BERLIN (dpa-AFX) - Der Online-Gebrauchtwagenhändler Auto1 hat zu Jahresbeginn Fortschritte bei seiner kostspieligen Privatkundenoffensive gemacht. Im Tagesgeschäft und auch unter dem Strich fallen bei den Berlinern wegen hoher Investitionen in Wachstum und Werbung weiter Verluste an, aber neben dem starken Umsatzplus legte zuletzt auch der Bruttogewinn je verkauftem Auto an Privatkunden zu. Die zuletzt desolat gelaufene Aktie war am Mittwoch gefragt.

Der Kurs des im Kleinwerteindex SDax gelisteten Papiers gewann gegen Mittag rund 5,5 Prozent auf 8,02 Euro. Für die Anleger dürfte das aber nur ein schwacher Trost sein, denn im laufenden Jahr steht noch ein Minus von fast 60 Prozent zu Buche. Nach dem Börsengang im Februar 2021 hatte die Aktie im darauffolgenden Monat auf ihrem Rekordhoch sogar 52,74 Euro gekostet. Doch inzwischen ist das Unternehmen an der Börse noch 1,7 Milliarden Euro wert.

Die Resultate der ersten drei Monate seien weitgehend wie erwartet ausgefallen, schrieb Barclays-Analyst Andrew Ross. Laut Goldman-Sachs-Expertin Lisa Yang hatte Auto1 beim Umsatz ihre Annahmen geschlagen. Langfristig sei das Risiko-Chancen-Profil der Aktie eher positiv, schrieb Ross, auch wenn der Analyst nicht damit rechnet, dass die Anleger kurzfristig ihre Liebe zum Titel wiederentdecken.

Wie bereits bekannt verkaufte Auto1 im ersten Quartal 169 610 Autos und damit 30 Prozent mehr als im Vorjahresquartal. Den weit überwiegenden Teil der Verkäufe wickelt Auto1 im Großhandel mit Autohändlern ab, hier ist das Unternehmen auch groß geworden. Der Anteil der Privatkunden (Autohero, wirkaufendeinauto.de) liegt mit 14 558 verkauften Autos noch niedrig, legt aber zu. Auto1-Chef Christian Bertermann will den Online-Kauf von Gebrauchtwagen bei privaten Autofahrern zum Standard machen und mit der eigenen Marke Autohero Platzhirsch in dem Bereich werden.

Ob das gelingt, wird sich noch zeigen müssen und die Skepsis bei Anlegern bleibt. In puncto Investorengunst dürfte es laut Beobachtern wie Barclays-Experte Ross auch wenig helfen, dass der große US-Anbieter Carvana derzeit in massiven Schwierigkeiten steckt, mehrere Tausend Jobs streicht und einige Standorte wohl dichtmacht.

Ross sprach von weiter bestehender Unsicherheit, wohin der Weg von Autohero führe. Aber mit den nun anziehenden Roherträgen sehe der Weg des Konzerns hin zur Gewinnschwelle glaubwürdiger aus. Im ersten Quartal erzielte Autohero ein Rohergebnis von 718 Euro je Fahrzeug - im Vorquartal waren es nur 418 Euro gewesen, vor einem Jahr gar nur 255 Euro. Aber vor dem Unternehmen liegt noch ein gutes Stück Arbeit: Bertermann hat für das kommende Jahr 1000 Euro Rohertrag je Auto als Ziel ausgerufen, und mittelfristig soll der Verkaufspreis 3000 Euro höher liegen als der Ankauf.

Der gesamte Konzernerlös stieg um 82 Prozent auf 1,64 Milliarden Euro, wie Auto1 mitteilte. Dabei hilft neben dem Wachstum bei verkauften Autos auch das derzeit hohe Preisniveau bei Gebrauchtwagen. Der durchschnittliche Verkaufspreis von Autos im Großhandel zog von 6544 Euro vor einem Jahr auf diesmal 8987 Euro an.

Vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen sowie um Sondereffekte bereinigt lag der Verlust bei 47,6 Millionen Euro und damit gut dreimal so hoch wie vor einem Jahr. Analysten hatten mit einem Wert in dieser Größenordnung gerechnet. Auch für das Gesamtjahr hat Auto1 wegen Ausgaben in Werbung und neues Personal nach wie vor auf bereinigter Basis einen operativen Verlust in Höhe von 2 bis 3 Prozent des Umsatzes eingeplant.

Unter dem Strich reduzierte das Unternehmen den Verlust der ersten drei Monate auf 66,9 Millionen Euro, nach 252,9 Millionen Euro ein Jahr zuvor. Im ersten Quartal 2021 hatten hohe Belastungen aus der vorzeitigen Rückzahlung einer Wandelschuldverschreibung zu Buche geschlagen./men/tav/jha/

Quelle: dpa-Afx