Bankschließfächer werden hierzulande bei Anlegern immer beliebter. Welche Steuerfallen bei der Vermögensnachfolge lauern Von Stefan Rullkötter
Schließfach geerbt? Rechtsexpertin Katrin Heindl erklärt im Interview, welche Meldepflichten Banken und Begünstigte haben
Börse Online: In den vergangenen Jahren ist die Zahl der Bankschließfächer hierzulande erheblich gestiegen. Was müssen Erben beachten, die dort Geldvermögen, Edelmetalle und Schmuck vorfinden?
Katrin Heindl: Der Inhalt des Bankschließfachs fällt ebenso wie das weitere Vermögen des Erblassers in den Nachlass. Im Erbfall zeigt die Bank aufgrund der Anzeigepflicht aus dem Erbschaftssteuergesetz nicht nur Konto- und Depotstände an, sondern informiert das Finanzamt auch über die Existenz eines Schließfachs.
Bank oder Begünstigter – wer muss über den Inhalt eines Schließfachs Auskunft geben?
Den Inhalt muss nicht die Bank nennen, sondern der Erbe im Rahmen der Erbschaftssteuererklärung. Die Erklärungspflicht erstreckt sich auch auf Edelmetalle und Schmuck. Begünstigte sind verpflichtet, dort verwahrte Wertgegenstände wie Goldmünzen, Bargeld, effektive Stücke (Wertpapiere in Papierform) und Schmuck zu deklarieren.
Was müssen Erbengemeinschaften in puncto Schließfächer beachten?
Im Falle des Bestehens einer Erbengemeinschaft empfiehlt es sich in den meisten Fällen, die Miterben bei der Öffnung des Schließfachs einzubinden, um hier von vornherein Misstrauen bezüglich der Vollständigkeit des Inhalts vorzubeugen. Wie beim Depot gilt: Eine Erbengemeinschaft kann über den Inhalt des Bankschließfachs nur gemeinsam verfügen.
Sollte ein Testament im Schließfach gelagert werden?
Verfügt der Erbe nicht über einen Schlüssel oder eine Vollmacht, sollte das Testament nicht ausgerechnet im Schließfach verwahrt werden. Denn dieses wird für die Erbenlegitimation zur Öffnung des Schließfachs benötigt.
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Apropos Vollmacht: Treten hier typische Fehler auf , die aus rechtlicher Sicht bei der Vermögensnachfolgeplanung vermeidbar sind?
Als Erbe muss man sich bei den Kreditinstituten legitimieren, um über das Depot verfügen zu können. Auch wenn dies nicht mehr in allen Fällen zulässig ist, bestehen Banken häufig auf der Vorlage eines Erbscheins. Das kann dauern. Um sofort auf Kursschwankungen reagieren zu können, empfiehlt es sich daher, den Erben noch zu Lebzeiten mit entsprechenden Vollmachten auszustatten, damit dieser sofort handlungsfähig ist.
Gibt ea auch in puncto Depots Besonderheiten bei Erbengemeinschaften?
Dann ist die die Situation noch komplizierter. Verfügungen, also auch Verkäufe einzelner Wertpapiere, können nur bei Einvernehmen aller Miterben vorgenommen werden. Das führt häufig zu Konflikten. Man sollte sich daher gut überlegen, ob man ein Depot einer Erbengemeinschaft zukommen lassen will, oder hier nicht Vermächtnisse zugunsten einzelner Erben (die dann allein entscheiden können) vorzugswürdig sind.
Was ist in dieser Konstellation für die Vermögensnachfolgeplanung grundsätzlich empfehlenswert?
Bei größeren Vermögen kann auch eine frühzeitige Übertragung unter Nießbrauchvorbehalt eine gute Option sein. Dem Schenker verbleiben dann die lebzeitigen Erträgnisse, der „Stamm“ des Vermögens geht aber bereits auf den Begünstigten über. Dieses bei Immobilienübertragungen bekannte Instrument kann auch bei der Übertragung von Wertpapieren verwendet werden. Der durchschnittliche Jahresertrag wird dann kapitalisiert (je jünger der Schenker desto höher der Vervielfältiger) und kann vom eigentlichen Stammwert abgezogen und so der Schenkungswert gemindert werden. Wird mit den Schenkungen frühzeitig begonnen, können Freibeträge so unter Umständen auch mehrfach ausgenutzt werden.
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Zur Person:
Katrin Heindl ist seit 2004 Rechtsanwältin und bei der Kanzlei Bonjur Rechtsanwälte in München tätig. Seit 2011 ist sie zudem Fachanwältin für Erbrecht und berät seitdem schwerpunktmäßig in den Gebieten Erbrecht und Vermögensnachfolge. Sie ist auch Autorin zahlreicher Veröffentlichungen zu diesen Themen und Dozentin bei Erbrecht-Seminaren