Die Bundesbank hat überraschend angekündigt, die Verzinsung für Einlagen der öffentlichen Haushalte auf Null zu senken. Das sorgt bei kurzfristigen Bundesanleihen für deutlich steigende Kurse und entsprechend fallende Renditen. Der Nullzinsschritt könnte Milliarden von Euro in den Markt für liquide Bundesanleihen fließen lassen. Mit Folgen...

Am vergangenen Freitag hat die deutsche Notenbank nachbörslich mitgeteilt, dass inländische staatliche Einlagen ab dem 1. Oktober nicht mehr verzinst werden. Bislang gibt es eine positive Verzinsung. Die EZB hatte im September 2022 eine bis dahin geltende Zinsobergrenze für staatliche Einlagen bei den Notenbanken der Eurozone zeitweise außer Kraft gesetzt. 

Die Bundesbank hatte zwar bereits im April erklärt, dass sie eine Rückkehr zur früheren Nullzinspolitik für Staatseinlagen befürwortet. Damit werde der Tatsache Rechnung getragen, dass diese Einlagen keine eigenständige geldpolitische Funktion erfüllten und die Kontoführung nur eine der Dienstleistungen sei, die sie für öffentliche Akteure anbiete.

Rendite der Kurzläufer unter Druck

Doch die plötzliche Ankündigung der neuen Politik am Freitagabend überraschte den Markt doch sehr. Das sorgte am Montag für einen deutlichen Anstieg der Kurse von kurz laufenden Bundesanleihen (siehe auch Überblick Bundeswertpapiere). Im Umkehrschluss sank die Rendite der sogenannten Bundesschatzanweisungen mit zwei Jahren Laufzeit um bis zu 0,07 Prozentpunkte auf 2,94 Prozent – für Anleihen ein Erdrutsch. 

Am Dienstag sackt die Rendite weiter ab. Die Nachfrage nach deutschen Neunmonats-Anleihen steigt ebenfalls: Bei einer Auktion ging es mit den Kursen auf den höchsten Stand seit Februar 2022 nach oben, womit sich der Schritt auch im Primärmarkt bemerkbar machte. 

Auch eine pessimistische Stimmung an den Finanzmärkten stützt die als sicher geltenden Anleihen. Die schwache Entwicklung des chinesischen Außenhandels sorgt für Verunsicherung. Nach bereits starken Rückgängen in den Vormonaten sanken die Exporte von China im Juli im Jahresvergleich um 14,5 Prozent und damit stärker als erwartet. Der für den Anleihenmarkt richtungsweisende Terminkontrakt Euro-Bund-Future legt um mehr als ein Prozent auf 133,44 Punkte zu.

Mit 54 Milliarden Euro lagen die Einlagen der öffentlichen Haushalte bei der Bundesbank Ende Juli nur noch bei etwa einem Fünftel ihres historischen Höchststandes, schreibt Bloomberg. Dennoch könnte eine schnelle Umschichtung von Zentralbankkonten in den Geldmarkt die Knappheit an hochwertigen Sicherheiten in der Region wieder verschärfen. Dies würde auch die Renditen weiter senken und damit die Übertragung von Zinserhöhungen auf die Märkte behindern.

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Tradingview
Sechs-Monats-Chart Bund-Future

Gehen Bundesanleihen aus?

Der Schritt der Bundesbank ist eine "große Überraschung" und "ein weiterer Run auf Bubills [mit einer Laufzeit von 12 Monaten] ist nicht auszuschließen", schreiben die Analysten der Commerzbank, da die Einlagen in Staatsanleihen umgewandelt werden könnten. Die Anpassung des Zinses sei "für die Bundesbank und das Eurosystem ein Experiment mit ungewissem Ausgang", so die Commerzbank. 

Auch Spekulationen darüber, dass Bundesanleihen knapp werden, könnten wieder aufkommen. Beides würde dazu führen, dass die Kurse noch weiter steigen und die im vergangenen Jahr so massiv gestiegenen Renditen sinken.

"Man könnte argumentieren, dass die größere Anpassung bereits hinter uns liegt", zitiert Bloomberg Benjamin Schroeder, ein Stratege bei ING. "Vielleicht glaubt oder hofft die Bundesbank deshalb, dass die Auswirkungen auf die Sicherheiten-Knappheit nicht so groß sein werden."

Deutsche Anleihen-Käufer sollten es wie Warren Buffett machen

Anleger in Deutschland könnten es in den kommenden Wochen mit kurzlaufenden Bundesanleihen so halten wie Warren Buffett mit US-Anleihen. Der fast 93-jährige Chef der Investmentholding Berkshire Hathaway lässt sich von dem Fitch-Downgrade der USA nicht verunsichern und kauft nach eigenen Angaben via Berkshire weiterhin fleißig kurzlaufende US-Staatsanleihen (Treasuries). "Berkshire hat am vergangenen Montag US-Schatzanleihen im Wert von 10 Milliarden Dollar gekauft", so Buffett am 3. August in einem Interview bei CNBC bekannt. "Diesen Montag haben wir für 10 Milliarden Dollar Schatzanweisungen gekauft. Und die einzige Frage für den nächsten Montag ist, ob wir 10 Milliarden Dollar in 3-Monats- oder 6-Monats-T-Bills kaufen werden", fuhr der Altmeister fort.

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(Mit Material von Bloomberg)