Der andere, die USA, rückt nicht erst mit der Entscheidung zu Importzöllen für europäische Stahl- und Aluminiumprodukte mehr und mehr von jahrzehntelangen Partnern ab. Von "Verbündeten" spricht etwa Bundesfinanzminister Olaf Scholz inzwischen nur noch, wenn er die USA erwähnt. Das Worte von den "Freunden" nimmt kaum mehr jemand in den Mund.
Dabei war die G7 einmal eine große Nummer, ein exklusiver Club von Gleichgesinnten, die nicht nur Kritiker als den wohl mächtigsten seiner Art in der Welt ansahen. Auch wenn ihm die G20, der auch aufstrebende Wirtschaftsmächte wie China und Indien angehören, nach der Finanzkrise 2008 den Rang ablief - die G7 blieb etwas besonderes. Nicht nur Kanzlerin Angela Merkel, sondern auch ihre Kollegen aus den USA, Kanada, Japan, Großbritannien, Frankreich und Italien kultivierten über Jahre den Begriff von der Wertegemeinschaft. Wenn man sich über die Grundprinzipien einig ist, so die These, sollte die Einigung in vielen Streitfragen viel leichter fallen und dabei ein solides Vertrauensbasis gepflegt werden können.
Zu diesem gemeinsamen Wertekanon, auf den sich die G7 über die Jahre berief, gehörten bis vor kurzem neben Demokratie, Freiheit und Rechtsstaatlichkeit auch das Bekenntnis zum freien Handel und die Ablehnung jeglicher Form von Protektionismus. Doch seit dem Amtsantritt von Donald Trump als US-Präsident ist diese Gemeinsamkeit zerbröselt. Und die nun gegenüber den Europäern scharf gestellten Importzölle für Stahl und Aluminium aus Gründen der nationalen Sicherheit, die Scholz fadenscheinig nennt, sind nur der vorläufige Höhepunkt dieser Entwicklung.
"OFFEN UND EHRLICH"
Es sind nicht nur wirtschaftliche Argumente, die die Europäer in ihrer Empörung den Amerikanern entgegengehalten - zuletzt Kanzlerin Merkel im direkten Gespräch mit dem US-Präsidenten. Es geht um mehr. Es geht etwa darum, dass sich die Europäer lange als der engste Verbündete der USA fühlten, und jetzt an den Pranger gestellt und wirtschaftlich bedroht werden. Und es geht auch um Begriffe wie "Respekt gegenüber Europa" und "Souveränität Europas". Die jedenfalls hat Bundesfinanzminister Scholz gegenüber seinem US-Kollegen Steven Mnuchin in einem denkwürdigen Gespräch am Rande des G7-Finanzministertreffens in Whistler gleich mehrfach ins Feld geführt, wie ein deutscher Gesprächsteilnehmer erzählte. Die Europäer sind betroffen.
Beim Treffen der beiden Finanzminister am Donnerstag ging es denn auch, glaubt man den Beschreibungen der Beteiligten, ohne Umschweife hart zur Sache. Raum für Small-Talk und Wortgirlanden gab es, so der Insider, keinen. "Offen und ehrlich", nennt der Diplomat solche harten Unterredungen. Ähnlich dürften die Treffen des US-Ministers mit seinen anderen Kollegen aus der G7 gewesen sein, die er in der Art eines "Speeddatings" im Stundentakt hintereinander aufmarschieren ließ. Nicht einmal den Schein des guten Miteinanders wollte Mnuchin wahren. Als es zum Abendessen des ersten Konferenztages ging, fehlte jedenfalls einer zumindest am Anfang: der Finanzminister der Führungsnation USA.
Das Ende der G7-Gruppe der großen Industrieländer bedeutet der Familienkrach aber, so meinen die meisten Experten, wohl denn doch nicht. Viele langjährige Akteure sehen es so wie der deutsche Finanzminister: den Gesprächsfaden sollte man, so tief auch die Gegensätze sind, nie abreißen lassen - schon gar nicht angesichts der immer weiter wachsenden Probleme in der Welt. Allerdings droht dem einstmals so exklusiven Club ein Abstieg: Auf die Ebene eines von vielen stinknormalen Länderforen.
rtr