"Nach der Teilung werden wir mittelfristig deutlich höhere Ergebnis-, Cash- und Wertbeiträge erzielen", betonte der Manager vor den rund 1200 Anlegern im RuhrCongress. "Damit sollten dann wieder höhere Dividenden möglich sein."
Kerkhoff war viele Jahre Finanzchef bei Thyssenkrupp, bevor er im vergangenen Sommer die Nachfolge des im Streit mit Investoren zurückgetretenen Heinrich Hiesinger übernahm. Nun kündigte er an, der Fokus liege auf drei Themen: Er werde die Schlagkraft der Geschäfte verbessern, das Stahl-Joint-Venture mit Tata vorantreiben und die Aufspaltung des Konzerns umsetzen. Kerkhoff will das Unternehmen in einen Industriegüter-Konzern und einen Werkstoff-Konzern aufteilen. Zur Industrials AG sollen neben den Aufzügen das Autozuliefergeschäft und der Kernanlagenbau gehören. In der Materials AG sollen der Werkstoffhandel, die Anteile des Konzerns am Stahl-Joint-Venture mit Tata und das Marinegeschäft gebündelt werden. "Die Teilung reduziert die Komplexität und macht uns schneller und flexibler", betonte Kerkhoff. "Getrennt sind wir stärker."
"ZU VIEL MIT SICH SELBST BESCHÄFTIGT"
Doch die Skepsis war im Saal nicht zu überhören. Der Geschäftsführer des Aktionärsschützerverbandes DSW, Thomas Hechtfischer, erinnerte an die hohen Kosten der Aufspaltung. Thyssenkrupp hat erklärt, dass die Belastungen im "höheren dreistelligen Millionen-Euro-Bereich" liegen werden. "Das ist schon ein dickes Pfund, das Sie schultern müssen", sagte Hechtfischer. Ein anderer Redner monierte: "Sie haben zu sehr den Markt aus den Augen verloren und sich zuviel mit sich selbst beschäftigt."
Rückschläge könne es weiter geben, machte Kerkhoff deutlich. So habe die Autozuliefersparte zwar gute Wachstumschancen. "Voraussetzung dafür ist allerdings, dass sich die Autokonjunktur nicht noch stärker eintrübt." Das Auftaktquartal werde insgesamt schwächere Ergebnisse zeigen als im Vorjahreszeitraum, räumte er zudem ein. "Wir liegen aber voll im Rahmen unserer Guidance." Thyssenkrupp legt am 12. Februar die Zahlen für das erste Vierteljahr des Geschäftsjahres 2018/19 (per Ende September) vor. Im Gesamtjahr will der Konzern im fortgeführten Geschäft, das heißt ohne Stahl, ein bereinigtes Ebit von über eine Milliarde Euro nach zuvor 706 Millionen Euro eingefahren.
Die in den vergangenen Monaten schwächelnde Aktie legte am Freitag zeitweise um mehr als fünf Prozent zu. "Keine negativen neuen Nachrichten sind gute Nachrichten", sagte ein Händler. "Die Leute sind erleichtert, dass das Ergebnis im Rahmen der Erwartungen blieb und sich die Lage nicht noch weiter eingetrübt hat", ergänzte ein anderer.
KEIN SCHERBENGERICHT
Kerkhoff bemühte sich bei dem Treffen in der vom Strukturwandel gebeutelten Ruhrgebietsstadt, die Anleger nicht nur mit Zahlen und Versprechen zu überzeugen. "Ich weiß: Für viele hier im Saal ist Thyssenkrupp mehr als ein Investment." Viele hätten früher für Thyssen, Krupp oder Hoesch gearbeitet. "Viele von Ihnen stammen aus dem Ruhrgebiet. Und viele sind unserem Unternehmen schon seit Jahren oder Jahrzehnten eng verbunden. Das eint uns. Auch für mich ist Thyssenkrupp mehr als eine Aufgabe."
Der Niedersachse kam damit bei den meisten Rednern gut an. "Ich bin sicher, dass Kerkhoff der richtige Mann ist", sagte ein Kleinaktionär. Nach den Chaostagen des vergangenen Jahres sei es nun wichtig, dass Ruhe einkehre, betonte ein anderer Redner. "Ruhe ist erste Aktionärspflicht." Niemand wolle ein Scherbengericht. Kerkhoffs Vorgänger Hiesinger bekam hingegen wegen der kassierten Abfindung von mehr als vier Millionen Euro sein Fett weg. "Man kann nicht Wasser predigen und Wein trinken", beklagte ein Redner. Die Abfindung sei viel zu hoch. "Es hat ein starkes Geschmäckle, wenn man immer Bescheidenheit predigt."
rtr