Die Rohöl-Preise rutschen am Donnerstag weiter. Nach tagelangem Rückwärtsgang kostet ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent am Vormittag weniger als 94 US-Dollar. Der Preis für ein Fass der US-Sorte West Texas Intermediate (WTI) verbilligt sich auf 87 Dollar. Doch an den Tankstellen in Deutschland steigen die Spritpreise deutlich. Nach einer ersten Einschätzung des ADAC kostete Superbenzin der Sorte E10 im bundesweiten Durchschnitt gegen 9 Uhr etwa 25 Cent mehr als am Vortag. Beim Diesel gab es demnach ein Plus von etwa 10 Cent. Grund ist das Ende des sogenannten Tankrabatts.
In den vergangenen zwei Wochen waren die Spritpreise bereits wieder deutlich gestiegen. Am Mittwoch, dem letzten Tag der Steuersenkung auf Kraftstoffe, hatte ein Liter E10 laut ADAC im Schnitt 1,792 Euro gekostet, ein Liter Diesel 2,086 Euro. Das war den Angaben nach der höchste Wert im Monat August. Mit dem Tankrabatt hatte die Bundesregierung die Energiesteuer für drei Monate auf das von der EU erlaubte Mindestmaß gesenkt. Rechnerisch könnte der Preis für Super E10 durch die Aufhebung des Tankrabatts um 35 Cent und für Diesel um 17 Cent steigen.
Für den jüngsten Preisanstieg gibt es aus ADAC-Sicht keine Grundlage, sagte ADAC-Sprecherin Katrin van Randenborgh. Die Preisgestaltung der Konzerne hatte seit März immer wieder Diskussionen ausgelöst – vor allem, ob die Konzerne die Steuersenkung wirklich an die Kunden weitergeben. Auch am Ende des Rabatts gehen die Meinungen darüber weiter auseinander. "Die Energiesteuer-Senkung wurde umfassend weitergegeben", sagte Adrian Willig, Geschäftsführer des Wirtschaftsverbands Fuel und Energie (EN2X), dem Unternehmen wie BP, Shell, TotalEnergies und Eni angehören. Deren Aktien liefen in den vergangenen Monaten prächtig.
Die Erdölpreise wurden in den vergangenen Tagen durch einige Faktoren belastet. Dazu zählt der anhaltend starke Dollar, der Rohöl für Interessenten außerhalb des Dollar-Raums wechselkursbedingt verteuert und damit auf der Nachfrage lastet. Hinzu kommen Konjunktursorgen aufgrund zahlreicher wirtschaftlicher Störfaktoren, darunter die vielerorts sehr hohe Inflation. Dies trägt auch zur Meidung von Risiken an den Finanzmärkten bei, was die Stimmung am Ölmarkt zusätzlich belastet.
Opec will ihr Angebot einschränken
Unterstützung erhalten die Rohölpreise dagegen von der seit einiger Zeit knappen Angebotslage. Zudem haben die Mitgliedsländer des Exportkartells Opec+ die Prognose für den Überschuss von Rohöl auf dem Weltmarkt gesenkt. Die Gruppe erwarte nur noch einen kleinen Überhang von 0,4 Millionen Barrel pro Tag im Jahr 2022, verlautete am Mittwochabend aus mit der Angelegenheit vertrauten Personen. Zuvor war das Expertengremium des Ölkartells noch von 0,9 Millionen Barrel pro Tag im besten Szenario ausgegangen.
Grund sei die Unterproduktion der Mitgliedsländer, hieß es zur Begründung. Zur Opec+ gehören neben den Staaten der Organisation Erdöl exportierender Länder (Opec) auch andere Produzenten wie Russland. Die Länder des Öl-Kartells und ihre Verbündeten treten am 5. September wieder zusammen, um über ihre künftige Förderpolitik zu beraten.
Öl-Nachfrage sinkt
Die Opec hatte Mitte August ihre Prognose für die weltweite Öl-Nachfrage wegen der konjunkturellen Unsicherheiten bereits zum dritten Mal seit April gekürzt. Die Organisation verwies auf die Folgen des Krieges in der Ukraine, die hohe Inflation sowie Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus. In dem jüngsten Monatsbericht des Öl-Kartells hieß es damals, die globale Nachfrage werde dieses Jahr bei 3,1 Millionen Fässern (je 159 Liter) pro Tag liegen. Das sind 260.000 Barrel weniger als bisher erwartet.