KARLSRUHE (dpa-AFX) - Wer nach einem Geschäft über die Internetplattform Ebay
In dem Fall hatte ein Mann über Ebay bei einem Unternehmen aus Bayern vier Gelenkbolzenschellen gekauft. Von den gezahlten 19,26 Euro waren 4,90 Euro Versandkosten. Als Bewertung schrieb er nach Erhalt der Produkte im Bewertungsprofil: "Ware gut, Versandkosten Wucher!!"
In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) von Ebay heißt es zum Thema Bewertungen: "Nutzer sind verpflichtet, in den abgegebenen Bewertungen ausschließlich wahrheitsgemäße Angaben zu machen. Die von Nutzern abgegebenen Bewertungen müssen sachlich gehalten sein und dürfen keine Schmähkritik enthalten." So werden Äußerungen genannt, bei denen es nicht um die Sache geht, sondern das Herabwürdigen im Vordergrund steht. Beide Seiten hatten den AGB zugestimmt.
Der Wortlaut der AGB sei nicht eindeutig, sagte die Vorsitzende Richterin des achten Zivilsenats am BGH, Rhona Fetzer. Mehrere Interpretationen seien möglich. Und das weitreichende Grundrecht der freien Meinungsäußerung sei dabei tangiert.
Hier setzte auch BGH-Anwalt Thomas Kofler an, der den Kunden vertritt. AGB dürften nicht die Meinungsfreiheit einschränken, sagte er. Wie hoch die Versandkosten sind, könnte jeder potenzielle Käufer einfach nachprüfen. Die Vertreterin der Gegenseite, Brunhilde Ackermann, zielte auf die Wortwahl ab: ""Wucher" ist schon ein scharfes Geschütz." Da gebe es keinen Sachbezug. Der Kunde habe die Versandkosten von Anfang an gekannt und das Geschäft abgeschlossen.
Die Verkäuferin, die Schlauchland GmbH, hält die Bewertung für unzulässig und will, dass der "Wucher"-Kommentar entfernt wird. Das Amtsgericht in Weiden in der Oberpfalz hatte das abgelehnt. Die Bewertung sei in einen Zusammenhang mit den Versandkosten gestellt. Das Landgericht in Weiden wiederum entschied im Berufungsverfahren, es handele sich um eine überspitzte Beurteilung ohne sachlichen Bezug, weil für einen objektiven Leser nicht erkennbar sei, warum die Versandkosten "Wucher" sein sollen. Gegen das Urteil ging der Käufer in Revision.
Aus Sicht von Rechtsanwalt Sebastian Lehr, der die Firma in Weiden vertrat, handelt es sich um eine Art Präzedenzfall, "da die rechtliche Frage zu klären ist, inwieweit die Abgabe einer negativen Bewertung eine vertragliche Nebenpflichtverletzung darstellen kann". Solche Bewertungen stellten ein erhebliches Ärgernis für nahezu den gesamten Online-Handel dar, teilte der Jurist mit. Viele Kunden vertrauten auf die Bewertung vormaliger Käufer. Das sei teils wichtiger als der Ruf einer Marke oder eines Unternehmens.
Ungerechtfertigte negative Bewertungen seien demzufolge erheblich geschäftsschädigend, betonte Lehr. Der finanzielle Schaden sei nicht abzuschätzen, weil unklar sei, wie viele potenzielle Kunden sich auf diese Weise abschrecken lassen. Negative Bewertungen seien keine Ausnahme. "Diese kommen leider immer wieder einmal vor." Es ist nach seinen Angaben auch keine Seltenheit, dass Kunden mit absichtlich negativen Kommentaren drohten, um etwa Preisnachlässe oder eine Rückgabe von Waren nach Ablauf der Widerrufsfrist durchzusetzen./kre/DP/zb
Quelle: dpa-Afx