Die Ölpreise haben ein neues 10-Monats-Hoch erreicht. Gleich mehrere Faktoren sorgen dafür, dass sich Rohöl, Sprit und Heizöl immer mehr verteuern. Die Internationale Energie-Agentur IEA warnt nun sogar vor einem Ölmangel, der die Preise weiter treiben dürfte. Wie Anleger und Verbraucher in den kommenden Wochen reagieren sollten.
Die Erdölpreise sind auf ihre höchsten Niveaus seit November 2022 gestiegen. Hintergrund ist das knappe Angebot großer Förderländer. Saudi-Arabien und Russland halten seit einiger Zeit ihre Lieferungen knapp. Zuletzt hatten sie ihre Produktionskürzungen bis Jahresende verlängert. Offiziell soll damit der Markt im Gleichgewicht gehalten werden, faktisch dient die Strategie jedoch der Preis- und Einnahmen-Erhöhung.
Das scheint zu funktionieren. Die Ölpreise haben gerade neue Zehn-Monats-Hochs markiert. Am Mittag verteuerte sich der Preis für ein Barrel (159 Liter) Rohöl der Nordseesorte Brent zur Lieferung im November auf 93,20 US-Dollar (siehe Chart). So hoch stand der Preis zuletzt Mitte November 2022. Der Preis für ein Barrel der amerikanischen Sorte West Texas Intermediate (WTI) zur Oktober-Lieferung stieg auf 90 Dollar.
Öl-Knappheit befürchtet
Die Ölpreise dürften noch weiter steigen. Nach dem Ölkartell Opec und der US-Behörde EIA warnt auch die Internationale Energieagentur (IEA) vor einem zu geringen Ölangebot noch in diesem Jahr. In der zweiten Jahreshälfte bestehe ein Angebotsdefizit von durchschnittlich 1,2 Millionen Barrel je Tag, erklärte die Institution. Die Opec rechnet für das vierte Quartal mit einem Defizit von täglich mehr als drei Millionen Barrel. Es wäre das größte Defizit seit mindestens einem Jahrzehnt.
Die Ölförderkürzungen werden nach Einschätzung der IEA schon ab diesem Monat zu einem erheblichen Angebotsmangel führen, der bis zum Jahresende anhalten könnte, teilte die IEA in ihrem monatlichen Ölmarkt-Bericht am Mittwoch in Paris mit.
Ölvorräte könnten auf ein unangenehm niedriges Niveau sinken und weiter steigende Ölpreise könnten drohen. Das führende Opec-Land Saudi-Arabien hatte Anfang September mitgeteilt, weiterhin täglich eine Million Barrel weniger zu fördern. In einer eigenen Mitteilung gab auch Russland bekannt, dass es seine Kürzung um 300.000 Barrel je Tag bis zum Jahresende verlängern will.
Saudi-Arabien und Russland fördern weniger Öl
Die saudische und russische Entscheidung, ihre freiwilligen Produktionskürzungen bis Ende 2023 zu verlängern, erweise sich als gewaltige Herausforderung für die Ölmärkte, teilte die IEA nun mit. Ein spürbarer Preisanstieg sei bereits die Folge. Produktionskürzungen der Opec-Länder seien zuletzt noch durch höhere Lieferungen von Produzenten außerhalb der Allianz ausgeglichen worden, etwa von den USA und Brasilien. Auch der immer noch unter Sanktionen stehende Iran erhöhte seine Produktion, wie die IEA mitteilte.
Der nun zudem erwartete Anstieg der weltweiten Ölnachfrage könne in der zweiten Hälfte des Jahres aber zu einem täglichen Defizit von 1,24 Milliarden Barrel führen. China ist nach Angaben der IEA zu drei Vierteln für den Anstieg der Nachfrage verantwortlich. Das zusätzliche Ölangebot aus den USA, Brasilien und Iran dürfte nicht ausreichen, die Förderkürzungen des Ölkartells Opec+ auszugleichen. Das Ergebnis ist unvermeidlich: Hohe Ölpreise, begleitet von Verknappungen in regionalen Märkten. Vor allem bei Diesel/Heizöl können die überlasteten Raffinerien kaum noch genug Nachschub liefern.
Heizöl nähert sich Jahreshoch
Während die Spritpreise sich noch nicht stark verteuert haben, steigen die Heizölpreise. Das Portal esyoil hat am Donnerstag-Mittag einen bundesweiten Durchschnittspreis von 114 Euro je 100 Liter für eine Standardlieferung (3000 Liter) festgestellt. Damit bleibt Heizöl in unmittelbarer Nähe des Jahreshochs, das Anfang Januar bei 120 Euro lag. Klammert man die kriegsbedingten Panikpreise des letzten Jahres aus, stehen sie in dieser Woche sogar auf einem Allzeithoch.
Der deutsche Heizölmarkt bleibt sehr aktiv, schreibt esyoil. Die Bestellmengen stehen nun schon seit mehreren Wochen deutlich über dem Durchschnitt. Das Fazit der Experten: Wer demnächst nachbestellen muss, sollte nicht zu lange warten.
Auch BÖRSE ONLINE rät Verbrauchern, vor der kalten Jahreszeit Heizöl-Vorräte jetzt nachzufüllen. Sollte es tatsächlich zu einem Angebots-Engpass kommen, sind auch Preise über 130 Euro pro 100 Liter Heizöl in Deutschland denkbar. Wer indes am Ölmarkt spekulieren möchte, kann zu einem Brent-Turbo-Call-Optionsschein (z.B. WKN SW0J01) greifen. Zu bedenken bleibt: Eine starke Konjunktur-Abschwächung wird auch die Ölpreise wieder belasten, da die Nachfrage sinken dürfte.
(Mit Material von dpa-AFX)
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