Zitatgeber Buffett:

Der 85-Jährige ist nicht nur ein Meister der Geldanlage, sondern auch einer der schlauen Sprüche.

"Wenn Du nicht bereit bist, eine Aktie für zehn Jahre zu halten, solltest Du auch nicht darüber nachdenken, sie für zehn Minuten zu besitzen."

"Die Zeit ist der Freund von erstklassigen Unternehmen, aber der Feind von zweitklassigen."

"Ob wir über Socken oder über Aktien reden: Ich mag es, Dinge zu kaufen, wenn sie heruntergesetzt sind."

"Gelegenheiten kommen unregelmäßig. Wenn es gerade Gold regnet, stell einen Eimer vor die Tür und nicht einen Fingerhut."

"Das Beste, was uns passieren kann, ist, dass eine gute Firma vorübergehend Probleme hat. Wir wollen sie dann kaufen, wenn sie auf dem Operationstisch liegt."

Mal angenommen, Sie packt der Sozialneid. Sie wollen einfach nichts zum Milliardenvermögen des drittreichsten Menschen der Welt, Warren Buffett, beitragen. Dann müssten Sie verdammt gut aufpassen. In den USA sollten Sie auf keinen Fall Möbel, Farbe, Bilderrahmen, Häuser, Wäsche, Süßigkeiten, Ziegel, Zeitungen, Autos oder Schmuck kaufen - denn einige der ganz großen Einzelhändler, Immobilienmakler, Autohäuser, Verlage und Produzenten von Waren aller Art gehören zu Buffetts Holding Berkshire Hathaway.

Am besten kaufen Sie gar keine US-Produkte mehr. Berkshires Eisenbahngesellschaft Burlington Northern Santa Fe transportiert einen großen Anteil der Güter dort. Ihr Lieferant arbeitet vielleicht mit American Express, Goldman Sachs oder Wells Fargo zusammen - alles Finanzhäuser, an denen Berkshire beteiligt ist. Und der Strom von Berkshires Energiesparte könnte die Lichter auch bei Ihrem Geschäftspartner brennen lassen.

Zudem brauchen Sie eine Liste der großen Marken, die Sie boykottieren wollen: Darauf gehören alle Produkte von Procter & Gamble und IBM, Duracell-Batterien, unbedingt Coca-Cola und andere Getränke des Konzerns sowie Heinz Ketchup und das gesamte Sortiment von Kraft Foods.

Damit kommen wir zum unmöglichen Teil des Unterfangens: Zu Buffetts Reich gehören auch Industriekonzerne und Versicherungen. Der Versuch, all deren Kunden zu identifizieren und zu meiden, um dem Selfmademilliardär die Geschäfte zu vermiesen, dürfte ziemlich aussichtslos sein. Wie gut also, dass alles nur ein Gedankenspiel war - auch weil Sie sonst keine Ratings von Moody’s mehr anschauen dürften. Keine Frage: Warren Buffett hat eines der unglaublichsten und größten Imperien der Neuzeit aufgebaut. Zur Berkshire-Holding gehören mehr als 130 Einzelfirmen, die zusammen mit den zahllosen, über Aktieninvestments eingegangenen Minderheitsbeteiligungen eines der fünf größten Unternehmen der Erde formen.

Persönlich besitzt Buffett laut Forbes-Rangliste mehr als 60 Milliarden US-Dollar, doch verdient hat er weit mehr als das. Rund zwei Drittel von Berkshire gehören Verwandten, Freunden, aber auch vielen Kleinaktionären und den wohltätigen Stiftungen, denen Buffett nach und nach sein gesamtes Vermögen überträgt. Für sie alle hat er in seiner langen Karriere noch mal knapp 150 Milliarden US-Dollar verdient. Macht zusammen mehr als 200 Milliarden. Seine Erfolgsformel umfasst indes weit mehr als nur seine bekannten Anlageregeln. Es ist die Mischung aus seinen Fähigkeiten, seinem Charakter und sogar seiner Lebensweise, die ihn zum unangefochtenen König der Investoren macht. Und davon kann jeder Anleger lernen.

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Optimismus



Wer kann sich in wilden Zeiten an der Börse der Euphorie oder Panik schon wirklich ganz entziehen? Buffett kann. Denn er glaubt ganz fest an eines: Alles geht früher oder später wieder seinen normalen Gang. Und alles wird irgendwann besser. "240 Jahre lang war es ein schrecklicher Fehler, gegen Amerika zu wetten. Und jetzt ist kein guter Zeitpunkt, damit anzufangen", schreibt er in seinem jüngsten Brief an die Aktionäre. "Die goldene Gans aus Kommerz und Innovation wird weiter immer mehr und immer größere Eier legen."

Diese grundlegende Zuversicht erleichtert Buffett seine Berechnungen zur Ertragskraft von Unternehmen und die Auswahl seiner Investments ungemein: Die Wirtschaft wird wachsen, und Unternehmen mit starken Marken und soliden Finanzen werden auch bei längeren Krisen nicht aus dem Markt gekickt.

Ein gutes Beispiel dafür ist Deere & Company. Der Weltmarktführer für Landmaschinen leidet aktuell unter den niedrigen Preisen für Agrarrohstoffe, vor allem Mais. Neue Maschinen rentieren sich für Farmer oft nicht. Nach einer Gewinnwarnung im vergangenen Sommer stiegen viele Investoren aus; der Aktienkurs brach ein. Nicht so Buffett: Er stockte für Berkshire den Anteil von 4,5 auf sieben Prozent auf. Denn Deere & Co hat alles, was ein echtes Buffett-Investment ausmacht: Landwirtschaft wird es immer geben, und der Einsatz von Maschinen wird vor allem international weiter zunehmen. Deere & Co ist Weltmarktführer und hat in vielen Bereichen einen deutlichen Vorsprung vor der Konkurrenz. Und: Das Warten auf bessere Zeiten wird mit einer ansehnlichen Dividende versüßt.

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Kopfarbeit



Früh spürte Buffett, dass er die Ruhe für solch grundsätzliche Überlegungen an der hektischen Wall Street auf Dauer nicht gefunden hätte. Den Großteil seines Lebens verbrachte er daher in Omaha/Nebraska, einer 400 000-Einwohner-Stadt im Mittleren Westen der USA, wo er einen bescheidenen Lebensstil pflegt. "Ich verbringe die meiste Zeit mit Denken, und ich habe hier ein gutes Umfeld dafür", sagt Buffett.

Ähnlich ungewöhnlich ist sein Führungsstil bei Berkshire. Gerade einmal zwei Dutzend Angestellte hat die Konzernzentrale, die Tochterfirmen haben weitgehend freie Hand. Am liebsten kauft er inzwischen gesunde Unternehmen, bei denen das alte Management an Bord bleibt und das Alltagsgeschäft selbstständig managt. Deshalb gleicht Berkshire eher einem Fonds als einem Unternehmen.

Buffetts Investmenttipps sind legendär. Doch ausgerechnet seine "Regel Nummer 1" ist missverständlich: "Verliere niemals Geld." Denn das bedeutet keineswegs, dass Buffett nicht bereit wäre, Buchverluste hinzunehmen, etwa weil eine Aktie erst einmal abtaucht, oder sogar temporäre Verluste seiner Firmen auszusitzen. Es geht einfach darum, dass seine Investments langfristig ertragreich arbeiten.

Doch natürlich irrt sich selbst ein Warren Buffett ab und zu, wie er selbst unumwunden zugibt. Wie er einen echten Irrtum von falscher Panik unterscheidet? Indem er sich an die Fakten hält und alle Informationen berücksichtigt, nicht nur diejenigen, die seine Meinung bestätigen. Die Bewertung von Investments - egal ob er sie bereits besitzt oder nur analysiert - ist für ihn eine rationale Aufgabe, seine Emotionen kann er dabei komplett ausblenden. Nie suche er, so sein Sohn Peter, "etwas, was irgendwie sein Ego befriedigt".

Unter den 15 größten Aktienpaketen von Berkshire sind 13 Gewinner und neben Deere & Company nur ein weiterer Verlierer: IBM. Hier baute Buffett seit 2011 eine wachsende Position auf und hält heute 8,4 Prozent des IT-Unternehmens. Die Firma ist profitabel und zahlt eine gute Dividende - doch der Kursrückgang bescherte Buffett zum Jahresende 2015 einen Buchverlust von 2,6 Milliarden Dollar. Bislang halte er das Investment noch nicht für einen Fehler, sagte Buffett vor Kurzem dem US-Sender CNBC, "aber ich kann mich irren, und dann werden wir das akzeptieren". Keine große Sache für ihn: "Wenn wir falsch liegen, verkaufen wir und machen einen riesigen Verlust. Das haben wir in der Vergangenheit auch schon getan."

Er und seine Anleger würden es verschmerzen. Ende 2015 lagen die Kurse seiner Aktienpositionen durchschnittlich um mehr als 100 Prozent im Plus. Die Notierung von Coca-Cola, Buffetts Paradeinvestment, legte um gut 1200 Prozent zu und brachte rechnerisch 16 Milliarden Dollar.

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Neugier



Schon als kleiner Junge war Buffett in Zahlen verliebt. Jeden Tag liest er unzählige Zeitungen, Bilanzen und Berichte - seit 70 Jahren. Dieser Fleiß macht ihn - im Zusammenspiel mit einem fotografischen Gedächtnis - zur größten lebenden Wirtschaftsdatenbank der Welt. Eine Aufgabe, die das Gros der Anleger inzwischen Computern überträgt. Dennoch liefern auch die besten Maschinen nicht immer Ergebnisse à la Buffett. Denn eines können sie bis heute nicht: Prognosen mit gesundem Menschenverstand hinterfragen.

So war Buffett in der Lage, in den 60er- Jahren nach einem Betrugsskandal extrem günstig bei American Express einzusteigen. Er erkannte, dass das Unternehmen nicht in existenzbedrohenden Schwierigkeiten steckte. Bis heute hält Berkshire rund 15 Prozent des Kreditkartenanbieters, mit einem Buchgewinn von gut 700 Prozent. Angesichts solcher Fähigkeiten bleibt die bange Frage, was aus Berkshire wird, wenn der heute 85-Jährige einmal aufhört. Zwar wird auch die nächste Generation gut investieren, aber vielleicht ein paar Fehler mehr machen und diese nicht so schnell und emotionslos korrigieren. Und die Strahlkraft von Warren Buffett ist durch kein Dividenden- oder Bonussystem der Welt zu ersetzen. Dennoch ist klar: Berkshire boykottieren - das wird noch auf Jahrzehnte unmöglich bleiben.



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Charlie Munger - Der Architekt des Imperiums



Buffett gilt als einer der glaubwürdigsten Investoren der Welt, aber eines halten viele dennoch für übertriebene Höflichkeit: Wenn er über seinen Freund, Vize und Geschäftspartner Charles Thomas Munger spricht. "Charlie hat den Bauplan für Berkshire erstellt", schrieb Buffett zu seinem 50. Dienstjubiläum, "und ich war der Bauunternehmer." Richtig ist jedenfalls: Munger hat Buffetts Investmentphilosophie und seinen sagenhaften Erfolg maßgeblich mitbestimmt.

Wie Buffett wuchs Munger in Omaha auf, doch die beiden trafen sich erst 1959 als Erwachsene. Munger, damals Mitte 30, lebte in Kalifornien und praktizierte als Rechtsanwalt. Es war Buffett, der ihn gleich nach dem ersten Treffen überredete, ins Investmentgeschäft einzusteigen. Die beiden investierten sehr ähnlich und kauften sich immer wieder in dieselben Firmen ein. Offizielle Geschäftspartner wurden sie aber erst 1978.

Bevor Buffett mit Munger zusammenarbeitete, hielt er sich streng an die Regeln, die ihm sein Lehrmeister Benjamin Graham beigebracht hatte: Der Substanzwert eines Unternehmens sei entscheidend und kaufen solle man nur, wenn der Preis unter diesem Wert liegt. Die meisten dieser Firmen waren allerdings "Zigarrenstummel", also Unternehmen, die am Ende ihres Lebenszyklus standen und aus denen nur noch ein "letzter Zug" herauszuholen war.

Munger dachte weiter: Er setzte auf die Ertragskraft von Unternehmen und war bereit, dafür weit höhere Preise zu bezahlen. "Auf lange Sicht ist es schwer, mit einer Aktie bessere Resultate zu erzielen als das zugrunde liegende Geschäft erwirtschaftet", lautete sein Credo, von dem er Buffett überzeugte.

Verbunden sind Buffett und Munger aber durch weit mehr als ihre Anlagestrategie. "Wir reagieren auf dieselbe Art, wir haben dieselben Standards im Benehmen und mögen und verachten dieselben Dinge", sagt Munger. Dennoch trennt die beiden auch einiges. Denn Munger hält sein Leben, anders als Buffett, nicht vor allem möglichst einfach. Er reist viel, ist ein Fan von Deutschland und Asien und interessiert sich für weit mehr als das Geschäftsleben. Seine Leidenschaft gilt der Architektur, und er saugt jede Biografie auf, die er in die Finger bekommt.

Bekannt ist er für seine Theorie über "elementare, weltliche Weisheit", die er als notwendige Grundlage jeder seiner Investmententscheidungen ansieht. Weil niemand alles wissen könne, brauche man Theorien und Modelle, zum Beispiel aus der grundlegenden Mathematik, die Technik von Entscheidungsbäumen oder Wissen über Buchhaltung - und vor allem deren Grenzen.

Um diese Weisheit zu erlangen, ist es für ihn selbstverständlich, ein Leben lang zu lernen. Vor allem aus Fehlern. Gleichzeitig gilt er als scharfzüngiger Kritiker sorglosen Verhaltens. Wörter wie "dumm" und "höllisch" gehören zu seinem festen Vokabular, gern mit einem "absolut" vorweg. "Ich formuliere schärfer als Warren", sagt Munger über sich selbst.

Keine Frage, Munger ist ein Leistungsfan und politisch konservativ. Er glaubt fest daran, dass sich jeder seinen Erfolg hart erarbeiten muss. Auch Aktionäre: "Wenn Sie nicht bereit sind, einem Kursverfall von 50 Prozent mit Gleichmut zu begegnen, verdienen Sie die mittelprächtigen Ergebnisse, die Sie erhalten werden."

Seine eigenen Ergebnisse sind weit mehr als mittelprächtig. Auch Charlie Munger hat sich in seinem Leben ein Milliardenvermögen erarbeitet. Was ihn antrieb, war vor allem das Streben nach Freiheit und Unabhängigkeit. "Keiner von uns beiden wollte ein niedriger Befehlsempfänger in einer dominanten Hierarchie sein, die uns gesagt hätte, was wir tun und was wir denken sollen", sagt er über sich und Buffett. Das ist beiden gelungen.

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Berkshire Hathaway - Die teuerste Aktie der Welt und ihr Baby



Warren Buffetts Erfolgsstrategie drückt sich im Kurs seines Investmentvehikels Berkshire Hathaway aus. Zwar trat er in den vergangenen Jahren ein wenig kürzer und hat mit den "drei T" - Todd Combs, Ted Weschler und Tracy Britt Cool - jüngere, hochkarätige Mitarbeiter (und potenzielle Nachfolger!) eingestellt, die ihn entlasten. Doch die großen Deals macht er immer noch persönlich - wie zuletzt die Fusion von Kraft Foods und Heinz Ketchup, die Berkshire ein grandioses viertes Quartal 2015 bescherte. Der Gewinn betrug 9,43 Milliarden US-Dollar. Das brachte den Kurs fast an das Allzeithoch aus dem Jahr 2014 zurück. Der Anteilschein der Klasse A ist die teuerste Aktie der Welt und notiert aktuell bei 219 000 Dollar. Die hier vorgestellte B-Aktie (auch "Baby-Berkshire" genannt) wurde 1996 in den Handel eingeführt und repräsentiert eine 1500stel A-Aktie. Berkshire gilt als konservative Anlage, der Konzern ist breit differenziert. Als größtes Risiko für den Kurs sehen viele Beobachter einen Rücktritt Buffetts.