Deutschland will das marode Rentensystem durch die Einführung einer kapitalgedeckten Aktienrente aufbessern. Doch wie gut ist das Vorhaben wirklich? Das verrät Experte Robert Peres in einem exklusiven Interview:
In Deutschland steht die Einführung der Aktienrente kurz bevor und immer häufiger wird Kritik an den Plänen der aktuellen Bundesregierung laut. Doch sind die bisher in Aussicht gestellten Maßnahmen zu wenig? Und wie lässt sich das Rentenproblem tatsächlich lösen?
Das sagt ein Experte zum Generationenkapital
Zu diesem Zweck habe ich ein Interview mit dem Experten Robert Peres geführt. Peres ist Anwalt und Vorsitzender der Initiative Minderheitsaktionäre. Diese ist ein von unabhängigen Anlegern getragener Verein, der den Wissens- und Informationsstand zur Aktienkultur und besonders zum Themenkreis Aktionärsrechte in Deutschland fördert. Das hat der Experte zu Aktienrente, Generationenkapital & Co. zu sagen:
Frage: Die Aktienrente kommt (wahrscheinlich). Ist das Generationenkapital ein für Sie längst überfälliger Schritt?
Eindeutig ja. Die rein umlagenfinanzierte Rente ist demografisch nicht haltbar. Das war aber schon vor dreißig Jahren absehbar. Damals sind die Weichen falsch gestellt worden und die Regierungen haben seitdem immer beschwichtigt. Jetzt ist man eigentlich schon zu spät dran. Mit der Aussage, die Rente sei sicher, wurden die Bürger in Sicherheit gewiegt. Auch eine Förderung des privaten Vermögensaufbaus über den Kapitalmarkt wurde nicht gemacht. Dazu kommen traumatische Anlegerereignisse wie das Fiasko der Telekom-Aktie und der Wirecard-Skandal. Das führt bei den Bürgern nicht unbedingt zu Zuversicht bei der Börse.
Die Einführung der Riester-Rente sehe ich übrigens als untauglichen Versuch ein Element der Kapitaldeckung einzuführen, denn diese war auf Finanzprodukte ausgelegt und die Gebühren haben die Rendite fast aufgefressen.
Frage: Was stört Sie am Thema Generationenkapital? Warum ist dieser Schritt zur Stabilisierung der Rente nicht genug?
Leider ist das als Aktienrente gestartete Projekt der FDP als Bettvorleger namens „Generationenkapital“ gelandet. Das ist zwar besser als nichts und ein überfälliger Schritt, dient aber eigentlich nur als Dämpfungsmassnahme, um in der Zukunft die hohen Bundeszuschüsse zu reduzieren. Das wird aber nicht vor 2035 der Fall sein. Es ist auch nicht seriös eine geeignete Rendite vorherzusagen, dazu kommen die Zinsen für die Aufnahme der Kapitalstockfinanzierung durch den Bund. Eine Stabilisierung der Rente wurde zwar von den Ministern Heil und Lindner zunächst bis 2039 beschlossen. Bis dahin ist das Rentenniveau auf dem jetzigen Level von ca. 48 Prozent fixiert.
Das Problem ist der Pfeil der Finanzierung. Dieser wird ohne Zweifel steil nach oben gehen müssen. Der Rentenbeitrag von derzeit 18,6 Prozent kann leicht auf 22 Prozent oder mehr ansteigen. Damit zahlt die jüngere Generation der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen die Zeche.
Frage: Sollte die Bundesregierung jetzt vielleicht beim Thema Aktienrendite “All in” gehen? Auch wenn dies mehr Risiken und Schulden bedeuten würde?
Natürlich wäre es denkbar, die Verschuldung des Bundes noch höher zu gestalten. Dann müsste aber die Schuldenbremse ausgesetzt werden. Das ist derzeit aber nicht durchsetzbar. Besser wäre es, als nächsten Schritt staatlich geförderte Aktiensparpläne einzurichten, die von Arbeitgebern und Arbeitnehmern gespeist werden.
Diese sind in den USA als 401k Depots bekannt und werden steuerlich unterstützt. Es gibt auch gute Vorschläge dazu, wie der Bund gerade die jüngere Generation mit Einmalzahlungen in ein solches Konto auf den Weg zum Aufbau einer guten Altersversorgung bringen könnte. Das würde mit wesentlich weniger Kapitaleinsatz funktionieren und sich über den langen Zeitraum bis zum Renteneintritt dieser Leute amortisieren.
Frage: Welche Folgen für Gesellschaft und den Wirtschaftsstandort Deutschland sehen Sie, wenn das Thema Rente jetzt nicht eine vollumfängliche Lösung erfahren sollte?
Bleibt es allein bei den gegenwärtigen Plänen des Rentenpakets II, werden wir eine spürbare Abwanderung aus der gesetzlichen Rente erleben. Das kann sogar viele zum Auswandern bewegen. Dann wird der Staat versuchen, die Zahl der Renteneinzahler zu erhöhen und beispielsweise Selbstständige und Beamte mitzuverpflichten. Das wird große Verwerfungen in unserer Gesellschaft auslösen.
Gleichzeitig wird der Wirtschaftsstandort weiter geschädigt, denn qualifizierte Kräfte aus dem Ausland werden sich das Rentensystem genau anschauen und sehen, dass sie eigentlich nur als Finanzierer der deutschen Rentnerblase dienen werden. Daher muss unbedingt ein Weg gefunden werde, die private Vorsorge stabil und sicher aufzustellen.
Frage: Was wäre außerhalb des Generationenkapitals der nächste richtige Schritt der Politik, um die Frage der Altersvorsorge zu lösen? Welche Ansätze haben Sie und für wie realistisch halten Sie es, dass diese umgesetzt werden?
Wie gesagt, brauchen wir mehr Eigeninitiative bei der Altersvorsorge. Der Staat muss das aber auch kommunizieren. Gleichzeitig wäre es notwendig, individuelle Sparpläne zu fördern. Die Schweden haben das gut gelöst, indem sie innerhalb der gesetzlichen Rente weitere 2,5 Prozent der Beiträge in individuelle Konten leiten. Die Schweden können das Geld dann entweder selbst verwalten, oder über Experten verwalten lassen. Das Land hat dieses System schon vor 20 Jahren eingeführt und damit sehr gute Ergebnisse erzielt. Wir in Deutschland sind zwar spät dran, können das aber noch nachholen, wenn der politische Wille aufgebracht wird.
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