SAN BERNARDINO/LEVERKUSEN (dpa-AFX) - Bayer
Ein Bayer-Sprecher sprach am Freitag von einer weiteren "positiven Entwicklung in den Glyphosat-Rechtsstreitigkeiten in jüngster Zeit". So sei es Teil des Plans zum Beenden der Glyphosat-Rechtsstreitigkeiten, dass Fälle vor Gericht gebracht würden, wenn "Klägeranwälte unrealistische Forderungen stellen." Der Anwalt der Klägerin führte die Niederlage indes auf technische Umstände zurück, da der Prozess auch online via Zoom geführt wurde. Er kündigte an, in Berufung gehen zu wollen.
Bayer hatte bereits im Oktober einen anderen Fall für sich entscheiden können. Damals hatte eine Geschworenen-Jury in Los Angeles befunden, dass die Erkrankung eines Jungen mit dem Non-Hodgkin-Lymphom nicht auf die Verwendung von Roundup zurückgeht.
Grundsätzlich hat der Konzern im Rahmen eines groß angelegten, milliardenschweren Vergleichspakets derweil bereits viele US-Klagen beigelegt. Rund elf Milliarden Dollar stellte Bayer dafür zurück. "Von den im Geschäftsbericht genannten circa 125 000 Fällen handelt es sich um etwa 98 000 Fälle, einschließlich derjenigen, die nicht die Vergleichskriterien erfüllen", schrieb Bayer im jüngsten Quartalsbericht. Die Zahlen beziehen sich auf den Stichtag 22. Oktober. Dabei betont Bayer weiterhin die Sicherheit von Glyphosat bei sachgemäßer Anwendung.
Das Vergleichspaket ist die Folge jahrelanger Rechtsstreitigkeiten gewesen, in deren Zuge Bayer die ersten drei Prozesse verloren hatte und zu hohen Schadenersatzzahlungen verdonnert worden war. Der Konzern hatte sich die Rechtskonflikte rund um Roundup 2018 mit dem über 60 Milliarden Dollar teuren Kauf des US-Saatgutriesen Monsanto ins Haus geholt.
Viel wichtiger als der aktuelle Prozesssieg ist allerdings die anstehende Entscheidung des US Supreme Court über die Annahme eines der verlorenen Fälle zur Verhandlung. Die Richter beratschlagen darüber an diesem Freitag, am Montag dürften sie ihre Entscheidung dann bekannt geben.
In dem Antrag an den Supreme Court argumentiert Bayer mit der sogenannten Federal Preemption. Der Konzern vertritt demzufolge die Ansicht, Schadenersatzansprüche wegen angeblich fehlerhafter Warnungen vor Krebsrisiken könnten nach einzelstaatlichem Recht nicht bestehen, wenn sie mit Bundesrecht kollidieren. Denn die verantwortliche Bundesbehörde habe eine solche Warnung verboten.
Sollte der Fall verhandelt werden und eine höchstrichterliche Entscheidung zugunsten von Bayer fallen, käme das einem Befreiungsschlag gleich. Die Leverkusener versprechen sich davon, die Glyphosat-Streitigkeiten dann im Grunde beenden zu können. Vor allem mögliche künftige Klagen stehen dabei im Fokus.
Für den Fall, dass der Supreme Court sich mit dem Glyphosat-Verfahren nicht befassen will oder letztlich gegen Bayer entscheidet, hatte der Konzern im Sommer weitere Rückstellungen von 4,5 Milliarden US-Dollar gebildet. Mit dem Geld würde Bayer dann ein Programm aufsetzen, um in den kommenden 15 Jahren mit den Forderungen neuer Kläger umzugehen.
Die Entscheidungen des Supreme Court werden auch immens wichtig für den Aktienkurs. So haben die Bayer-Aktien seit der ersten Niederlage in einem Glyphosat-Prozess im Sommer 2018 die Hälfte ihres Wertes verloren./mis/eas/men
Quelle: dpa-Afx