FRANKFURT (dpa-AFX) - Ungeachtet enttäuschender Industriedaten hat der Dax am Mittwoch einen Teil seiner Vortagesverluste wieder wettgemacht. Bis zur Mittagszeit gewann der deutsche Leitindex 0,99 Prozent auf 15 665,18 Punkte. Der MDax legte um 0,70 Prozent auf 34 784,60 Zähler zu und erreichte zudem ein Rekordhoch. Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 stieg um 0,65 Prozent.
"Gemessen an den Auftragseingängen müsste die Produktion jetzt unter Volldampf stehen", konstatierte Volkswirt Thomas Gitzel von der VP Bank in Liechtenstein. Doch die Daten zeigen ein anderes Bild: Die Produktion der deutschen Industrie im Mai sank verglichen mit dem Monat April um 0,3 Prozent, während Analysten einen Zuwachs von im Schnitt 0,5 Prozent erwartet hatten.
Grund ist allerdings vor allem der Materialmangel, der für sich genommen kein Grund zur Besorgnis sei, so Gitzel. Sorgen könnten dagegen Folgeeffekte bereiten, denn der Materialmangel habe auch Auswirkungen auf den Auftragseingang. "Können Waren nicht geliefert werden, verzichtet so manches Unternehmen auf eine Bestellung." Zudem dürften die wegen der Engpässe gestiegenen Preise die Bestellungen schmälern, weshalb das Gesamtpaket für die Wirtschaftsentwicklung dann durchaus noch zu einer ernstzunehmenden Gefahr werden könnte.
An diesem Abend rückt vor allem das Sitzungsprotokoll der US-Notenbank (Fed) in den Fokus, um besser einschätzen zu können, wie weit die Fed von einer Zinswende entfernt ist. US-Notenbank-Präsident Jerome Powell hatte vor drei Wochen die Märkte mit schärferen Tönen in Richtung einer Zinswende überrascht, die Schärfe kurz danach aber schon wieder etwas herausgenommen. Das Sitzungsprotokoll sollte daher laut Axi-Marktanalyst Milan Cutkovic nun mehr Klarheit darüber bringen, wie einig sich die 18 Mitglieder des Offenmarktausschusses (FOMC) sind, was den rapiden Anstieg der Inflationsraten und den Zinsausblick betrifft.
Am deutschen Aktienmarkt bewegten an diesem unternehmensseitig nachrichtenarmen Tag vor allem Analystenurteile Einzelwerte. BMW standen nach Angaben zum Absatz der Konzerngruppe im zweiten Quartal im Blick, was allerdings angesichts der auch monatlich stets veröffentlichten Absatzzahlen wenig Beachtung fand. Die Papiere des Autobauers gaben um 0,5 Prozent nach. Daimler indes sackten mit minus 1,4 Prozent an das Dax-Ende. Sie litten darunter, dass Verbraucherschützer Schadenersatz für vom Diesel-Skandal betroffene Mercedes-Kunden erstreiten wollen. Der Verbraucherzentrale Bundesverband reichte deshalb vor dem Oberlandesgericht Stuttgart eine Musterfeststellungsklage gegen den Autobauer ein.
Dagegen gewannen Heidelbergcement nach einer bekräftigten Kaufempfehlung durch die UBS an der Dax-Spitze 4,4 Prozent. Analyst Gregor Kuglitsch hob das Kursziel auf 90 Euro an und rechnet mit einer anhaltend hohen Geschäftsdynamik des Baustoffe-Herstellers im zweiten Quartal. Die Preisentwicklung sollte sich verbessert haben und der Kostendruck moderat geblieben sein. SAP rückten um 3,5 Prozent vor, nachdem die Bank of America die Aktie des Software-Unternehmens um gleich zwei Studen auf "Buy" hochgesetzt und das Kursziel von 92 auf 150 Euro angehoben hat. Analyst Frederic Boulan hob vor allem Cloud-Geschäft hervor, das Fahrt aufnehme.
Die Anteilsscheine des Sportartikelherstellers Adidas zogen um 1,6 Prozent an und profitierten von einer nun ausgesprochenen Kaufempfehlung durch die britische Großbank HSBC. Die Papiere des Bremssystem-Herstellers Knorr-Bremse für den Schwertransport wurden indes von Morgan Stanley von "Overweight" auf "Equal-weight" abgestuft, was Verluste von 1,7 Prozent nach sich zog. Die Analysten der US-Bank erwarten nun nur noch eine durchschnittliche Gesamtrendite der MDax-Aktie im Vergleich zu den anderen von ihnen beobachteten Branchenwerten.
Der Windkraftanlagenbauer Nordex , der tags zuvor seine Aufträge im zweiten Quartal bekannt gegeben hatte, informierte nun darüber, den finalen Zuschlag für einen Großauftrag in Australien erhalten zu haben. Dabei geht es um ein Großprojekt über mehr als 900 Megawatt. Die Aktie reagierte positiv und legte um 5,3 Prozent zu./ck/eas
--- Von Claudia Müller, dpa-AFX ---
Quelle: dpa-Afx