(neu: Aussagen aus der Pressekonferenz, aktualisierte Kursreaktion)
MÜNCHEN (dpa-AFX) - Der Energietechnikkonzern Siemens Energy
Im laufenden Geschäftsjahr dürfte bei Siemens Gamesa nochmals ein bereinigter Verlust von rund zwei Milliarden anfallen, teilte Siemens Energy bei der Vorstellung der Jahresbilanz am Mittwoch in München mit. Gamesa kämpft mit Qualitätsproblemen mit Landturbinen, Anlaufschwierigkeiten bei Meeresanlagen (Offshore) und deutlich höheren Kosten. Der Verkauf der neuen Landturbine 5.X ist derzeit ausgesetzt, im Offshore-Bereich konzentriert sich das Unternehmen vorerst auf den Hochlauf der Fabriken. Aufträge sollen selektiver angenommen werden. Deswegen rechnet Siemens Energy mit niedrigen Auftragseingängen.
Die Rückkehr zur Gewinnschwelle sieht Vorstandschef Bruch erst im Geschäftsjahr 2025/26. Um dies zu schaffen und Gamesa wieder profitabel zu machen, werde derzeit der Umfang der Geschäfte der Windkraftsparte überprüft. Weitere Details sollen am Kapitalmarkttag am 21. November veröffentlicht werden. Jedoch kündigte der Vorstandschef an, sich auf bestimmte Regionen und Produkte zu konzentrieren. Die Windkraft als Ganzes stehe nicht zur Disposition, auch im Onshore-Bereich nicht, sagte Bruch. Trotz der Belastungen sieht er "gute Fortschritte" bei Gamesa.
Das Windgeschäft riss Siemens Energy im vergangenen Geschäftsjahr tief in die roten Zahlen. Das Unternehmen wies 2022/23 (per Ende September) einen Verlust nach Steuern von knapp 4,6 Milliarden Euro aus. Ein Jahr zuvor hatte das Minus bei 712 Millionen Euro gelegen. Im vierten Geschäftsquartal fiel nochmals ein Verlust von 870 Millionen Euro an. Die restlichen Geschäfte laufen solide, können die Verluste im Windbereich aber nicht ausgleichen.
"In einem äußerst herausfordernden Jahr für Siemens Energy wachsen zwei Drittel unserer Geschäfte profitabel und haben ihre Jahresziele erreicht oder übertroffen", sagte Bruch. Die Nachfrage nach den Produkten von Siemens Energy ist weiter hoch: Im abgelaufenen Geschäftsjahr lag der Auftragseingang mit gut 50 Milliarden Euro rund ein Drittel höher als 2022. Der Auftragsbestand wuchs um gut ein Siebtel auf 112 Milliarden.
Im laufenden Geschäftsjahr soll der Verkauf von Geschäftsteilen die Ergebnisentwicklung stützen. Siemens Energy erwartet 2,5 Milliarden bis 3,0 Milliarden Euro Mittelzuflüsse aus Veräußerungen und aus einem beschleunigten Portfolioumbau. Einschließlich dessen geht das Management für 2023/24 von einem Gewinn nach Steuern von bis zu einer Milliarde Euro aus.
Am Dienstag hatte das Bundeswirtschaftsministerium im Ringen um Garantien für Siemens Energy einen Durchbruch gemeldet. Private Banken gewähren Siemens Energy Garantielinien von insgesamt 12 Milliarden Euro. Diese werden teilweise durch die Bürgschaft des Bundes von 7,5 Milliarden Euro abgesichert. Insgesamt geht es um Garantien von 15 Milliarden Euro, mit denen Aufträge abgesichert werden sollen. Laut Bruch spricht der Konzern zudem mit anderen Ländern wie Spanien über Garantien als Teil des Pakets. Dabei sollen laut Siemens Energy 3 Milliarden von anderen Beteiligten kommen. Diese Summe werde durch eine Kombination aus staatlichen Programmen in anderen Ländern, der EU und der Optimierung von Garantien gesichert.
Zudem wird Siemens Energy 18 Prozent an der indischen Gesellschaft Siemens Limited an seinen früheren Mutterkonzern Siemens verkaufen, um seine Bilanz zu verbessern. Bisher hält Energy als Folge seiner Ausgliederung aus dem Siemens-Konzern im Jahr 2020 noch 24 Prozent daran. Der Erlös soll bei 2,1 Milliarden Euro liegen. Die erwarteten Zuflüsse sind in der Jahresprognose von Energy bereits enthalten.
Darüber hinaus haben sich Siemens Energy und Siemens darauf geeinigt, dass Siemens ein mögliches Ausfallrisiko der Garantien von bis zu einer Milliarde Euro absichert. Als Absicherung hierfür ist unter anderem ein Aktienpaket von fünf Prozent an dem Indien-Geschäft vorgesehen. Siemens werde keine neuen Garantien für Siemens Energy gewähren, teilte der Technologiekonzern separat mit.
Am Aktienmarkt überwog am Vormittag die Erleichterung über die Einigung Energys mit Bund, Banken und dem früheren Mutterkonzern Siemens über die Garantien und deren Absicherung. Analyst Akash Gupta von der US-Bank JPMorgan sieht das Risiko einer Kapitalerhöhung kurzfristig kleiner werden. Die im Dax notierte Aktie gewann zwischenzeitlich fast neun Prozent. Gegen Mittag lag sie noch mit knapp sechs Prozent im Plus.
Jefferies-Analyst Simon Toennessen bemängelte hingegen den Ausblick, insbesondere bezüglich Margen und Mittelflüssen. Zudem nannte er das vierte Geschäftsquartal durchwachsen. Der Aktienkurs von Siemens Energy war nach Bekanntwerden der Gespräche mit dem Bund massiv eingebrochen./nas/stw/men
Quelle: dpa-Afx