FRANKFURT (dpa-AFX) - Die Furcht vor einem Leitzinsschub treibt die Anleger am Freitag in die Defensive. Nach zwei starken Handelstagen fiel der Dax am Nachmittag um 1,58 Prozent. Mit zuletzt 14 273,79 Punkten trübte sich die charttechnische Perspektive wieder merklich ein. Auch in der Breite ging es bergab: Während der MDax um 1,14 Prozent auf 31 084,82 Punkte sank, verlor der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 1,5 Prozent.

"Die Turbulenzen an den Märkten setzen sich fort, ausgelöst durch weitere Kommentare des Vorsitzenden der US-Notenbank, Jerome Powell", schrieben die Experten der ING-Bank. Die Börsen in New York waren am Vorabend abgerutscht, nachdem Powell von einem großen Zinsschritt gesprochen hatte. Zur Bekämpfung der hohen Inflation erwägt die Fed im Mai eine Erhöhung des Leitzinses um 0,5 Prozentpunkte. Am Freitag zeichnet sich nun für den Dow Jones Industrial ein nochmals etwas schwächerer Start ab.

"Der Markt bereitet sich auf noch aggressivere Zinsschritte vor", hieß es dazu von der Commerzbank. Die Befürchtung konjunktureller Folgen wird damit größer. "Mit jedem Tag anhaltender Unsicherheiten nimmt die Wahrscheinlichkeit für das Eintreten des Risikoszenarios zu", sieht Chefvolkswirt Carsten Mumm von der Privatbank Donner & Reuschel die Gefahr einer Rezession in der Eurozone und möglicherweise auch in den USA. Neben der Zinsperspektive verwies er auf die Auswirkungen der Ukraine-Krise und die sich verstärkenden Lieferkettenprobleme als weitere Belastungsfaktoren.

Als von steigenden Zinsen besonders belastet gelten schon länger die technologielastigen Wachstumswerte. Vor diesem Hintergrund waren deutsche Online-Unternehmen wie Delivery Hero , Zalando oder Hellofresh mit bis zu 3,6 Prozent Abschlag am Freitag unter den Verlierern im Dax.

Covestro war im Leitindex nur optisch das Schlusslicht, die Titel des Kunststoffkonzerns wurden ex Dividende gehandelt. Gleiches galt für den Autozulieferer Schaeffler im SDax .

Die zuletzt stützende Berichtssaison brachte dieses Mal durchwachsene Nachrichten: Die ebenfalls dem Tech-Sektor zugerechneten SAP -Aktien gerieten wegen einer enttäuschenden operativen Gewinnmarge mit 4,4 Prozent unter Druck, auch wenn die Umsatzentwicklung des Softwarekonzerns am Markt als ermutigend bezeichnet wurde. Laut dem Baader-Bank-Experten Knut Woller ist die operative Enttäuschung den Auswirkungen des Kriegs geschuldet.

Doch es gab auch bessere Nachrichten: Metro blickt positiver auf das laufende Geschäftsjahr, wie am Vorabend nach Börsenschluss mitgeteilt wurde. Im vergangenen Quartal lieferte neben guten Geschäften mit Hotels und Restaurants auch die hohe Inflation dem Großhandelskonzern Rückenwind. Mit einem Anstieg um 5,2 Prozent wurden die mittlerweile im SDax gelisteten Aktien zur klar positiven Ausnahme in dem von Inflationssorgen geprägten Umfeld.

Größere Ausschläge gab es im Index der Kleinwerte im Verlauf bei den Titeln der Adler Group . Nach einem frühen Kurssprung um ein Fünftel relativierte sich das Plus auf zuletzt noch 4,3 Prozent. Das Ergebnis einer Sonderuntersuchung durch die KPMG-Wirtschaftsprüfer sorgte bei den Anlegern für Erleichterung, das Immobilienunternehmen sieht sich von Vorwürfen des systematischen Betrugs entlastet. Nahe dem Jahreshoch bei 14 Euro nahmen die Anleger jedoch schnell wieder Gewinne mit.

Die größte positive Dax-Ausnahme waren die Papiere von Heidelbergcement , die um 2,3 Prozent zulegten. Die Titel des Baustoffkonzerns wurden angetrieben von einem optimistischen Ausblick des Konkurrenten Holcim , der mit weiter schwungvollen Geschäften rechnet. Eine von der Societe Generale gestrichene Kaufempfehlung wurde so nicht zur Belastung.

Am Devisenmarkt gab der am Vortag sehr gefragte Euro auf 1,0821 US-Dollar nach. Die EZB hatte den Referenzkurs am Vortag auf 1,0887 Dollar festgesetzt.

Am Rentenmarkt stieg die Umlaufrendite von 0,79 Prozent am Vortag auf 0,83 Prozent. Der Rentenindex Rex fiel um 0,24 Prozent auf 135,81 Punkte. Der Bund-Future bewegte sich zuletzt knapp mit 0,01 Prozent im Plus bei 153,77 Punkten./tih/jha/

--- Von Timo Hausdorf, dpa-AFX ---

Quelle: dpa-Afx