BÖRSE ONLINE: Herr Rathausky, inwiefern berücksichtigen Sie die Anlageprinzipien von Warren Buffett?
Uwe Rathausky: Warren Buffett hat uns aufgezeigt, dass ein großartiges Unternehmen über einen langfristigen Wachstumspfad und einen beständigen "Burggraben" verfügen sollte, der seine exzellente Kapitalrendite schützt. Schließlich ist die Wirtschaftsgeschichte voller "römischer Lichter", Unternehmen, deren Burggräben sich als trügerisch erwiesen haben und schnell überquert waren.

Wo weichen Sie von Buffett ab? Man ist schlecht beraten, wenn man Warren Buffett als Vorbild begreift. Man sollte ihn als Lehrer ansehen und versuchen, seine Gedanken als Fundament für die Entwicklung eines eigenen Weges zu nutzen. Es ist seine Qualität als Lehrer, von der er möchte, dass sie den Menschen in Erinnerung bleibt. Buffetts Aussagen und Schriften sind ein Vermächtnis, ein Leitfaden für kluge Entscheidungen. Wir nutzen seine Investmentprinzipien. Uns als Fondsmanager geben sie Sicherheit und Orientierung. Der Investmentstil von GANÉ ist aber nicht nur von Warren Buffett geprägt. Philip A. Fisher, Charlie Munger und Seth Klarman haben ihn ebenfalls entscheidend beeinflusst. Wir kombinieren eine qualitativ hochwertige Value-Strategie mit einer Eventorientierung, um neben dem fundamentalen Risiko auch das Marktpreisrisiko einer Investition abschätzen und eingrenzen zu können.

Inwiefern ist der Investmentstil von Buffett heute noch zeitgemäß?
Wer im Jahr 1965 einen Betrag von 1000 US-Dollar in seine Holding Berkshire Hathaway angelegt hat, besitzt heute mehr als sieben Millionen US-Dollar. Buffett hat diese großartige Leistung aber keineswegs mit einem einzigen definierbaren Investmentstil vollbracht. Er hebelte seine Anlagefähigkeiten, in dem er Erst- und Rückversicherer kaufte und deren Prämienvolumen investierte. So erwarb er in den vergangenen Jahrzehnten ein Sammelsurium an Unternehmen, ging Beteiligungen ein, unterstützte Private Equity-Transaktionen, investierte in Silber und wettete mit Derivaten auf langfristig steigende Aktienkurse. Und natürlich wurmt es ihn gewaltig, dass er nicht in Amazon und Alphabet investiert ist. Aber er kaufte Apple. Die Aktien haben heute einen Wert von 100 Milliarden US-Dollar. Und das ist ziemlich zeitgemäß.

"Wir halten Digitalisierungsgewinner und Dividendentitel"


Sprechen wir über den ACATIS GANÉ Value Event Fonds. Wie lautet derzeit Ihre Asset Allokation bezüglich Aktien, Anleihen und Cash?
Wir halten in unserem Fonds derzeit 71 Prozent Aktien, neun Prozent Anleihen und 20 Prozent Liquidität.

Wo haben Sie momentan signifikante Über- und Untergewichtungen?
Hochgewichtet sind vor allem digitale Plattformunternehmen wie Amazon, Microsoft, Alphabet, Apple, SAP und Wix.com, denen die Corona-Krise nicht viel ausmacht. Im Gegenteil, die Krise beschleunigt den langfristigen Trend zur Digitalisierung. Daneben konzentrieren wir uns auf Dividendentitel wie Allianz, Bayer, Munich Re oder Rio Tinto. Sie sind von der Krise nur wenig betroffen und liefern uns üppige Ausschüttungsrenditen.

Inwiefern haben Sie Ihr Portfolio seit Anfang 2020 umgeschichtet?
Obwohl wir im März einen deutlichen Drawdown zu verzeichnen hatten, haben wir unsere Liquidität inmitten der Börsenpanik antizyklisch zum Arbeiten gebracht und unsere Aktienquote auf 84 Prozent erhöht. Das war der richtige Schritt angesichts der weltweiten geld- und fiskalpolitischen Maßnahmen. Die starke Kursentwicklung der letzten Wochen nutzten wir dann für einzelne Gewinnmitnahmen.

Wie ist Ihr momentaner Ausblick für die Aktienmärkte?
Buffett würde Ihnen wie folgt antworten und ich könnte es nicht schöner ausdrücken: Dass die Menschen gierig, ängstlich oder verrückt handeln, ist vorhersehbar, die Reihenfolge nicht.