Der Technologiewettstreit mit China, die Gerichtsprozesse von Ex-Präsident Donald Trump und eine immer schwächere Wirtschaftslage – die USA produzieren derzeit Aufsehen erregende Schlagzeilen. Wohin entwickelt sich das Land der unbegrenzten Möglichkeiten?

Diese Frage hat sich auch Kult-Professor und Marketing-Experte Scott Galloway gestellt. In seinem neuen Buch „Bye-bye, USA?“ hat er die Misere der Vereinigten Staaten in 100 leicht verständlichen Grafiken aufbereitet. Es geht dabei um so unterschiedliche Themen wie Fake News, Mindestlohn und den amerikanischen Traum. BÖRSE ONLINE gibt Ihnen einen exklusiven Einblick in das Buch.

Perspektive

In den amerikanischen Morgensendungen wurde fast genauso viele Minuten über einen Milliardär gesprochen, der im Juli 2021 ins All flog, wie über die Klimakrise im gesamten Jahr 2020. Dies veranschaulicht eine traurige Wahrheit über die amerikanische Medienlandschaft: Es sind nicht die wahrheitsgetreuesten oder wichtigsten Geschichten, die Beachtung finden, sondern eher diejenigen, die uns kollektiv unterhalten oder empören. In Wahrheit war der Flug nichts weiter als eine Spritztour für Jeff Bezos und seine Midlifekrise. Er schaffte es fünf Kilometer über die Kármán-Linie28 und genoss etwa drei Minuten Schwerelosigkeit. Die Wahrheit über den Klimawandel ist, dass die zunehmende Konzentration von Kohlendioxid in unserer Atmosphäre die Oberflächentemperatur unseres Planeten erhöht und 279 Milliarden Tonnen29 antarktisches Eis pro Jahr schmelzen lässt. Während also der Klimawandel unsere Lebensqualität und das Leben von Millionen von Menschen bedroht, die auf oder unter dem Meeresspiegel leben, schenken wir einem Milliardär unsere Aufmerksamkeit, der sich ins All begibt. Zumindest sagte er: „Danke an alle Amazon-Prime-Abonnenten.“ Wenn das kein Beweis dafür ist, dass wir Tech-Innovatoren abgöttisch verehren, dann fällt mir auch nichts mehr ein.

Foto: Börsenmedien AG

Erwachen aus dem amerikanischen Traum

Zum ersten Mal in der Geschichte der USA sind junge Menschen wirtschaftlich nicht mehr bessergestellt als ihre Eltern im gleichen Alter. Ein 1940 geborener Amerikaner hatte eine 92-prozentige Chance, es besser zu haben als seine Eltern. Jemand, der 1970 geboren wurde, hatte eine Chance von 61 Prozent. Ein 1984 geborener Millennial, der heute 37 Jahre alt ist, hat nur eine Chance von 50 Prozent. Ich mache mir Sorgen über die Auswirkungen der altersbedingten Ungleichheit. Einwanderer, wie meine Eltern, kommen nach Amerika, damit ihre Kinder ein besseres Leben führen können. Früher war das möglich. Jetzt haben die jungen Leute die Nase voll. Sie verfügen über weniger als die Hälfte der wirtschaftlichen Sicherheit, die ihre Eltern im gleichen Alter hatten, gemessen am Verhältnis von Vermögen und Einkommen. Ihr Anteil am Wohlstand ist geschrumpft. Ich glaube, dass schwindende wirtschaftliche Chancen und Mobilität eine Krankheit sind, und die Symptome sind Scham, Frustration und Wut. Junge Menschen – vor allem Männer – haben bereits ein Ventil für diese Gefühle gefunden: Chatrooms auf Reddit, Meme-Aktien und gewalttätige Proteste sind alles Anzeichen für aufkeimende Langeweile und Frustration.

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