Fondsmanager Hendrik Leber verrät, was er den Notenbanken Fed und EZB jetzt rät, wie er sein Geld aktuell gewinnbringend anlegt, und warum er große Chancen bei Kryptowährungen sieht.
BÖRSE ONLINE: Herr Leber, wie ordnen Sie die aktuellen Geschehnisse am Markt bestehend aus Banken-Pleiten und Marktverwerfungen ein?
Hendrik Leber: Was wir im Moment mit den zwei Bankenpleiten in den USA erleben, ist eine Folge der Zinserhöhungen und Inflationsbekämpfung. Durch die Zinsanhebungen sind die langfristigen Zinsanlagen der Banken im Kurs gefallen. In den Bilanzen jedoch sind noch die alten Anschaffungswerte enthalten. Auf gut deutsch: Ein Teil des Eigenkapitals ist weg. Wenn dann die Anleger wieder an ihr Geld wollen, kommt der Offenbarungseid. Das betrifft nicht nur die beiden Problembanken, sondern wahrscheinlich viele andere kleinere Banken speziell in den USA (Europa hat da eine klarere Regulierung und Aufsicht). Die Fed kann das Kapital der Banken natürlich wieder herstellen, signalisiert damit aber: Auch unvorsichtiges Verhalten bleibt ohne Folgen. Das Problem hat jetzt zwei Banken betroffen mit besonders vorsichtigen und schnell reagierenden Anlegern, existiert aber auch an vielen anderen Stellen, wird aber nicht sichtbar, solange die Anleger oder Versicherungsnehmer stillhalten.
Wie werden die Notenbanken ihre Zinsen erhöhen?
Zudem fiel die Inflation in den USA und sie war niedriger als erwartet. Wird die Fed die Zinsen kommende Woche gar nicht anheben?
Ich würde Herrn Powell folgendes raten: Er soll nächste Woche die Zinsen um ein Viertelpunkt anheben und damit eine ernsthafte Inflationsbekämpfung signalisieren. Gleichzeitig muß er aber auch Problembanken stabilisieren, indem er ihnen Geld bereitstellt. Aber: die Inflationsgefahr steigt damit wieder an.
Am morgigen Donnerstag ist die EZB dran. Was können Anleger von Christine Lagarde erwarten und wie werden die Börsen danach reagieren?
Und hier mein Rat an Frau Lagarde: die Zinsen erhöhen, um damit zu signalisieren: Es ist ihr Ernst mit der Inflationsbekämpfung, und die europäischen Banken stehen sichererer da als die US-Banken - sie brauchen keine Schonung durch die Notenbank.
Gute Aktien bieten weiter viele Chancen
Auf welche Aktien, Assets, Branchen setzen Sie aktuell?
Unverändert halte ich gute Aktiengesellschaften für die optimale Langfristanlage. Wir stehen vor Zeitenwenden in der Technologie und großen Investitionsbooms. GPT-4 ist dafür ein Beispiel, aber auch die großen Wasserstoffanlagen sind ein Beispiel dafür. Dort wird Geld verdient, dort sollte man sich engagieren. Bei den Renten finden sich sehr schöne Gelegenheiten, allerdings vorzugweise in bestimmten "Ecken" des Rentenmarktes. So mag ich derzeit Wandelanleihen besonders. Sie liefern Renditen, die bis an 10% heranreichen.
Wie navigieren Sie aktuell Ihre Fonds und Aktien durch das unruhige Fahrwasser? Und was erwarten Sie für die kommenden Wochen und Monate?
Unruhe ist für uns gut, denn jede Marktverwerfung bietet eine Anlagechance. So haben wir vor wenigen Tagen eine Steepener Note gekauft, die davon profitiert, wenn sich die gegenwärtig inverse Zinsstruktur wieder normalisiert. Wir haben ein Wandelanleihenzertifikat konstruieren lassen und darin investiert. Wir profitieren von der steigenden Inflationsrate durch unsere Inflationsschutz-Produkte. Wir profitieren von den Kosten des Klimawandels durch den Kauf von CO2-Emissionsrechten. Diese Produkte haben Laufzeiten von 5 Jahren oder mehr, man sieht den Effekt also nicht sofort. Jetzt aber ist der Zeitpunkt, um von solchen Marktverzerrungen zu profitieren und in sie hinein zu investieren.
Kryptowährungen mit Chancen
Sie sind schon lange in Kryptowährungen wie Bitcoin investiert. Diese können dieses Jahr deutlich zulegen und konnten sich nach einem Einsturz infolge der Banken-Unsicherheiten stark erholen. Wie lautet Ihre Einschätzung zu den Kryptos?
Eine Lektion für die Kryptowährungen ist kontraintuitiv - Kryptowährungen unterliegen keinem "Leveraging" - man hält sie unmittelbar ohne eine Bank und hat damit kein Risiko einer Bankenpleite. Das erklärt vielleicht auch den Kursanstieg seit Montag früh. Wenn man "Krypto" richtig und vorsichtig angeht, ist man besser geschützt als bei einer Bankanlage. Andere Risiken, z.B. Kursschwankungsrisiken, bleiben natürlich.
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Dr. Hendrik Leber ist seit 1995 Geschäftsführender Gesellschafter bei der ACATIS Investment Kapitalverwaltungsgesellschaft mbH. Dort führt er verschiedene Fonds und konnte unter Anderem mit starken Krypto-Investments auch im ACATIS Datini Valueflex Fonds auf sich aufmerksam machen. Hendrik Leber gehört zum festen Expertenstamm bei BÖRSE ONLINE und unserem Youtube-Kanal Smartes Geld.