von Christoph Groß, Rentenexperte der LBBW Asset Management

Dauerhaft niedrige Zinsen und sinkende Renditen kannten europäische Anleger lange Zeit nur aus Berichten über den japanischen Finanzmarkt. Um die Inlandskonjunktur zu stärken, hatte Japans Zentralbank Mitte der 90er-Jahre begonnen, die Zinsen zu senken und den Geldmarkt durch den Kauf von Staatsanleihen auszuweiten. In der Folge sanken die Renditen der Anleihen auf unter ein Prozent. Heute sieht es bei uns nicht anders aus. Die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen ist von mehr als fünf Prozent Mitte 2001 auf nun etwa 0,3 Prozent gesunken. Auch andere sehr gut geratete Bonitäten wie Österreich, die Beneluxländer und Finnland befinden sich im Niedrigrendite- Tal.

Die Renditeentwicklung der vergangenen Jahre in Deutschland ähnelt der in Japan auf erschreckende Weise. Fast 20 Jahre dauert die "Phase" des Niedrigzinses im Land der aufgehenden Sonne nun schon. Folgt die Europäische Zentralbank (EZB) Nippons Vorbild, dürften die Zinsen und mit ihnen die Renditen in Europa ebenfalls noch eine ganze Weile auf niedrigem Niveau verharren. Weil viele Anleiherenditen unter der Inflationsrate liegen, führen die Investments über negative Realzinsen zum Kapitalverlust.

Rentenanleger müssen dennoch nicht verzweifeln. Statt auf bessere Marktbedingungen zu hoffen, sollten sie diejenigen Marktsegmente nutzen, die noch akzeptable Renditen bieten: Zwei interessante Alternativen zu herkömmlichen Staatsanleihen stellen Unternehmensanleihen mit leicht geringerer Bonität sowie nachrangige Anleihen dar. Beide Investmentformen gelten traditionell als risikobehafteter, versprechen aber aktuell gute Rendite bei überschaubarem Risiko. Anleihen mit geringerer Bonität verfügen über Ratings unterhalb der Schwelle von "BBB". Dieses erhöhte Risiko führt zu höheren Zinsen. Man spricht daher auch von hochverzinslichen Anleihen, sogenannten High Yields. Obwohl derartige Anlagen als spekulativ gelten, scheint das Risiko europäischer High Yields tragbar. Denn in Europa dominieren Papiere mit "BB"-Rating den Hochzinsmarkt, anders als in den USA, wo vor allem die schlechteren Ratings "B" und "CCC" vertreten sind. Der Grund: Europäische Unternehmen haben aus den Fehlern der Finanzkrise gelernt - sie haben Schulden ab- und Liquidität aufgebaut und ihre Bilanzqualität deutlich verbessert. Durch die expansive Geldpolitik der EZB sind auch Unternehmen unterhalb von Investment Grade jetzt dazu in der Lage.

Auf Seite 2: Die zweite Investmentalternative





Die zweite Investmentalternative sind nachrangige Anleihen, auch Subs oder Hybride genannt. Nachrangig heißen sie, weil ihre Besitzer im Insolvenzfall erst nach allen anderen Gläubigern bedient werden. Das Ausfallrisiko ist also höher, dafür fiel in den vergangenen Jahren die Rendite etwa doppelt so hoch aus wie bei herkömmlichen, sogenannten Senioranleihen derselben Emittenten. Nachranganleihen sind zurzeit besonders attraktiv, da einer ihrer üblichen Nachteile aktuell aufgefangen wird. Denn für die meisten Unternehmen ist es aus regulatorischer Sicht attraktiver, nach der Phase mit Fixkupon von der Rückkaufoption Gebrauch zu machen. Lieber begeben sie neue Anleihen zu neuen Konditionen, anstatt die alten mit variablem, für den Anleger aber unsicherem Zins auf unbestimmte Zeit weiterlaufen zu lassen.

Bleibt das Risiko ausfallender Kupons. Die Verlässlichkeit der Kuponzahlung können gute Asset-Manager bei diesen Nachrangpapieren durch kluge Auswahl passender Papiere und eigenes, langjähriges Research tendenziell erhöhen: In den meisten Fällen gilt, dass der Kupon nur gestrichen werden darf, wenn zuvor schon die Dividendenzahlung des Unternehmens ausgefallen ist. High Yields und Nachranganleihen können einen Weg aus dem Niedrigzinstal weisen. Sie sollten allerdings dem Gesamtportfolio nur beigemischt werden. Dabei kommt es stärker als bei sichereren Seniors auf die Titelselektion an. Mit der passenden Anleihestrategie können Anleger durch die richtige Diversifikation mit kalkulierbarem Risiko den japanischen Weg verlassen.

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Christoph Groß

Groß ist Rentenexperte und Fondsmanager für festverzinsliche Anlagen und Unternehmensanleihen bei der LBBW Asset Management in Stuttgart. Groß hat an der Frankfurt School of Finance & Management (damals Hochschule für Bankwirtschaft, HfB) sowie an der ESADE Business School in Barcelona studiert. Die LBBW Asset Management bietet zukunftsorientierte Anlagelösungen für private und institutionelle Anleger.