Adobe ist tief gefallen – doch die neue KI-Offensive mit AI Foundry könnte das Blatt wenden. Eine seltene Value-Gelegenheit im Tech-Sektor.

Adobe ist seit Jahrzehnten eine Ikone der Kreativwirtschaft: Photoshop, Illustrator und Acrobat sind Synonyme für digitale Gestaltung. Doch die glänzende Wachstumsgeschichte bekam zuletzt Risse. Die Aktie des US-Softwarekonzerns ist seit Jahresbeginn rund 20 Prozent gefallen, auf Jahressicht sogar 27 Prozent im Minus. 

Bemerkenswert: Auch auf Fünfjahressicht liegt der Kurs deutlich unter dem Niveau von 2020. Eine der einst beständigsten Tech-Stories der Wall Street steckt in einer veritablen Vertrauenskrise – und das trotz stabiler operativer Zahlen.

Starke Marke – schwaches Momentum

Adobe ist nach wie vor hochprofitabel: Der 43 Jahre alte Softwarepionier verdient von Quartal zu Quartal weiter Milliarden. Der Umsatz wächst weiterhin um rund 11 Prozent, der Gewinn legte im jüngsten Quartal um 5 Prozent auf 1,77 Milliarden Dollar zu. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) ist mit 22 so niedrig wie seit Jahren nicht mehr. 

Im Vergleich zu anderen Softwarekonzernen, die vielfach mit KGVs von 30 bis 60 gehandelt werden, wirkt die Bewertung inzwischen fast konservativ. Doch die Aktie steht unter Druck, weil Anleger Zweifel haben, ob Adobe in der Ära der generativen KI seinen Platz an der Spitze behaupten kann. Morgan Stanley etwa hat die Aktie im Herbst von Overweight auf Equal Weight abgestuft und das Kursziel auf 450 US-Dollar gesenkt, weil Wettbewerber wie OpenAI, Canva oder Midjourney das kreative Spielfeld neu definieren.

KI als neue Wachstumswette: „AI Foundry“

Mit der Vorstellung des neuen Dienstes AI Foundry versucht Adobe nun, den Spieß umzudrehen. Unternehmen sollen damit eigene generative KI-Modelle auf Basis ihres geistigen Eigentums trainieren können. Das Ziel: markenkonforme Inhalte automatisiert, sicher und skalierbar produzieren.  

Erste Kunden wie Walt Disney und Home Depot setzen die Plattform bereits ein. Disney Imagineering testet neue Formen der Interaktion, Home Depot nutzt Foundry, um massenhaft personalisierte Inhalte im eigenen Markenstil zu erstellen. Damit positioniert sich Adobe als KI-Partner für die klassische Markenindustrie – ein Feld, das bislang vor allem Start-ups adressierten.

Zwischen Skepsis und Unterbewertung

An der Börse ist die Begeisterung bislang gedämpft. Morgan Stanley begründet seine Skepsis mit einer Umsatzverlangsamung beim sogenannten Digital Media ARR – also den wiederkehrenden Abo-Einnahmen. Diese Wachstumsrate fiel vom ersten zum dritten Quartal von 12,6 % auf 11,7 % und könnte weiter auf 11,5 % sinken. Aus Sicht vieler Investoren ist das ein Zeichen dafür, dass Adobes KI-Offensive noch nicht richtig monetarisiert wird.

Gleichzeitig deutet vieles auf eine deutliche Unterbewertung hin. Auf Basis klassischer Bewertungsverfahren liegt der faire Wert nach Analystenschätzungen um 30 bis 35 Prozent über dem aktuellen Kurs. Adobe erwirtschaftet jährlich rund 9,5 Milliarden US-Dollar freien Cashflow – Prognosen gehen von 12,5 Milliarden bis 2029 aus. Das ist ein Fundament, das viele KI-Hoffnungsträger nicht bieten können. Mit einem KGV von 22  gehört Adobe zudem zu den wenigen etablierten Tech-Werten mit klassischem Value-Charakter – ein seltener Befund in einem heiß gelaufenen Sektor.

Der große Strategiewechsel

CEO Shantanu Narayen hat die Weichen längst gestellt: Adobe versteht sich heute als KI-getriebenes Plattformunternehmen. Die Firefly-Tools für Text-zu-Bild und Text-zu-Video werden laufend ausgebaut, Foundry zielt auf Enterprise-Kunden, die höchste Markenschutz- und Qualitätsanforderungen haben. Hinzu kommt eine Integration generativer Funktionen in nahezu alle Kernprodukte – von Photoshop bis Premiere Pro.

Das unterscheidet Adobe fundamental von jungen Herausforderern: Statt nur neue Tools zu entwickeln, baut das Unternehmen KI-Funktionen direkt in die Arbeitsumgebung ein, die Kreative weltweit bereits nutzen. Damit könnte Adobe mittelfristig einen entscheidenden Verteidigungswall gegen die neue Konkurrenz errichten.

Geduld gefragt – Chance vorhanden

Adobe steht an einem Wendepunkt: Zwischen berechtigter Skepsis über den monetären Erfolg der KI-Strategie und der Aussicht auf einen strategischen Hebel, der die Firma wieder in die Wachstumszone katapultieren könnte. Anleger, die bereit sind, diese Übergangsphase auszuhalten, investieren heute in ein marktführendes Unternehmen zu einer historisch niedrigen Bewertung – mit einem klaren KI-Narrativ und operativem Rückgrat.

Im AI-Hype Adobe ein willkommener Gegenpol zu Hype-Plays wie Nvidia oder Palantir – ein potenzieller Comeback-Kandidat mit solider Basis. Wer an die Skalierbarkeit von KI in kreativen Industrien glaubt, findet hier eine Turnaround-Story mit Substanz.

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Adobe (WKN: 871981)

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