Ob Bausparkunden ihre in der Ansparphase gezahlten Gebühren vollständig zurückverlangen können, ist trotz eines verbraucherfreundlichen Urteils umstritten Von Stefan Rullkötter

Leser fragen - die Redaktion antwortet

Bausparkassenkun­den haben nach einem neuen Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) Anspruch auf Rückzahlung zu Unrecht gezahlter Gebühren (Az. XI ZR 551/21). Ich habe die mir entstandenen Kosten als Wüstenrot­-Kunde für den Zeitraum 2011 bis 2022 zurückgefordert. Die Bausparkasse ist aber nur bereit, Gebühren für einige Jahre zu erstatten. Zu Recht?

Boerse-online:  Die Verjährungsfrist für Rückforderungen ist umstritten. Bausparkasse reagieren unterschiedlich auf das Urteil. Wüstenrot hat etwa die Jahresentgelte für Bausparer weitgehend abgeschafft. Schwäbisch Hall streicht die Gebühren nur bei Verträgen, die vor Dezember 2018 geschlossen wurden. 

Beide Anbieter argumentieren, dass die noch in der Pressemitteilung des BGH vom 15. November 2022 – unmittelbar nach der Verkündunggdes Urteils– enthaltene Formulierung, dass „die Erhebung eines JahresentgeltsBausparer entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt“ in der schriftlichen Urteilsbegründung, die erst über den Jahreswechsel 2022/ 2023 vom BGH veröffentlicht wurde, nicht mehr auftaucht. 

Verbraucher­zentralen vertreten dagegen die Auffassung, dass Bausparer auf Basis des neuen BGH-Urteils von ihren Anbietern sämtliche in der Ansparphase ge­zahlten Jahresentgelte ohen Einhaltung einer Frist zurückverlangen können. Dazu verweisen sie auf Urteile des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zu „missbräuchlichen Klauseln in Ver­braucherverträgen“ von September 2022. Demnach greift eine Verjährungsfrist nur, wenn „der Verbraucher die Möglichkeit hatte, von seinen Rechten Kenntnis zu nehmen, bevor diese Frist zu laufen beginnt oder abgelaufen ist“ (Az. C 80/21 bis C 82/21). Die Rechtslage sei aber erst mit dem BGH-Urteil im Herbst 2022 höchstrichterlich geklärt worden, argu­mentieren die Verbraucher­schützer zugunsten der Kunden.

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