Seit dem Sommer lenkt Kerkhoff den Industriekonzern und verprellte die Anleger seither gleich zwei Mal mit Gewinnwarnungen. Nun kündigte er an, den Anlagenbau, das Geschäft mit Autoteilen und die Aufzugssparte auf Rendite zu trimmen, damit Thyssenkrupp 2018/19 beim Ergebnis wieder die Milliardenschwelle knacken kann.
Viele Ressourcen wird zunächst aber die Aufspaltung des Konzerns mit seinen fast 160.000 Mitarbeitern binden. Der Aufsichtsrat habe die Pläne am Vortag noch einmal einstimmig unterstützt, berichtete Kerkhoff. Die Teilung ermögliche es beiden Unternehmen, unabhängiger, schneller und zielgerichteter auf Kunden und Märkte zu reagieren und Investoren mit unterschiedlicher Ausrichtung anzusprechen. Kerkhoff will den Konzern in eine Industrial AG um die lukrative Aufzugssparte und eine Materials AG aufteilen, zu der unter anderem die Beteiligung an dem geplanten Stahl-Joint-Venture mit Tata Steel gehören soll.
Die Aktionäre sollen über die Pläne erst auf der Hauptversammlung im Januar 2020 abstimmen. Der Spaltungsbericht werde im vierten Quartal 2019 vorgestellt, über die beiden Vorstandsteams solle bereits im Frühjahr entschieden werden, erklärte Kerkhoff.
UEBBER KOMMT NICHT
Weniger Einigkeit herrschte im Aufsichtsrat bei Personalthemen. Wie Insider berichteten, konnten sich die Kontrolleure am Dienstagabend nicht auf eine Nominierung des scheidenden Daimler-Finanzchefs Bodo Uebber verständigen, der als neuer Aufsichtsratschef gehandelt wurde. Grund sei Uebbers Forderung gewesen, die Bezüge der Aufsichtsratsmitglieder deutlich anzuheben - in einer Zeit, in der Thyssenkrupp mit Ergebnisrückgängen kämpft, Sparprogramme aufsetzt und Stellen streicht. Die Arbeitnehmervertreter im Kontrollgremium hätten Uebbers Pläne deshalb abgelehnt, sagten mehrere mit der Sache vertraute Personen. Ein anderer Insider sagte, die Personalie Uebber sei damit vom Tisch. Wenn die Hälfte des Aufsichtsrats die Bedingungen nicht unterstütze, sei das keine Basis für eine Zusammenarbeit. Ein Sprecher Uebbers wollte sich nicht zu dem Thema äußern, auch Thyssenkrupp lehnte auf Nachfrage eine Stellungnahme ab.
Kerkhoff signalisierte auf der Pressekonferenz, dass er eine Neubesetzung an der Aufsichtsratsspitze auch gar nicht für nötig hält. "Wir haben einen funktionsfähigen Aufsichtsrat mit einem Aufsichtsratsvorsitzenden, der uns als Vorstand begleitet und unterstützt", betonte er. Der amtierende Aufsichtsratschef Bernhard Pellens kann den Chefposten aus Gründen der guten Unternehmensführung nur bis 2020 ausüben. Danach müssen die Karten mit den beiden neuen Unternehmen aber ohnehin neu gemischt werden.
"WENIG AMBITIONIERT"
Der Thyssen-Aktie halfen die Nachrichten nicht. Am Mittwoch schwankte das Papier stark zwischen plus 2,8 und minus 1,5 Prozent. Seit der Ankündigung der Aufspaltungspläne Ende September hat die Aktie fast ein Drittel an Wert verloren. Kerkhoff bemühte sich, für das neue Geschäftsjahr (per Ende September) Zuversicht auszustrahlen: "Wir bekennen uns klar zu unseren bestehenden Performance-Zielen", betonte er. "Mit den Geschäftsbereichen sind Maßnahmen vereinbart, um diese zu erreichen."
Im fortgeführten Geschäft peilt Thyssenkrupp 2018/19 einen um Sondereffekte bereinigten Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) von über einer Milliarde Euro an. Das sei wenig ambitioniert und enttäuschend, erklärten die Experten von Barclays und Jefferies. Im abgelaufenen Geschäftsjahr fuhr der Konzern einen operativen Gewinn von 706 Millionen Euro ein. Unter dem Strich verdiente Thyssenkrupp nach Anteilen Dritter gerade noch acht Millionen Euro. Während die Stahlsparte operativ zulegte, ging es im Geschäft mit Autoteilen bergab. Auch die Aufzugssparte zeigte Schwächen. Die Sparte Industrial Solutions mit dem Anlagenbau und dem Marinegeschäft schloss mit einem Verlust von 255 Millionen Euro ab. Die Aktionäre sollen eine unveränderte Dividende von 15 Cent je Aktie erhalten.
rtr