Interview: Der Chef der Deutschen Steuergewerkschaft, Florian Köbler, gibt Einblicke zur Bekämpfung von Finanzkriminalität
Börse Online: Wie beurteilen Sie als oberster Interessenvertreter der Finanzbeamten die aktuelle Lage?
Florian Köbler: Der Kampf gegen Geldwäsche und Finanzkriminalität ist von entscheidender Bedeutung. Denn Deutschland ist der attraktivste Geldwäsche-Hotspot in Europa. Wir können nicht länger die Augen davor verschließen.
Wo liegen die Brennpunkte für Finanzkriminalität hierzulande?
Mafia und Clans nutzen unser Land für ihre Machenschaften. Auch bei Kryptogeschäften wird in großem Stil betrogen. Das Geldwäschevolumen hierzulande liegt nach einer neuen Studie bei rund 200 Milliarden Euro pro Jahr. Das ist absolut inakzeptabel.
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Wie bewerten Sie die bislang eingeleiteten Gegenmaßnahmen des Bundesfinanzministeriums?
Die bisherigen Pläne des Ministers sind ein wichtiger Schritt, jedoch bei Weitem nicht ausreichend. Wir müssen weitere gesetzliche Änderungen einführen – wie eine Bargeldobergrenze und eine verpflichtende Registrierkassenpflicht. Nur so können wir unser Land sicher machen. Der Staat muss jetzt alle Register ziehen, um diesen kriminellen Machenschaften ein Ende zu setzen.
Die Financial Intelligence Unit (FIU) ist die zentrale Stelle für die Geldwäschebekämpfung. Wo gibt es hier Handlungsbedarf?
Ohne bestausgebildetes Personal, eine moderne und leistungsfähige IT-Infrastruktur ist das Projekt FIU zum Scheitern verurteilt. Für eine effektive Geldwäsche-Bekämpfung ist zudem eine bessere Vernetzung zwischen Polizei, Staatsanwaltschaft und Finanzverwaltung vonnöten.
Kritiker des Automatischen Informationsaustausches zu Finanzkonten (AIA) wie das Tax Justice Network bemängeln, dass Vermögende aus Teilnehmerstaaten ihr Geld nach wie vor auf Konten und Depots verstecken können, indem sie dafür Tochterfirmen ihrer Hausbanken in nicht -kooperativen Offshore-Gebieten nutzen. Was kann hier Abhilfe schaffen?
Zur Bewältigung der Datenmassen muss auch künstliche Intelligenz eingesetzt werden. Denn der demografische Wandel wird der Steuerverwaltung bald ein Drittel des Personals nehmen.
Zur Person: Florian Köbler (40) ist seit Juni 2022 Vorsitzender der Deutschen Steuergewerkschaft, einer parteipolitisch unabhängigen Interessenvertretung für das Personal der Finanzverwaltung der Bundesrepublik Deutschland mit mehr als 70000 Mitgliedern
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