Bei der mit Spannung erwarteten Hauptversammlung am Donnerstag dürfte es zu einem knappen Rennen um den vom Großaktionär Immofinanz verlangten Wegfall des Höchststimmrechts kommen, der eine Bedingung in der Offerte ist. Neben den beiden einflussreichen Stimmrechtsberatern ISS und Glass Lewis begrüßen auch institutionelle Investoren die Forderung der Immofinanz, während Privatanleger der Übernahme kritisch gegenüber stehen.
"Es wird knapp", sagte eine mit der Situation vertraute Person zur Nachrichtenagentur Reuters in Bezug auf die Abstimmung. Das 2006 eingeführte Höchststimmrecht sieht vor, dass kein Aktionär mehr als 15 Prozent der Stimmrechte halten darf, auch wenn er einen höheren Aktienanteil besitzt. Selbst als Mehrheitsaktionär würde Immofinanz also kein Durchgriffsrecht bei Aktionärsversammlungen von S Immo haben. Deshalb wäre das Übernahmeangebot in der jetzigen Form hinfällig, sollten die Aktionäre gegen die Satzungsänderung und damit gegen den Wegfall der Regel stimmen. Umgekehrt fällt das Höchststimmrecht erst endgültig, wenn das Übernahmeangebot von Immofinanz erfolgreich ist.
Viele Investoren halten sich noch bedeckt. Öffentlich ihr Stimmverhalten bekannt gegeben hat die norwegische Zentralbank Norges, die für eine Streichung des Höchststimmrechts stimmen will. "Anti-Übernahmemaßnahmen liegen grundsätzlich nicht im Interesse der Aktionäre", erklärte die Notenbank. Auch die kalifornischen Pensionsfonds Calpers und CalSTRS meldeten, dass sie für die Abschaffung votiere wollen. Daher rechnen Marktteilnehmer damit, dass die Beschränkung fallen wird: "Ich nehme an, das wird durchgehen", sagt etwa Erste-Group-Analyst Christoph Schultes. Es gebe auch andere Investoren, die von einer Satzungsänderung profitieren würden. Zudem werde die Anwesenheit bei der virtuellen Hauptversammlung wohl nicht sehr hoch sein, was die Chancen vergrößere.
Private Investoren zeigen sich allerdings skeptisch. Laut dem Interessensverband der Anleger (IVA) hat eine Vielzahl der S-Immo-Privatanleger erhebliche Bedenken gegenüber einer Übernahme durch die Immofinanz. "Viele haben das Gefühl einer feindlichen Übernahme", so der IVA. Der Verband kritisierte, dass ein klares Konzept für den Zusammenschluss fehle.
IMMOFINANZ BIETET 22,25 EURO JE AKTIE
Die Immofinanz, die bereits 26,5 Prozent an der S Immo hält, will den Konkurrenten mehrheitlich übernehmen und bietet 22,25 Euro je Aktie. Sie müsste damit bis zu 1,14 Milliarden Euro in die Hand nehmen, um die auf Büros, Hotels und Einkaufszentren in Deutschland, Österreich und Osteuropa sowie zu einem kleineren Teil auf Wohnimmobilien fokussierte S Immo zu übernehmen.
Für die Abschaffung des Höchststimmrechts sind laut Satzung zwei Mehrheiten nötig: Einerseits 50 Prozent der vertretenen Stimmrechte (Immofinanz ist hier auf 15 Prozent begrenzt) und andererseits 75 Prozent des vertretenen Aktienkapitals. Das bedeutet, dass die Präsenz bei der virtuellen HV eine entscheidende Rolle spielt, ob das Höchststimmrecht fällt.
Mit ihrer Übernahmeofferte will die Immofinanz mindestens 50 Prozent plus eine Aktie bekommen. Das bedeutet, sie muss mindestens zusätzlich rund 23,5 Prozent der ausgegebenen Aktien einsammeln. Gelingt ihnen das nicht, bleibt auch das Höchststimmrecht bestehen. Entscheiden wird sich das erst später, das Angebot läuft noch bis 16. Juli. Möglich ist auch eine Verlängerung der Annahmefrist.
S IMMO WEHRT SICH GEGEN ANGEBOT DER IMMOFINANZ
Kein Gefallen am Übernahmeangebot hat S-Immo-Chef Bruno Ettenauer. Er kritisiert den Angebotspreis und empfiehlt den Aktionären, die Offerte nicht anzunehmen. Zudem brachte er Pläne für eine Stand-alone Ausrichtung vor. Der innere Wert des Unternehmens (NAV) liege bei 26,26 Euro und damit über dem Angebotspreis von 22,25 Euro, sagte der Manager. Selbst die Immofinanz habe die S Immo höher in den Büchern. An der Wiener Börse notierten die S-Immo-Papiere am Mittwoch bei 21,6 Euro. Immofinanz betonte, dass das Angebot eine Prämie von 40 Prozent auf den Sechs-Monats-Durchschnittskurs vor Bekanntgabe der Offerte beinhalte. Die Erste Group nennt für S Immo ein Kursziel von 26 Euro. "Wir raten Anlegern daher, sich das aktuelle Angebot zweimal zu überlegen", sagte Analyst Schultes.
rtr