Zwei neue höchstrichterliche Urteile sind für die Übertragung von Privatvermögen auf die nächste Generation wichtig Von Stefan Rullkötter
Auch Erbfälle ab dem 1. Juli 2016 unterliegen der Erbschaftsteuer. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) nun bestätigt (Az. II R 1/19). Das Urteil war mit Spannung erwartet worden. Denn bislang war ungeklärt, ob der Gesetzgeber neue Erbschaftsteuer-Regeln auch rückwirkend in Kraft setzen darf - oder ob es monatelang eine "Steuerpause" für Erben geben kann.
Gegen die Rückwirkung hatte eine Frau geklagt, die im August 2016 ein Vermögen von rund 65 000 Euro geerbt hatte. Da ihr als Nichtverwandte lediglich 20 000 Euro Steuerfreibetrag zustanden, setzte das Finanzamt Erbschaftsteuern fest. Die Klägerin machte geltend, dass von Juli bis November 2016 kein wirksames Erbschaftsteuergesetz bestanden habe.
Auslöser des Rechtsstreits war ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2014. Demnach waren Teile des damaligen Erbschaftsteuergesetzes verfassungswidrig. Konkret ging es um Verschonungsregeln für Betriebsvermögen. Der Gesetzgeber wurde verpflichtet, bis 30. Juni 2016 eine Neuregelung zu schaffen. Diese Frist hielt er nicht ein und setzte eine Neuregelung erst ab 9. November 2016, rückwirkend zum 1. Juli, in Kraft. Die Regeln für Privatvermögen blieben dabei unverändert. Nun befanden die obersten Finanzrichter, das alte Recht sei bis zur Reform weiter anwendbar und die Festsetzung der Erbschaftsteuer für das erworbene Privatvermögen auf Grundlage bestehender Bestimmungen rechtmäßig gewesen.
Vorteile bei Doppelhaushälften. In einem anderen Urteil entschied der BFH dagegen steuerzahlerfreundlich. Wer ein Haus oder eine Wohnung erbt, die an seine selbst genutzte Immobilie angrenzt, kann Steuervorteile wie beim Erwerb eines Familienheims geltend machen (Az. II R 46/19).
Überlebende Ehegatten zahlen unabhängig vom Verkehrswert keine Erbschaftsteuer für Haus oder Eigentumswohnung des Erblassers, wenn sie dort für mindestens zehn Jahre ihren ersten Wohnsitz nehmen. Die Steuerbefreiung steht auch Kindern und Enkeln zu, wenn die Wohnfläche des geerbten Objekts 200 Quadratmeter nicht überschreitet. Im konkreten Fall profitiert davon ein Mann, der vom Vater eine Doppelhaushälfte erbte und die andere bereits bewohnt.