Mir fällt auf, dass börsennotierte Firmen mithilfe von Kapitalerhöhungen wieder häufiger "junge Aktien" ausgeben. Zuletzt hat der DAX-Konzern Infineon solche Papiere unter Ausschluss des
Bezugsrechts bei institutionellen Investoren
platziert. Ich selbst konnte Ende Januar als langjähriger Kleinaktionär (seit 2005) des Software-
Unternehmens Intershop Communications junge Aktien im Verhältnis 8 : 1 zum Bezugspreis von 1,14 Euro erwerben. Lauern bei derartigen Kapitalmaßnahmen auch Steuerfallen für Anleger?
€uro am Sonntag:
Wie die Bezugsrechte danach steuerlich behandelt werden, hängt vor allem davon ab, wann die Altaktien angeschafft wurden und was der Aktionär mit den zugeteilten Bezugsrechten unternimmt. Wurden die Altaktien vor 2009 angeschafft und verkauft der Anleger seine originär zugeteilten Bezugsrechte über die Börse, ist der Verkauf im Privatvermögen steuerlich irrelevant, weil die damals gültige einjährige Spekulationsfrist der Altaktien längst abgelaufen ist (BMF-Schreiben vom 18. Januar 2016, Rz. 109).
Übt ein Altaktionär im Rahmen einer Kapitalerhöhung sein Bezugsrecht aus und kauft junge Aktien des Unternehmens, gelten diese als zu diesem Zeitpunkt angeschafft - die Bindung an den Kaufzeitpunkt des Altbestands besteht in diesem Fall nicht mehr. Für die im Rahmen der Kapitalerhöhung bezogenen jungen Aktien gilt definitiv das neue Recht der Abgeltungsteuer - Kursgewinne sind seit 2009 zeitlich unbefristet steuerpflichtig. Altbestände, die bis 2008 angeschafft wurden, können dagegen steuerfrei verkauft werden.
Als Anschaffungskosten speichert die Depotbank den Bezugspreis für die jungen Aktien zuzüglich der eventuell anfallenden Ankaufspesen und Börsencourtage. Den Wert der eingesetzten originären Bezugsrechte haben die Depotbanken bisher mit null Euro als Anschaffungskosten-Bestandteil angesetzt, und zwar unabhängig davon, ob die Altaktien vor oder nach dem 1. Januar 2009 angeschafft wurden. Dieser von der Finanzverwaltung vorgegebenen Praxis hatte der Bundesfinanzhof allerdings schon mit Urteil vom 9. Mai 2017 (Az. VIII R 54/14) eine klare Absage erteilt.
Nach Meinung der obersten Steuerrichter sind die Anschaffungskosten der Bezugsrechte mit ihrem tatsächlichen Wert anzusetzen. Dadurch werden die Anschaffungskosten der bezogenen jungen Aktien höher, ein späterer Verkaufsgewinn damit geringer. Das spart Steuern. Das BFH-Urteil wird jetzt durch das neue BMF-Schreiben auch vom Fiskus akzeptiert und ist vor allem für Anleger bares Geld wert, die Altaktien vor 2009 im Depot halten und danach im Rahmen einer Kapitalerhöhung junge Aktien bezogen haben. Die Altaktien sind schon lange im steuerfreien Bereich - da kann nichts mehr anbrennen. Aus den Anschaffungskosten dieses Altbestands wird jetzt aber ein Anteil abgespalten und auf die Bezugsrechte und damit auf die jungen Aktien übertragen.