MANNHEIM (dpa-AFX) - Die konjunkturelle Belebung hat dem Industriedienstleister Bilfinger im zweiten Quartal Auftrieb gegeben. Dank des Sparkurses kehrte der Mannheimer Konzern in die Gewinnzone zurück. Für das Gesamtjahr wird der Konzern etwas zuversichtlicher. Zudem plant Bilfinger, einen Teil der Erlöse aus dem Verkauf der Beteiligung an Apleona an die Aktionäre auszuschütten. Die Aktie legte im Mittagshandel um bis zu 10 Prozent auf knapp 30 Euro zu. Seit Jahresanfang verteuerte sich das Papier um rund 16 Prozent.

"Ich bin sehr zufrieden mit den Fortschritten, die wir vorweisen können", sagte Interimschefin Christina Johansson am Mittwochabend laut Mitteilung. Die im Jahr 2020 eingeführten Sparprogramme zahlten sich nun aus. Ermutigend sei vor allem die Verbesserung der Profitabilität. "Wir gehen davon aus, dass sich dieser Trend im Gesamtjahr fortsetzen wird", erklärte sie. Der gestiegene Auftragsbestand ebne darüber hinaus den Weg für Bilfingers Wachstumsambitionen 2022.

Für das laufende Jahr peilt das Unternehmen nun eine Marge gemessen am operativen Ergebnis (bereinigtes Ebita) von etwa drei Prozent und damit über dem Vorkrisenniveau 2019 an, wie der SDax -Konzern bereits am Mittwochabend mitteilte. 2019 hatte die Marge bei 2,4 Prozent gelegen. Für das laufende Jahr rechnet Bilfinger weiter mit einem deutlichen Umsatzwachstum.

Im zweiten Quartal legte der Umsatz im Jahresvergleich um 23 Prozent auf 977 Millionen Euro zu. Dazu trugen alle Sparten bei. Der Auftragseingang stieg um 14 Prozent auf gut eine Milliarde Euro. "Wir hatten somit das beste Quartal seit mehr als einem Jahr", sagte Johansson in einer Telefonkonferenz. Damit erhöhte sich der Auftragsbestand auf rund 2,85 Milliarden Euro.

Nach einem operativen Verlust von 35 Millionen Euro im Vorjahresquartal machte Bilfinger im zweiten Quartal einen um Sondereffekte bereinigten Gewinn vor Zinsen, Steuern und Firmenwertabschreibungen (Ebita) von 26 Millionen Euro. Dazu trugen vor allem geringere Kosten bei. Die bereinigte Ebita-Marge betrug 2,6 Prozent. Unter dem Strich wies Bilfinger einen Gewinn von 13 Millionen Euro aus nach einem Fehlbetrag von 60 Millionen Euro ein Jahr zuvor.

Derweil will der Industriedienstleister mit einem Teil des Geldes aus dem Verkauf der Beteiligung an Apleona vorzeitig Schulden tilgen. Erst jüngst flossen Bilfinger 458 Millionen Euro aus dem Weiterverkauf der ehemaligen Facility-Management-Tochter zu. Ein anderer Teil soll an die Aktionäre in Form eines Aktienrückkaufs und einer Sonderdividende gehen sowie für Wachstum - sowohl aus eigener Kraft als auch durch Zukäufe - verwendet werden.

Bilfinger werde 109 Millionen Euro für die vorzeitige Ablösung der ausstehenden Tranchen der Schuldscheindarlehen im Oktober 2021 statt im April 2022 verwenden. Dies führe zu einer Zinseinsparung von drei Millionen Euro, hieß es. Zudem werden Vorstand und Aufsichtsrat der Hauptversammlung 2022 eine Sonderdividende von 3,75 Euro je Aktie vorschlagen. Insgesamt sollen so rund 150 Millionen Euro an die Aktionäre fließen. Dies erfolge zusätzlich zur regulären Dividende für das Geschäftsjahr 2021. Größter Aktionär ist der Finanzinvestor Cevian, der knapp ein Viertel der Anteile an Bilfinger hält.

Darüber hinaus plane das Unternehmen, Aktien mit einem Volumen von bis zu 100 Millionen Euro zurückzukaufen. Das Aktienrückkaufprogramm soll im Sommer 2022 starten. Auch diesem Vorgehen muss die Hauptversammlung zustimmen. Die derzeit gehaltenen eigenen Aktien mit einem Umfang von etwa acht Prozent sollen zu Beginn des neuen Programms eingezogen werden.

Wachsen will Bilfinger zukünftig auch wieder durch Zukäufe. "Es gibt sicherlich geografische Märkte, wo es uns auch gut tun würde, die eine oder andere Akquisition zu machen", sagte die Interimschefin. So sei Bilfinger im US-Markt noch relativ klein. Das Unternehmen könne sich dort vorstellen, neben organischem Wachstum auch durch gezielte Übernahmen zu wachsen. Denkbar seien auch Ergänzungszukäufe im Bereich Energien aufgrund der Veränderungen. Bis zu welchem finanziellen Umfang Bilfinger zukaufen will, wollte Johansson nicht sagen. "Das Wichtigste ist, dass wir die richtigen Zukäufe finden", betonte sie. Das Management habe klare Vorstellungen, wie es Mehrwert schaffen könne. Über die Finanzierung mache sie sich dann weniger Sorgen. "Wir haben Mittel und wir können weitere Mittel aufnehmen", fügte sie hinzu.

Immer wieder flammen Übernahmegerüchte auf. Vor wenigen Monaten hieß es aus Kreisen, dass Bilfinger nach monatelangem Zerren ein Angebot des französischen Konkurrenten Altrad als zu niedrig abgelehnt habe. Gerüchte über das Interesse des Unternehmens an Bilfinger waren seit Februar ein Thema gewesen. "Übernahmegerüchte kommentiere ich nicht, ich glaube, ein Alleingang ist ein guter Weg für Bilfinger", sagte Johansson. "Momentan verfolgen wir den Weg als eigenständiger börsennotierter Konzern". Bilfinger ist an der Börse rund 1,2 Milliarden Euro wert.

Derweil muss Bilfinger einen neuen Unternehmenschef suchen, denn Johansson will den Konzern nur vorübergehend leiten. Sie sei nicht besorgt, wenn es bei der Suche nach einem neuen Unternehmenschef länger dauere. Es habe Zeiten gegeben, in denen es bei Bilfinger relativ viel Wechsel gab. Deshalb wolle der Aufsichtsrat jemanden finden, der auch zu Bilfinger passe und auch das Unternehmen in den nächsten Jahren gut begleite. Der damalige Konzernchef Tom Blades hatte im Januar mit sofortiger Wirkung sein Mandat niedergelegt.

Der Brite stand seit Mitte 2016 an der Bilfinger-Spitze und hatte nach dem Verkauf des Tafelsilbers, den Immobiliendienstleistungen, einen tiefgreifenden Umbau eingeläutet. Zudem führte Blades ein umfangreiches Compliance- und Kontrollsysteme ein, da Bilfinger bis Ende 2018 unter anderem wegen eines Korruptionsfalls seiner ehemaligen Tochter Julius Berger in Nigeria unter Beobachtung des US-Justizministeriums stand./mne/eas/jha/

Quelle: dpa-Afx