete Bewertung, bestehende rechtliche Risiken sowie einen teilweise schwindenden Wettbewerbsvorteil.

Lucid-Aktie





Schlagzeilen wegen einer strammen Performance macht derzeit auch Lucid Group. Hinter dem Namen steckt ein 2015 gegründetes Automobilunternehmen, das sich auf das Design, die Entwicklung, das Kundenerlebnis, den Verkauf und den Service von Elektrofahrzeugen sowie auf elektrische Antriebsstränge für die Formel E und Energiespeichersysteme konzentriert.

Das Unternehmen ging gerade mit seiner Air-Limousine an den Start, bis 2030 sollen weitere Modelle folgen. Die Fahrzeuge werden auf der Grundlage der Lucid Electric Advanced Platform (LEAP) hergestellt, die dabei hilft, den Fahrzeug-Innenraum zu maximieren. Dieser neue Ansatz der Limousinen-Architektur nutzt die Vorteile des miniaturisierten EV-Antriebsstrangs von Lucid voll aus, um ein Innenvolumen in voller Größe mit einer mittelgroßen Außenfläche zu erreichen.

Der Lucid Air Sedan wurde übrigens gerade von der Zeitschrift MotorTrend zum "Auto des Jahres" gekürt. Das heißt, man hat Konkurrenten wie den Mercedes EQS oder den Porsche Taycan abgehängt. Punkten konnte das Fahrzeug unter anderem mit der größten Reichweite. Die so genannte Dream Edition ist für rund 169.000 Dollar zu haben, wobei eine günstigere Variante Ende 2022 auf den Markt kommen soll.

Charttechnik: Bei Lucid ist es so, dass man am 23. Juli 2021 eine Fusion mit Michaels Klein's SPAC, Churchill Capital Corporation IV, abgeschlossen und die Aktie dann am 26. Juli an der NASDAQ den Handel aufnahm. Nach der Transaktion hat das Unternehmen rund 1,6 Milliarden Aktien im Umlauf. Am 24. August 2021 besaß der Public Investment Fund des Königreichs Saudi-Arabien 62,7 % der ausstehenden Aktien.

Den ersten Handelstag beendete der Titel bei 26,83 Dollar. Danach ging es bis Anfang September bis auf 17,79 Dollar nach unten. Seitdem läuft es besser und am 16. November ging der Titel mit 55,52 Dollar aus dem Handel, was nichts anderes bedeutet, als das sich der Wert mehr als verdreifacht hat. Das Chartbild gestaltet sich dadurch derzeit konstruktiv.

Bewertung: Der Analystenkonsens sieht bei Lucid den Umsatz in diesem Jahr bei 76,11 Millionen Dollar. 2022 sollen darauf dann 1,735 Milliarden Dollar werden und in 2023 sogar 4,099 Milliarden Dollar. Wie der untenstehenden Tabelle zu entnehmen ist, rechnet man bis 2023 allerdings noch nicht mit schwarzen Zahlen, was das Ergebnis je Aktie angeht.

Bei einem Schlusskurs von 52,55 Dollar am Mittwoch vergleich sich das mit einem Börsenwert von gut 85 Milliarden Dollar. Skeptikern ist die Bewertung damit natürlich viel zu hoch. Dazu auch ein Vergleich zur besseren Einordnung: Als Tesla im Januar 2020 erstmals eine Marktkapitalisierung von 100 Milliarden Dollar erreichte, hatte das Unternehmen im letzten Quartal einen Umsatz von 7,4 Milliarden Dollar erzielt, wie die Bespoke Investment Group vorrechnet.

Als Fürsprecher für den Titel nahm unlängst die Bank of America die Abdeckung mit einer Kaufempfehlung und einem Kursziel von 30,00 Dollar auf. Dabei hielt man als Multiplikatoren ein Verhältnis von Unternehmenswert zum Umsatz von rund 3,0 und beim Unternehmenswert zum EBITDA von rund 37 für 2025 für angemessen. Denn das seien die Multiplikatoren gewesen, die man in den Anfängen auch Tesla zugestanden habe. Allerdings ist durch die Kursrally die genannte Zielvorgabe längst überschritten.


Quelle: Factset, BÖRSE ONLINE

Allgemeines: Die Gesellschaft prognostiziert einen Fahrzeugabsatz von weniger als 1.000 Einheiten im Jahr 2021, für 2022 sind es 20.000, 49.000 für das Jahr 2023, 90.000 im Jahr 2024 und 135.000 im Jahr 2025. Lucid erwartet bis 2025 ein Umsatzwachstum auf 12,8 Milliarden Dollar.

Die Bank of America ist der Ansicht, dass das Unternehmen eines der Legitimsten mit Aussicht auf Erfolg unter den Start-up-Unternehmen im Bereich Elektrofahrzeuge ist und auch eine relative Bedrohung für die etablierten Automobilhersteller darstellt. Das Unternehmen schneidet in der hauseigenen AutoTech-Einsteiger-/SPAC-Analyse recht gut ab und erfüllt mehr als 5 der 10 der Kriterien.

Die positive Haltung beruht in erster Linie auf die innovative/wettbewerbsfähige elektrische Antriebstechnologie von Lucid, die durch den Status als Lieferant von Batteriepacks in der Formel E bestätigt werde. Hinzu komme ein interessantes/attraktives Produkt (insbesondere das erste Modell der Air-Limousine und das zweite Konzeptmodell Gravity SUV und der wohl vorhandenen immateriellen Wert der Marke Lucid.

Hervorgehoben werden auch die Direktvertriebs- und Servicestrategie, um das Kundenerlebnis zu managen und ein Greenfield/Clean-Sheet-Ansatz bei der Herstellung von elektrischen Plattformen/Fahrzeugen. Zu beachten ist allerdings auch hier, dass es sich um eine sehr wettbewerbsintensive Branche handelt.

Im Rahmen der Berichterstattung zum dritten Quartal gab das Unternehmen bekannt, dass es mehr als 17.000 Reservierungen für sein Air-Modell hat, ein Anstieg von 13.000. Diese Reservierungen bedeuten einen geschätzten Auftragswert von mehr als 1,3 Milliarden Dollar. Lucid bestätigte außerdem, dass es plant, im Jahr 2022 mindestens 20.000 Fahrzeuge zu produzieren, was zum Teil auf die Erweiterung seiner AMP-1-Anlage zurückzuführen ist. Beides kam am Markt sehr gut an. Geleitet wird Lucid übrigens von Peter Rawlinson geleitet, dem Ingenieur hinter dem Model S von Tesla.

Rivian-Aktie





Der dritte aktuelle Höhenflieger im Segment der Elektrofahrzeuge heißt Rivian Automotive und die Gesellschaft entwickelt und fertigt elektrische Abenteuerfahrzeuge. Man bietet derzeit Fünf-Personen-Pickup-Trucks und Sport Utility Vehicles an. Das Unternehmen offeriert auch elektrische SUVs und elektrische Pickup-Fahrzeuge. Die Gründung erfolgte im Jahr 2009 und der Sitz befindet sich in San Jose, Kalifornien.

Das Unternehmen hat nach eigenen Aussagen eine vernetzte elektrische Plattform entwickelt und vertikal integriert, die flexibel für eine Reihe von Anwendungen eingesetzt werden kann, darunter die Adventure-Produkte des Unternehmens sowie B2B-Produkte wie die Lieferwagen für die letzte Meile.

Die ersten Produkte des Unternehmens, der R1T und R1S, bieten laut Selbsteinschätzung eine unübertroffene Kombination aus Leistung, Geländegängigkeit und Nutzwert. Der R1T als zweireihiger Pickups für fünf Personen wird seit September 2021 an Kunden ausgeliefert, der R1S, ein dreireihiger SUV für sieben Personen, wird voraussichtlich noch in diesem Jahr ausgeliefert.

Ende Oktober gab es mehr als 55,000 Vorbestellungen für den R1T und den R1S. Rivian plant auch die Einführung eines elektrischen Lieferwagens (EDV) für Geschäftskunden. Davon hat Amazon 100.000 Einheiten bestellt, was aber noch unter Vorbehalt steht.

Charttechnik: Da der Börsengang hier erst jüngst erfolgte, ist die vorhandene Kurshistorie noch sehr begrenzt und eine charttechnische Einschätzung daher sinnlos. Beim Börsengang am 10. November wurden bis zu 153 Millionen Aktien zu einem Ausgabepreis von 78,00 Dollar verkauft, wodurch das Unternehmen mit 66,5 Milliarden Dollar bewertet wurde. Durch die Emission wurden fast zwölf Milliarden Dollar zur Finanzierung des Wachstums aufgebracht.

Der Eröffnungskurs am ersten Handelstag betrug 106,75 Dollar und der Schlusskurs 100,73 Dollar, was einer Bewertung des Unternehmens von etwa 86 Milliarden Dollar entsprach. Das bisherige Schlussrekordhoch stammt mit 172,01 Dollar vom 16. November, wobei der Titel zur Wochenmitte mit 146,07 Dollar deutlich tiefer aus dem Handel ging. Gemessen am Ausgabepreis ergibt sich daraus trotzdem ein Plus von 87,3 Prozent - nicht schlecht nach nur fünf Handelstagen.

Bewertung: Die Marktkapitalisierung von Rivian beträgt zur Wochenmitte gut 129 Milliarden Dollar. Das ist wahrlich kein Pappenstiel für ein Unternehmen, das den eigenen Umsatz im dritten Quartal auf null bis eine Million Dollar taxiert und den Nettoverlust auf 1,2 bis 1,3 Milliarden Dollar.

Bis Ende Oktober hatte man außerdem insgesamt 156 der eigenen elektrischen Pickups ausgeliefert. Volkswagen hingegen liefert zehn Millionen Fahrzeuge pro Jahr aus und erwirtschaftet damit einen Jahresumsatz von rund 300 Milliarden Dollar. Trotzdem wies der deutsche Autobauer kurzzeitig jüngst einen geringeren Börsenwert als Rivain auf.

Interessant ist auch der Vergleich mit Ford und damit einem Investor bei Rivan. Dieser altgediente US-Autobauer verkaufte im Vorjahr fast vier Millionen Fahrzeuge alleine in den USA, der Markt gesteht dem Unternehmen mit knapp 80 Milliarden Dollar aber dennoch eine geringere Marktkapitalisierung als Rivian zu, dessen Werk auf die Produktion von 150.000 Fahrzeugen pro Jahr ausgelegt ist. Wobei aber zu ergänzen ist, dass der Vorstandschef davon ausgeht, dass das Unternehmen bis zum Jahr 2030 jährlich eine Million Fahrzeuge in bis zu vier Montagewerken auf der ganzen Welt produzieren wird.

Konsensschätzungen der Analysten zu den für die kommenden Jahre erwarteten Ergebnisse liegen aktuell noch nicht vor, weshalb wir hier auch keine Bewertungstabelle zeigen können. Folglich basiert der Kurshöhenflug einzig und allein auf der Hoffnung, dass sich die ehrgeizigen Wachstumspläne erfüllen.

Allgemeines: Beim US-Finanzdienstleister Morningstar gibt man zu bedenken, dass Rivian in einen sehr wettbewerbsintensiven Bereich eintritt. Die Schwierigkeit für neue Unternehmen, einschließlich Rivian, bestehe nicht darin, ein neues Elektrofahrzeug zu entwickeln. Die Herausforderung sei vielmehr darin zu stehen, ein Elektrofahrzeug zu so niedrigen Kosten in Serie zu produzieren, dass es rentabel wird, heißt es. Deshalb sind die zuständigen Analysten der Meinung, dass es bessere Möglichkeiten gibt, auf einen Aufstieg der Elektrofahrzeuge zu setzen.

Allerdings räumt man gleichzeitig auch ein, dass Rivian von seinem Fokus auf Lastkraftwagen für Verbraucher und kommerzielle Lieferfahrzeuge profitieren könnte. Die Fokussierung auf kommerzielle Lieferfahrzeuge sei eine gute Idee, da Elektrofahrzeuge den Unternehmen Kosten auf Basis der Gesamtbetriebskosten sparten. Das schaffe einen Business Case für Lieferunternehmen, die Elektrofahrzeuge für kürzere feste Routen in Städten einsetzten. Wenn Rivian in der Lage sei, seine Produktion erfolgreich zu skalieren und die Stückkosten zu senken, sollte das Unternehmen aufgrund der starken Nachfrage in den Endmärkten in der Lage sein, die Rentabilität zu erreichen.

Aufwarten kann die Gesellschaft mit einer qualitativ hochwertigen Produktlinie für den privaten und kommerziellen Gebrauch, doch ob es auch tatsächlich einen bedeutenden Marktanteil erobern kann, bleibt abzuwarten. Beim Finanzdatenanbieter PitchBook sieht man aber das Potenzial für eine schnelle Marktakzeptanz dank des Fokus des Unternehmens auf Premium-Elektro-Lkw, einem Bereich des Marktes, der noch relativ ungesättigt ist.

Zu beachten ist, dass Rivian neben Ford (Anteil von zwölf Prozent) mit Amazon (Anteil von 20 Prozent) und Cox Automotive, einem Dienstleister für den Automobilhandel, weitere Großinvestoren mit an Bord hat, was sich in Sachen Knowhow ein wichtiger Vorteil erweisen kann.

Fazit



Die Bewertungen der besprochenen drei Anbieter von Elektrofahrzeugen ist optisch betrachtet gemessen an den aktuell erwirtschafteten Geschäftszahlen atemberaubend. Das heißt, es handelt sich um Wetten auf die Zukunft und somit darauf, dass es dem Trio gelingt, auf Jahre hinaus stark zu wachsen.

Ob das gelingt ist zum heutigen Stand schwer abzuschätzen. Folglich sind die Titel sehr spekulativ. Es ist aber auch nicht ausgeschlossen, dass am End die Erwartungen vielleicht sogar noch getoppt werden. Wer mitmischen will, sollte deshalb die stets hilfreiche Regel beachten, die daran besteht, Gewinne laufen zu laufen und Verluste zu begrenzen.

Das heißt, solange die Chartbilder stimmen, kann man mitmischen. Sobald sich diese nachhaltig eintrüben, ist ein Ausstieg die vernünftigere Alternative. Die Krux dabei ist allerdings, dass eine Umsetzung dieser Strategie hier noch schwieriger ist als sonst ohnehin schon, weil diese Titel sehr schwankungsanfällig sind und es deshalb schwer einzuordnen ist, ob eine Kurswelle kurz- oder langfristiger Natur ist. Deshalb müssen Investoren hier ein dickes Nervenkostüm mitbringen.