Bei den gesetzlichen Krankenkassen unterscheiden sich die Leistungen. €uro untersucht seit mehr als zehn Jahren, welche besonders viel bieten. Von Sabine Hildebrandt-Woeckel 

Fast kann man die Uhr danach stellen. Immer Anfang des Jahres bekommen die rund 73 Millionen gesetzlich Versicherten in Deutschland schlechte Nachrichten: Auf irgendeine Art wird es teurer. Anfang 2023 waren es die Zusatzbeiträge, die durch die Presse gingen, weil sie zum 1. Januar im Schnitt um 0,3 Prozentpunkte gestiegen sind — auf durchschnittlich 1,6 Prozent. Berücksichtigt man dann noch, dass auch die Beitragsbemessungsgrenze (BBG) auf 59.850 Euro gestiegen ist, kann es gerade für Bezieher höherer Einkommen teurer werden.

Wobei die Betonung auf „kann“ liegt. Denn erstens haben keineswegs alle Krankenkassen erhöht. Und zweitens gibt es bei der Erhöhung des Zusatzbeitrags, die zwischen 0,06 Prozent bis 0,5 Prozent liegt, ebensolche Unterschiede wie bei den Betragssätzen allgemein. Wer wechselt, kann also sparen. Zudem kommt es im Einzelfall oft nicht so sehr auf die Kosten an, sondern auf das, was man dafür bekommt. Viele gesetzlich Versicherte unterschätzen, dass wie bei den privaten auch bei den gesetzlichen gilt: Krankenkasse ist nicht gleich Krankenkasse. So gibt es beispielsweise bei der einen einen Kostenzuschuss zur Zahnreinigung oder zu Gesundheitskursen — bei der anderen nicht. Um Versicherten zu helfen, im breiten Spektrum möglicher Zusatzleistungen den Überblick zu behalten und die individuell beste Krankenkasse zu finden, vergleicht €uro bereits seit mehr als zehn Jahren, was die einzelnen leisten.

Interessant dabei: Wie bereits in der Vergangenheit gibt es an der Spitze des Gesamtrankings wenig Veränderung. Vorn steht bei den überregionalen Kassen die HEK, bei den regionalen die Securvita. Beide arbeiten offenbar so konstant gut, dass sie auch im Zehnjahresvergleich an der Spitze stehen. Dennoch lohnt sich detaillierte Recherche. Denn betrachtet man die Kategorien einzeln, zeigen sich deutliche Unterschiede. Bei den überregionalen beispielsweise hat einzig die Techniker zweimal die Nase vorn, sonst führt jedes Mal eine andere. Wer also spezielle Wünsche hat, weil er vielleicht beruflich viel im Ausland ist und viel Geld für Impfungen ausgibt oder weil er Wert auf naturheilkundliche Behandlungen legt, der kann durch einen Wechsel ebenfalls deutlich günstiger wegkommen.

Vor bürokratischem Aufwand jedenfalls muss sich niemand fürchten. Nach einer zwölfmonatigen sogenannten Mindestbindungsfrist sind Kündigungen jederzeit möglich, bei einer Erhöhung des Zusatzbeitrags gibt es zudem ein Sonderkündigungsrecht. Und das Prozedere ist denkbar einfach: Seit 2021 reicht es, einfach einen Antrag bei der neuen Kasse zu stellen, die dann der alten kündigt.

Zehnjahresvergleich Krankenkassen

Großer Kassentest – Gesamtwertung

Alle 73 allgemein geöffneten Krankenkassen wurden in die Gesamtwertung einbezogen. Hier abgebildet werden aber nur solche, die mindestens die Bewertung „Sehr gut“ erreichen. Dies gilt auch in den folgenden Unterkategorien. Einzige Ausnahme: die Auswertung Gesundheitsförderung. Der besseren Übersicht halber unterteilen wir zudem in bundesweit geöffnete Kassen und regionale, also solche, die nicht in allen Bundesländern geöffnet sind.

Aus der Fülle an Mehrleistungen, die die gesetzlichen Kassen bieten, werden die sieben aus unserer Sicht wichtigsten bewertet, die jeweils gleichberechtigt in das Gesamtergebnis einfließen. Dazu gehören zum einen Möglichkeiten zum Erhalt finanzieller Vorteile durch kosten- oder gesundheitsbewusstes Verhalten (Bonus-/Vorteilsprogramme) und zum anderen der Leistungsbereich. Zusätzlich werden in einer achten Kategorie die Kassen mit bis zu drei Bonussternen (Erläuterung siehe unter der Tabelle) für ihren Beitragssatz ausgezeichnet. Hierdurch ist eine sehr aussagekräftige Bewertung möglich.

Erhoben wurden die Daten von unserem Kooperationspartner www.gesetzlicheKrankenkassen.de. Stichtag war der 15. Februar 2023. Danach erfolgte Leistungsmeldungen konnten nicht mehr berücksichtigt werden.


€uro beste Krankenkasse

Bonusprogramme mit Mehrwert

Grundsätzlich bieten alle Kassen Bonusprogramme an. Ihr Ziel ist es, die Teilnahme an Vorsorgeuntersuchungen zu fördern (in der Tabelle als Sofortbonus ausgewiesen) oder zur Fitness der Versicherten beizutragen (Klassisches Bonusprogramm). Wie im Gesamtranking platziert sich mit der DAK auch in dieser Kategorie der Sieger des Vorjahres wieder ganz oben, neu im Spitzenfeld ist dagegen die zweitplatzierte IKK gesund plus. Insgesamt werden in dieser Auswertung vier Aspekte bewertet: Bonushöhe für Vorsorge, Bonus für gesundheitsbewusstes Verhalten, Vorteil in Euro für Erwachsene und Kinder und Vorteilsprogramme für kostenbewusstes Verhalten.

Bei der Vorsorge unterscheidet der Test insgesamt elf Bereiche und betrachtet, wie

hoch der für diese wahrgenommene Vorsorgemaßnahme gewährte Sofortbonus in Euro ist. Dazu gehören zum Beispiel Gesundheits-Check-up, Brust- oder Hautkrebsvorsorge sowie professionelle Zahnreinigung. Ab 25 Euro Sofortbonus gibt es einen Punkt, darunter anteilig.

Beim gesundheitsbewussten Verhalten wird für zehn Bereiche gecheckt, ob in diesen ein (finanzieller) Bonus für Aktivität gewährt wird. Hierzu gehören unter anderem die Wahrnehmung von Präventionsmaßnahmen, Rauchabstinenz, das Erreichen von Leistungsabzeichen im Sport oder die Teilnahme an Geburtsvorbereitungskursen. Für jeden der oben genannten, auf freiwilliger Basis von der Krankenkasse bonifizierbaren Bereiche gibt es wiederum einen Punkt. Und für beide Bereiche wird dann jeweils der Prozentwert

der Kasse in Bezug auf den maximalen Punktewert berechnet.

Zudem wurde gefragt, wie hoch der maximale Geldbonus (keine Sach- oder zweckgebundenen Prämien) ist, den Erwachsene oder Kinder pro Jahr erzielen können. Dazu wird der Quotient der Geldprämienhöhe und die Anzahl der dafür erforderlichen Maßnahmen gewertet. Das Ergebnis wird in Prozent angegeben (bei Erwachsenen ergeben 25 Euro 100 Prozent, bei Kindern 20 Euro).

Bei den Vorteilsprogrammen für kostenbewusstes Verhalten wurde für zwei Bereiche abgefragt, ob es dort für die Mitglieder der jeweiligen Krankenkasse finanzielle Vorteile gibt. Je Bereich gab es einen Punkt, also maximal zwei Punkte. Schließlich wurden die Prozentwerte addiert und durch vier geteilt.

€uro beste Bonusprogramme
€uro beste Gesundheitsförderung

Optimale Gesundheitsförderung (links), Naturheilverfahren (unten)

Wie schon der Umfang nebenstehender Tabelle zeigt, wird die Umstellung der Lebensweise auf ein gesundheitsbewussteres Verhalten von den meisten Kassen durch Kurse und Schulungsprogramme gefördert – und das offenbar sehr gut. Aufgrund der Leistungsdichte konnten wir in der Kategorie Gesundheitsförderung nur die Top-Platzierten abbilden: bei den bundesweiten Krankenkassen immerhin 22 und bei den Regionalen sogar 27. Fünf Kassen bieten zudem 100 Prozent der möglichen Leistung. Bei den Überregionalen zählt die Mobil Krankenkasse dazu, bei den regionalen erreichen zwei AOKs diese Wertung sowie die Bergische und die BKK Wirtschaft & Finanzen.

Weniger erfreulich ist das Ergebnis des Tests im Bereich Naturheilverfahren (siehe unten), ein Trend der sich schon in den vergangenen Jahren abzeichnete. Und das, obwohl Naturheilverfahren oder alter- native Medizin gesellschaftlich immer mehr an Bedeutung gewinnen. Gesetzliche Krankenkassen dürfen aber nach wie vor nicht für Heilpraktiker zahlen, sondern nur für entsprechende Leistungen, die z. B. durch Kassenärzte mit Zusatzausbildung erbracht werden. In Sachen Naturheilverfahren konnte sich bei den bundesweiten Krankenkassen in diesem Jahr nur Gesamtsieger HEK gut platzieren. Bei den

Regionalen ist es ebenfalls Gesamtsieger Securvita, der punktet. Daneben werden immerhin zwei weitere mit „Sehr gut“ bewertet.

Zur Bewertung im Detail: Bei der Gesundheitsförderung werden Leistung und Erstattung bewertet.

Zur Leistung gehören die links abgebildeten acht Handlungsfelder. Maximal dürfen die Krankenkassen zwei Kurse pro Jahr erstatten. Tun sie dies auch, gibt es einen Punkt. Wird immerhin ein Kurs erstattet, sind es 0,5 Punkte. Zusätzliche 0,5 Punkte werden vergeben, wenn im jeweiligen Bereich auch ein zertifiziertes Onlineprogramm angeboten wird. Die Erstattung setzt sich aus der prozentualen Erstattungshöhe pro einzelner Maßnahme und dem Mindesterstattungsbetrag pro Maßnahme zusammen. Das Berechnungsverfahren ist für Fremdkurse und Eigenkurse gleich, allerdings werden Eigenkurse aufgrund der kaum vorhandenen Unterscheidung im Gesamtergebnis nur hälftig berücksichtigt.

Für die Bewertung der Naturheilverfahren wurden 14 Bereiche betrachtet, wobei sich Anthroposophie sowie Homöopathie jeweils in Medikamente und Therapie aufteilen. Einen vollen Punkt gibt es, wenn für ein Verfahren oder Medikament für alle Versicherten im gesamten Versorgungs- gebiet gezahlt und nicht durch ein Budget (z. B. „Gesundheitskonto“) begrenzt wird. Gleichzeitig wird die Bewertung in zwei gleich gewichtete Bereiche unterteilt: Der erste Bereich deckt mit Homöopathie (Medikamente sowie Therapie), Osteopathie und der traditionellen Chinesischen Medizin die mit Abstand am häufigsten nachgefragten Naturheilverfahren ab. Weitere zwölf Naturheilverfahren (wie z.B. die Anthroposophie, Chelattherapie, Kinesiologisches Taping oder auch Irisdiagnostik) bildeten in Summe den zweiten Bewertungsblock. Am Ende werden die beiden prozentualen Teilergebnisse addiert und für das Ergebnis dieser Kategorie durch zwei geteilt.


€uro beste Naturheilverfahren

Wo Zusatzleistungen (unten) und Vorsorge (rechts) gut sind

Unter Zusatzleistungen werden die Angebote der Krankenkassen verstanden, die über das gesetzlich vorgeschriebene Maß hinausgehen. Darunter fällt zum Beispiel, wenn Haushaltshilfen auch dann noch gezahlt werden, wenn das im Haus lebende Kind älter als zwölf Jahre ist oder wenn überhaupt kein Kind im Haus lebt. Insgesamt werden in dieser Kategorie elf Bereiche betrachtet, für die jeweils ein Punkt vergeben wird, wenn sie im gesamten Versorgungsgebiet angeboten und nicht durch ein Budget begrenzt werden. Spitzenreiter mit jeweils 100 Prozent der möglichen Zusatzleistungen sind die Techniker Krankenkasse sowie wiederum die Securvita.

In der Kategorie Vorsorge, in der nur die Energie-BKK 100 Prozent erreicht, werden die Vorsorgeuntersuchungen betrachtet, die nicht zur Regelleistung gehören. Entweder weil sie erst im höheren Alter obligatorisch übernommen werden müssen oder weil sie, wie die Kinder- und Jugenduntersuchungen U10, U11 und J2, überhaupt nur auf freiwilliger Basis erstattet werden. Die Punktevergabe für die zehn einbezogenen Vorsorgeuntersuchungen erfolgt wie bei den Zusatzleistungen. Für den Bereich Reiseschutzimpfungen wird ein Punkt vergeben, wenn die Übernahme gemäß Empfehlung des RKI erfolgt – wird nur ein Teil übernommen, gibt es einen halben. Das Ergebnis ist in beiden Kategorien dann jeweils der Prozentwert der Kasse in Bezug auf den maximalen Punktewert. Spitzenreiter bei den Regionalen ist die IKK Südwest, die die 100 Prozent nur knapp verfehlt.


€uro beste Zusatzleistungen
€uro beste Vorsorge

Besondere Versorgung (links), Zahnversorgung (unten)

Die besondere ambulante Versorgung ist einer wichtigsten Bereiche der GKV. Ziel ist es, Patienten mit vorab definierten Krankheiten besser zu behandeln und gleichzeitig Doppeluntersuchungen zu vermeiden. Dazu treffen die Kassen mit einzelnen Leistungsträgern wie spezialisierten Ärzten, Laboren etc. spezielle Vereinbarungen. Für die Kategorie, die die TK und die AOK Baden-Württemberg als Beste abschlossen, wurde für 78 Indikationen abgefragt, ob es eine solche gibt.

Eine gute Zahnversorgung ist teuer; da ist es vorteilhaft, wenn die Krankenkassen – wie die führenden BKKs – möglichst viele Leistungen zahlen oder bezuschussen. Betrachtet werden fünf Bereiche, für die im Höchstfall je zwei Punkte, also insgesamt zehn Punkte, erreicht werden können.


€uro beste besondere Versorgung
€uro beste Zahn-Versorgung