MÜNCHEN (dpa-AFX) - Europas größter Versicherer Allianz
DAS IST LOS BEI DER ALLIANZ:
Die Corona-Krise kommt auch Europas größten Versicherer teuer zu stehen. Im ersten Quartal schlugen die Schäden und die Marktturbulenzen bereits mit rund 700 Millionen Euro zu Buche. Und Finanzchef Guilio Terzariol erwartete schon im Mai, dass vor allem durch den Ausfall von Großveranstaltungen noch einige Belastungen hinzukommen. Neben den Olympischen Spielen in Japan wurden auch andere Veranstaltungen in die Zukunft verschoben. Das Münchner Oktoberfest wurde für 2020 gleich ganz abgesagt.
Im ersten Quartal belastete der versicherte Ausfall von Großveranstaltungen den Dax-Konzern bereits mit rund 200 Millionen Euro, und laut Terzariol könnte die Summe im Rest des Jahres auf bis zu 400 Millionen Euro steigen. Auch in der Betriebsausfall- und Betriebsschließungsversicherung könnte zu den bereits verbuchten etwa 200 Millionen Euro noch etwas hinzukommen.
Der konzerneigene Kreditversicherer Euler Hermes rechnete schon für den Rest des Jahres mit praktisch keinem Gewinn mehr. So stiegen nicht nur die versicherten Zahlungsausfälle, sondern wegen des Wirtschaftseinbruchs gingen auch die Einnahmen in dem Geschäft zurück, sagte Terzariol.
Und die Allianz-Führung um Vorstandschef Oliver Bäte ging davon aus, dass der Konzern auch in der Lebens- und Krankenversicherung sowie im Fondsgeschäft seine ursprünglichen Gewinnpläne verfehlt. Zwar konnten die Fondstöchter Pimco und Allianz Global Investors (AGI) ihren operativen Gewinn im ersten Quartal deutlich steigern. Allerdings zogen Anleger im Zuge der Börsenturbulenzen unter dem Strich mehr als 46 Milliarden Euro aus den Fonds des Konzerns ab. Dies dürfte auch Folgen für die künftigen Erträge von Pimco und AGI haben.
Die Corona-Krise erwischt zudem die angeschlagene Industrieversicherungstochter AGCS mitten in der Sanierung. Der neue Spartenchef Joachim Müller soll AGCS bis zum Jahr 2024 wieder auf Kurs bringen. Der Bereich schreibt schon länger rote Zahlen.
DAMIT RECHNET DAS UNTERNEHMEN:
Sein ursprüngliches Ziel, in diesem Jahr einen operativen Gewinn von 11,5 bis 12,5 Milliarden Euro zu erreichen, hat Allianz-Chef Bäte wegen der Corona-Krise Ende April kassiert. Eine neue Prognose hat er wegen der Unsicherheit um die weitere Entwicklung der Pandemie und ihrer wirtschaftlichen Folgen bisher nicht ausgegeben. Das ursprüngliche Ziel sei aber wohl nicht zu erreichen, hatte er bei der Vorlage der Zahlen zum ersten Quartal Mitte Mai gesagt.
DAMIT RECHNEN DIE ANALYSTEN:
Von der Nachrichtenagentur Bloomberg bis Dienstag befragte Experten erwarten, dass der Versicherer die Krise im laufenden Jahr mit vergleichsweise leichten Blessuren übersteht. Im Schnitt rechnen sie mit einem operativen Jahresgewinn von 10,2 Milliarden Euro. Das wäre rund 14 Prozent weniger als 2019. Beim Nettogewinn rechnen sie mit einem stärkeren Rückgang um 21 Prozent auf 6,2 Milliarden Euro.
Experten zufolge dürften die Rückgänge vor allem die Ergebnisse der ersten Jahreshälfte betreffen. Für das zweite Quartal erwarten von dem Versicherer selbst befragte Analysten beim operativen Gewinn einen Rückgang von 23 Prozent auf gut 2,4 Milliarden Euro. Der Überschuss dürfte um 31 Prozent auf knapp 1,5 Milliarden Euro eingebrochen sein.
Während der operative Gewinn im Fondsgeschäft etwa so hoch liegen dürfte wie ein Jahr zuvor, rechnen Experten im Schaden- und Unfallgeschäft mit einem Rückgang um rund 30 Prozent. In der Lebens- und Krankenversicherung haben sie im Schnitt einen Rückgang um rund 21 Prozent auf dem Zettel.
DAS MACHT DIE AKTIE:
Die Corona-Krise hat auch die Allianz-Aktie zwischenzeitlich hart erwischt. Von ihrem im Februar erreichten Mehrjahreshoch von 232,55 Euro ging es binnen weniger Wochen bis Mitte März um rund die Hälfte auf 117,10 Euro nach unten. Seitdem hat sich der Kurs einigermaßen erholt. Zuletzt wurde die Allianz-Aktie wieder zu rund 181 Euro gehandelt.
Wer im Februar bei der Allianz eingestiegen war, bevor die Corona-Krise die Finanzmärkte voll erfasste, hat damit immer noch einen Kursverlust von mehr als 20 Prozent in den Büchern stehen. Seit dem Jahreswechsel steht ein Minus von rund 17 Prozent zu Buche. Wer mutig am Tiefpunkt im März zugegriffen hat, konnte bis Anfang August hingegen ein Kursplus von rund 50 Prozent einfahren.
Auf etwas längere Sicht sieht es etwas durchwachsen aus. So ist die Allianz-Aktie auch nach der jüngsten Kurserholung noch immer weniger wert als noch vor einem oder drei Jahren. Wer vor fünf Jahren Allianz-Aktien gekauft und sie vor der Corona-Krise nicht abgestoßen hat, dürfte sich daher zwar über entgangene Kursgewinne ärgern. Allerdings hat er oder sie aus heutiger Sicht immer noch ein Plus von rund 18 Prozent erzielt - und jedes Jahr eine üppige Dividende./stw/men/stk
Quelle: dpa-Afx