Sie hoffen, damit Steueroasen austrocknen zu können. Bundesfinanzminister Olaf Scholz sprach sogar von einem Durchbruch. Unklar ist, ob für Internet-Konzerne darüber hinaus neue weltweite Regeln gefunden werden.

"Das ist wirklich ein Durchbruch", sagte SPD-Kanzlerkandidat Scholz am Freitag in Lissabon, wo sich die Euro-Finanzminister erstmals seit acht Monaten wieder zu einer Präsenzsitzung trafen. "Wir brauchen eine Verständigung. Und das wird jetzt geschehen." Mit dem US-Vorschlag sei dies sehr realistisch geworden. Die neue US-Regierung von Präsident Joe Biden mache wirklich einen Unterschied und damit eine Einigung auf internationaler Ebene bis zum Sommer möglich. Eine bessere Chance dafür habe es bislang nie gegeben.

Unter dem Dach der Industriestaaten-Organisation OECD streben knapp 140 Länder eine Steuerreform mit zwei Säulen an, einer globalen Mindeststeuer und einer neuen Form der Besteuerung digitaler Dienstleistungen. Letzteres soll die Steuerregeln an das digitale Zeitalter anpassen und Schwellenländer gegenüber Industriestaaten besserstellen.

Nach einer OECD-Sitzung zum Thema Mindeststeuer hatte das US-Finanzministerium mitgeteilt, es sei für mindestens 15 Prozent. Bislang waren es 21 Prozent. Nun hieß es, die 15 Prozent seien eine Untergrenze, idealerweise solle mehr angestrebt werden. "Die 15 Prozent sind sicherlich realistischer", sagte der KPMG-Steuerexperte Manal Corwin zu Reuters.

21 Prozent sind auch in der EU umstritten. Vor allem die Niederlande, Luxemburg und Irland bremsen, weil dort vergleichsweise niedrige Steuersätze gelten. In den USA hatte der frühere Präsident Donald Trump die Körperschaftssteuer radikal von 35 auf 21 Prozent gesenkt und international eine Einigung auf eine Mindeststeuer blockiert, weil davon viele amerikanische Internet-Riesen betroffen wären. Trumps Nachfolger Biden will die Unternehmenssteuer nach der Corona-Krise und zur Finanzierung riesiger Investitionen in die Infrastruktur aber auf 28 Prozent erhöhen.

BIS ZU 100 MILLIARDEN DOLLAR ZUSÄTZLICH FÜR DEN FISKUS?


Einer früheren OECD-Schätzung zufolge könnte die geplante Steuerreform pro Jahr bis zu 100 Milliarden Dollar zusätzlich in die Kassen der Staaten spülen. Das wären bis zu vier Prozent der jetzigen Einnahmen aus der Besteuerung von Unternehmen. Der Löwenanteil würde auf die Mindeststeuer entfallen. Vielen Weltkonzernen, vor allem Internet-Giganten wie Amazon, wird vorgeworfen, durch geschickte Gewinnverlagerungen kaum beziehungsweise vergleichsweise wenig Steuern zu zahlen. Die Rufe nach einem faireren Beitrag sind in den vergangenen Jahre immer lauter geworden. Sollten die Pläne für eine weltweite Steuerreform scheitern, gehen Experten davon aus, dass es einen Flickenteppich an Digitalsteuern geben wird - und womöglich neue Handelsstreitigkeiten.

Auch Frankreichs Finanzminister Bruno Le Maire sagte, 15 Prozent könnten ein guter Kompromiss für die Mindeststeuer sein. Es komme aber nicht allein auf die konkrete Zahl an. Zusätzlich müsse es eine Verständigung auf ein neues Rahmenwerk zur Besteuerung digitaler Dienstleistungen geben. Das müsse spätestens beim Treffen der G20-Finanzminister im Juli in Venedig gelingen. Hier liegt der Teufel aber im Detail. Auch Hersteller von Konsumgütern oder traditionelle Industriebetriebe könnten einbezogen werden, wenn sie Produkte online vertreiben. Wo genau die Grenze gezogen wird, ist entsprechend umstritten.

rtr