ZÜRICH (dpa-AFX Broker) - Ein überraschender Chefwechsel hat am Freitag die Nestle
Mit Laurent Freixe wird ein Firmenurgestein von Nestle den Chefposten von Mark Schneider übernehmen. Die Amtsübergabe findet mehr oder weniger per sofort statt, wie der Konzern am Donnerstagabend mitteilte. In ersten Reaktionen von Analysten hieß es denn auch, der Austausch komme überraschend. Es sei unklar, was der neue Mann an der Spitze des Lebensmittelkonzerns bedeute.
Analystin Celine Pannuti von der Bank JPMorgan gibt sich skeptisch, wenn auch nicht zur eigentlichen Auswahl des neuen Chefs, der seit 1986 für Nestle tätig ist. Ein solch unerwarteter und rascher Chefwechsel werfe aber Fragen auf hinsichtlich des laufenden Geschäfts und der kommenden Jahre. Ihre These lautet: Bis das neue Management Klarheit über den weiteren Weg bringe, dürfte der Aktienkurs unter Druck bleiben.
Auch die Analysten der UBS weisen in einem ersten Kommentar darauf hin, dass der Chefwechsel Fragen aufwerfe. In Anbetracht dessen, dass sowohl die operative Entwicklung als auch die Kursentwicklung des Konzerns in den letzten zweieinhalb Jahren enttäuscht hätten, sei die Entscheidung keine große Überraschung. Freixe sei den Investoren jedoch gut bekannt und schon 2016 als potenzieller Nachfolger von Paul Bulcke gehandelt worden.
"Big Bang" und "Back to the roots" titelte Vontobel-Experte Jean-Philippe Bertschy. Auch wenn die Entwicklung bei Nestle zuletzt unterdurchschnittlich gewesen sei, liege es eigentlich nicht in der Tradition des Konzerns, solch abrupte Wechsel vorzunehmen. Die Herausforderungen für den neuen Mann an der Spitze seien umfangreich, doch radikale Änderungen erwartet der Experte nicht. Er rechnet eher mit einer gewissen Kontinuität bei gleichzeitiger Re-Fokussierung auf die Marken und die Konsumenten. Auf jeden Fall brauche Nestle nun Stabilität, um das Vertrauen der Investoren wiederzuerlangen.
Laut Analysten Andreas von Arx von der Baader Bank ist der bisherige Konzernlenker Schneider vor allem über die Kursentwicklung bei Nestle gestolpert. 2024 hat der Kurs um zehn Prozent nachgegeben, womit die Aktie zu den zwei schlechtesten im SMI zählt. Seit dem Rekordhoch von Anfang 2022 fällt der Kursrutsch aber viel deutlicher aus. Gut ein Drittel ist er seither gefallen - und das bei einer Aktie, die von vielen Anlegern als eher defensive Anlagemöglichkeit angesehen wird.
Von Arx sieht in dem abrupten Wechsel an der Spitze denn auch ein Indiz für Anlegerdruck. Er hob vor diesem Hintergrund hervor, dass eine schnelle Entscheidung getroffen wurde. Die Besetzung mit einem internen Kandidaten sei dabei möglicherweise nicht nach dem Geschmack der Investoren, vermutet er. Diese hätten vielleicht eher eine ausführliche Suche nach einem Nachfolger begrüßt. Die Botschaft sei nun eher Stabilität als langfristige Veränderung./tih/AWP/mis/nas
Quelle: dpa-Afx