Das Papier verlor am Donnerstag vorbörslich rund 17 Prozent an Wert. Nach dem erfolgreichen Börsengang des Kurznachrichtendienstes im November ist dies ein herber Rückschlag.

    Im Schlussquartal waren trotz des Börsenrummels lediglich 9 Millionen Nutzer hinzugekommen, womit die Gesamtzahl zum Jahreswechsel bei 241 Millionen lag. Zum Vergleich: Das weltgrößte Online-Netzwerk Facebook hatte in der gleichen Zeit 39 Millionen Mitglieder gewonnen und kommt nun auf insgesamt 1,23 Milliarden Nutzer.

    Die Nutzerzahlen sind wichtig für Twitter: Von der Reichweite hängt die Attraktivität des Dienstes für Werbekunden ab. Und wenn der Zustrom neuer Mitglieder abebbt, könnten die Börsianer ihre bisher optimistische Einschätzung überdenken. Die Aktie legte bislang kräftig zu, obwohl Twitter Verluste macht.

    Twitter-Chef Dick Costolo versprach in einer Telefonkonferenz mit Analysten am späten Mittwoch, neuen Mitgliedern den Einstieg mit speziellen Funktionen zu erleichtern. "Wir sehen uns gut aufgestellt für das Jahr 2014. Wir werden viel mehr Menschen erreichen."

    Zumindest das Werbegeschäft - die Haupteinnahmequelle von Twitter - ist bereits kräftig angesprungen. Im vergangenen Jahr verdoppelte sich der Gesamtumsatz auf 665 Millionen Dollar (492 Mio Euro). Für das laufende Jahr sagte der Kurznachrichtendienst bis zu 1,2 Milliarden Dollar voraus.

    Twitter schreibt allerdings nach wie vor tiefrote Zahlen. So müssen die Server bezahlt werden, über die Kurznachrichten laufen. Im Gesamtjahr fiel ein Verlust von 645 Millionen Dollar an, nachdem es 2012 ein Minus von 79 Millionen Dollar gegeben hatte. Die Verschlechterung hat mit dem Börsengang zu tun. Twitter musste für Aktien, die das Unternehmen seinen Mitarbeitern gewährt hat, Kosten von 521 Millionen Dollar verbuchen. Im Schlussquartal gab es daher einen Verlust von 511,5 Millionen Dollar. Der Quartalsumsatz war mit 242,6 Millionen Dollar aber mehr als doppelt so hoch wie ein Jahr zuvor.

    Twitter war erst im November unter großem öffentlichen Interesse an die Börse gegangen. Die Aktie zog vom ersten Tag an und lag zuletzt im regulären Handel mit rund 66 Dollar weit über dem Ausgabepreis von 26 Dollar. Mit dem vorbörslichen Kursrutsch rutschte das Papier auf rund 55 Dollar ab.

    Konzernchef Costolo betonte in der Telefonkonferenz, ein Ziel für dieses Jahr sei ein "Twitter für alle" zu etablieren. Das Unternehmen sei gut für Wachstum positioniert - "wir haben erst an der Oberfläche des Möglichen gekratzt". Die bestehenden Nutzer würden immer aktiver, konterte Costolo den zuletzt schwachen Mitgliederzuwachs. Zugleich rutschte Twitter auch bei einer zentralen hauseigenen Messeinheit ab, den sogenannten "Timeline-Ansichten". Dabei wird gezählt, wie oft Nutzer ihren Twitter-Nachrichtenstrom aktualisieren. Diese "Timeline Views" gingen im Vergleich zum Vorquartal erstmals zurück.

    Bei Twitter kann man bis zu 140 Zeichen lange Nachrichten absetzen, die auch Links zu Websites, Bildern oder Videos enthalten können. Das Unternehmen will sich als Medium für Nachrichten positionieren und baut dafür unter anderem auf große Sportereignisse wie die anstehenden Olympischen Winterspiele und die Fußball-Weltmeisterschaft.

dpa-AFX

Einschätzung der Redaktion:

Twitter ist beim Umsatz zwar einigermaßen im Rahmen der Prognosen geblieben. Aber das Ergebnis war ein Desaster. Und das Nutzerwachstum flaut spürbar ab. Der Kurznachrichtendienst muss nun aufpassen, dass er nicht nur ein Tool für schnelle Nachrichten bleibt wie sie auch die Redaktion von BÖRSE ONLINE nutzt, sondern tatsächlich ein soziales Netzwerk. Facebook spielt da in einer völlig anderen Liga. Wir haben bereits anlässlich des IPO im November davor gewarnt, die Aktie zu kaufen. Zwar hat sich das Papier gegenüber dem Ausgabepreis zwischenzeitlich verdreifacht. Aber die aberwitzige Bewertung ist durch nichts gerechtfertigt. Wir halten selbst nach dem für heute absehbaren Kursmassaker weitere Kursrückgänge für wahrscheinlich. Finger weg!

Thomas Schmidtutz