PARIS/FRANKFURT/MAILAND/MADRID (dpa-AFX) - Der Ausgang der ersten Runde der Parlamentswahlen in Frankreich hat am Montag die Aktien europäischer Banken auf Erholungskurs geschickt. Der insbesondere seit der Europawahl schwächelnde Branchenindex Stoxx Europe 600 Banks
Zwar hatte am Sonntag in Frankreich Marine Le Pens Rassemblement National (RN) erwartungsgemäß die erste Wahlrunde für sich entschieden. Allerdings war der Vorsprung der Rechtsnationalen nicht so deutlich ausgefallen wie befürchtet. Das Ergebnis der zweiten Runde am 7. Juli ist daher nach wie vor offen, da Präsident Emmanuel Macron und das linke Lager den Sieg Le Pens mit einer gemeinsamen Front bei den Stichwahlen zu verhindern versuchen.
Die Erholung setzt ein, nachdem Ende Mai/Anfang Juni die Bankbranche im Zuge der jüngsten Europawahl einen kräftigen Dämpfer erhalten hatte. Nach Erreichen eines Mehrjahreshochs Anfang Juni bei 205,5 Punkten - es war der höchste Stand seit August 2015 gewesen - ging es vorwiegend abwärts. Im Maximum hatte der Stoxx 600 Banks etwas mehr als acht Prozent eingebüßt.
Vor allem die Bankwerte in Frankreich hatten angesichts vorangegangener Befürchtungen und der anschließenden Ergebnisse der Europawahl am 10. Juni gelitten. BNP Paribas
Die Erholung erfasste auch Aktien von Banken anderer Länder, die wegen des Europawahlausgangs ebenfalls gelitten hatten: Deutsche Bank
Grund für die Verluste waren Sorgen von Anlegern, dass zunehmend mehr Länder nationale Interessen über europäische stellen, was negative Folgen für die Wirtschaft in der EU hätte. Diese Befürchtungen waren angeheizt worden, als Frankreichs Staatspräsident Macron nach dem deutlichen Sieg von Le Pens RN bei der Europawahl überraschend Neuwahlen für die Nationalversammlung angekündigt hatte.
Der Ausgang der ersten Wahlrunde nun, bei welcher der RN laut den Experten der Dekabank wohl auch aufgrund der sehr hohen Wahlbeteiligung etwas schwächer als erwartet abschnitt, sorgt ihnen zufolge nun für eine gewisse Erleichterung an den Märkten. Er habe sogenannte "Short-Covering-Rallys" bei Aktien, dem Euro und französischen Staatsanleihen (OAT) ausgelöst, schreiben sie.
Mit Short-Positionen wird auf fallende Kurse gewettet. Daher werden die entsprechenden Papiere oder die Währung vorher nicht gekauft, sondern lediglich geliehen. Die Hoffnung ist, später dann, nach eingetretenen Kursverlusten, die Wertpapiere oder Währung zu einem tieferen Kurs zurückkaufen zu können. Geht die Wette jedoch nicht auf, müssen Verluste begrenzt, also die offenen Positionen rasch glattgestellt werden. Wird so eine erhöhte Nachfrage ausgelöst, treibt das die Kurse noch weiter hoch und verstärkt den negativen Effekt für den Halter von Short-Positionen.
Einig sind sich Experten verschiedener Banken wie der Deutschen, der DZ oder der Berenberg Bank zudem darin, dass der RN zwar die erste Wahlrunde gewonnen hat, dies aber über die zweite Runde noch nichts aussage.
Das aktuelle Ergebnis habe im Vergleich zu den vorangegangenen Umfragen ein etwas niedrigeres Ergebnis für den RN ergeben, begründet etwa Deutsche-Bank-Analyst Sharath Kumar die positiven Kursreaktionen französischer Banken. Schwankungen dürften ihm zufolge aber andauern, da die Unsicherheit weiterhin hoch sei.
Eine Pattsituation, also "ein Parlament ohne klare Mehrheit bleibt das wahrscheinlichste Ergebnis", schreibt Chefökonom Holger Schmieding von Berenberg nach der ersten Wahl. Dass der RN in der zweiten Runde möglicherweise noch eine absolute Mehrheit der Sitze gewinnen könnte, scheine nun sogar etwas unwahrscheinlicher als zuvor. Auch das Risiko eines Szenarios, in dem die vereinigte Linke die Macht übernehmen und ihre kostspielige Agenda umsetzen könnte, scheine weiter gesunken zu sein.
Schlimmer als eine Pattsituation ist laut Schmieding jedoch, wenn nach den Wahlen Rechte und Linke trotz ihrer gegensätzlichen politischen Grundrichtung gemeinsam gegen Macrons wachstumsfördernde Reformen agieren. Er sieht ein wesentliches Risiko vor allem darin, "dass sich Le Pens Partei und Teile der Linken in einem Parlament ohne klare Mehrheit in einigen ausgewählten Fragen zusammenschließen, um Macrons Rentenreform abzuschwächen und die 'Kaufkraft' der Bürger zu stärken, etwa durch niedrigere Mehrwertsteuer auf Energieprodukte oder durch zusätzliche Subventionen."/ck/nas/men
Quelle: dpa-Afx