Die Zahlen für das erste Quartal lieferte Norwegens Rohstoffriese Norsk Hydro erst am Mittwoch statt wie geplant am 30. April. Grund: Im März hatten Hacker in das IT-System des Betreibers von Aluminiumschmelzen Ransomsoftware geschleust. Um Lösegeld (engl. ransom) zu erpressen, verschlüsseln die Angreifer mit der Schadsoftware Daten auf Computern. Erst wenn bezahlt wird, werden die Systeme entschlüsselt.

Ob Norsk Hydro, weltweit einer der größten Aluminiumproduzenten, zahlen musste, ist nicht bekannt. Die Norweger konnten vorübergehend nicht auf Unternehmensdaten und in einigen Werken auch nicht auf die automatisierte Steuerung ihrer Produktion zugreifen. Als Folge der Attacke brach der operative Gewinn des Konzerns im ersten Quartal ein.

Die Liste der Opfer von Cyberangriffen ist lang - und es sind viele prominente Namen darunter: Die Öl- und Gasriesen Aramco in Saudi-Arabien und Rosneft in Russland wurden im Jahr 2017 angegriffen, der belgische Feinzinkhersteller Nyrstar im Januar. Manchmal werden IT-Systeme schlicht durch Nachlässigkeit infiziert. So wie das des weltweit größten Chipauftragsfertigers Taiwan Semiconductor Manufacturing (TSMC). Im vergangenen Sommer wurde der Laptop eines Zulieferers nicht wie üblich auf Schadsoftware geprüft. Prompt waren mehr als 10.000 Computer infiziert, auch in der Steuerung der automatisierten Chipfertigung. Die Vernetzung mit Zulieferern kann die Wirkung solcher Hackerangriffe schnell vervielfachen. Gleichwohl werden die Einbrüche selten öffentlich, denn der Imageschaden ist groß.

Starke Dynamik


Die Professionalisierung der Angriffe macht Programme zur Abwehr begehrt. Datensicherheitssoftware ist eines der am stärksten wachsenden Segmente im IT-Bereich. Einen Zuwachs um knapp neun Prozent auf weltweit mehr als 124 Milliarden Dollar sehen die Experten der Gartner Group für 2019, fast drei Prozentpunkte mehr Zuwachs als der Gesamtmarkt für sogenannte Infrastrukturprogramme zum Ausbau und Betrieb von IT-Netzen.

Mit der fortschreitenden Digitalisierung der Wirtschaft steigt das Risiko von Angriffen aus dem Web permanent an. Allen voran die Finanzbranche rüstet mit Sicherheitstechnik dagegen auf. Banken wurden in diesem Jahr mit bislang einem Fünftel der weltweiten Angriffe am häufigsten ins Visier genommen. So investieren US-Geldhäuser inzwischen bis zu 3.000 Dollar pro Mitarbeiter jährlich in Sicherheitssysteme, schätzt die Unternehmensberatung Deloitte. Gemessen an der Anzahl der Mitarbeiter wären das bei den Riesen JP Morgan Chase und HSBC Budgets von jeweils 750 Millionen Dollar jährlich.

Besonders stark vom Boom profitieren Anbieter, die ihre Produkte an die Nutzung von Software via Web angepasst haben. Einige der etablierten Firmen für Sicherheitssoftware aber haben erst spät auf den Trend zur Cloud und zu Abo-Software aus dem Web reagiert. Im Markt sind sie deshalb ins Hintertreffen geraten, Check Point Software zum Beispiel. Der einstige Primus im Geschäft mit digitalen Schutzwällen, sogenannten Firewalls, hat sein Portfolio durch Zukäufe größerer und kleinerer Entwickler von Cloud-Software inzwischen zwar erweitert, allerdings wird es noch dauern, bis auch Umsatz und Marge zulegen werden.

Zunächst belasten die geringeren Margen im Geschäft mit Abo-Software die Profitabilität, weil der Verkauf von Lizenzen einschließlich des klassischen Beratungsgeschäfts schrumpft. Check Points US-Rivale Palo Alto Networks ist mit dem Umbau schon weiter. Abo-Software spielt mehr als 40 Prozent von 2,8 Milliarden Dollar Umsatz ein. Marktforscher erwarten deshalb, dass die Kalifornier Check Point auch in diesem Jahr Marktanteile abnehmen.

Kein Problem mit schrumpfenden Margen hat indes Zscaler, ein Unternehmen, das ausschließlich Cloud-Software anbietet. Die Technologie des Aufsteigers, der 2018 an der Börse debütierte, unterstützt das neue Arbeiten in Unternehmen - am Schreibtisch, unterwegs und zu Hause - stets in Verbindung mit der Cloud der Firma. Die Programme überwachen den Datenverkehr in der Wolke. Wenn gewünscht, läuft der Datenverkehr eines Firmenkunden vollständig über Zscalers Cloud. Damit soll das IT-Netzwerk des Kunden für Hacker unsichtbar werden.

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Ciscos Comeback


Überdurchschnittlich erfolgreich ist auch Cisco, der weltweit größte Anbieter von Weichen für den Datentransport im Web. In den 2000er-Jahren waren die Kalifornier Pionier bei der sogenannten IP-Technik und brachten etablierte Telekomausrüster ins Wanken. Nach einer Schwächephase kommt Cisco jetzt mit Software wieder zurück.

2020 will der Quereinsteiger mindestens ein Drittel des auf 53,7 Milliarden Dollar geschätzten Umsatzes mit Software einfahren, darunter Datensicherheitsprogramme. Das verbessert die Renditen und bringt Wachstum.

Hohe Mittelzuflüsse und eine schnelle Integration von Zukäufen sind Ciscos besondere Stärken. Die Erweiterung des Portfolios um Cloud- und Datensicherheitslösungen läuft deshalb geräusch­los. Dass der Primus für Hard- und Software zum Betreiben von IT-Netzen auch Datensicherheitssoftware anbietet, kommt gut an. Vor fünf Jahren hatte Cisco erkannt, dass Cloud-Dienstleister in ihren Rechenzentren mehr Geld in Software und in Programme zur Abwehr von Hackern investieren, und passte sein Geschäftsmodell an. Es hat sich gelohnt.

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Investor-Info

Cisco
Zuverlässiger Riese


In vier Jahren an der Spitze der globalen Nummer 1 bei Netzwerktechnologie für den Datentransport im Web hat Chuck Robbins Cisco neue Wachstumsmärkte erschlossen. Mit 31 Zukäufen, darunter zehn in der Datenanalyse, sechs in der Datensicherheit und vier Cloud-Software-Entwickler, wird Cisco sein Ziel erreichen, ab 2020 über 30 Prozent des Umsatzes mit Software einzufahren. Vom Zollstreit der USA mit China ist der breit aufgestellte Techkonzern kaum betroffen und bietet nachhaltige Dividenden.

ZScaler
Begehrter Aufsteiger


Zscalers Sicherheitstechnologie passt gut ins Cloud-Zeitalter. Mit 300 Millionen Dollar Umsatz und 19,3 Millionen Gewinn wird Zscaler im laufenden Geschäftsjahr bis Ende Juli erstmals schwarze Zahlen schreiben. In der nächsten Periode erwarten Analysten 43 Prozent Gewinnplus und 34 Prozent Umsatzwachstum. Der Börsenwert entspricht dem 30-Fachen des Umsatzes. Für Risikofreudige.

ETF Cyber Security
Ein Papier für die Branche


Der ETF der britischen Legal & General Group (L & G) bildet die Wertentwicklung des ISE Cyber Security UCITS Index Net Total Return nach. Unter den Top-Ten-Positionen finden sich neben den Firewall-Spezialisten Palo Alto Networks und Fortinet auch aussichtsreiche ­Aufsteiger wie Rapid7. Die Wertentwicklung des ETF überzeugt: In den vergangenen sechs Monaten legte er um knapp sieben Prozent zu, in zwei Jahren waren es knapp 30 Prozent.