ELLWANGEN (dpa-AFX) - Der stark angeschlagene Batteriekonzern Varta
"Die neuesten Entwicklungen verschlechtern die Situation für Aktionäre nochmals deutlich", kommentierte Analyst Michael Punzet von der DZ Bank. "Die angestrebte finanzielle Neuaufstellung der Varta AG geht deutlich zulasten der bestehenden Aktionäre und Gläubiger." Der Experte senkte den fairen Wert der Aktien von 8 Euro auf 0 Euro.
Varta ist schon länger schwer angeschlagen. Das einst brummende Geschäft mit wiederaufladbaren Lithium-Ionen-Knopfzellen unter anderem für damals boomende kabellose Kopfhörer musste wegen zurückhaltender Verbraucher und Konkurrenz aus Asien schwere Dämpfer einstecken. Das Geschäft mit Wallboxen zum Speichern von Strom unter anderem für das Aufladen von Elektroautos kam zudem nicht recht in Schwung. Der Aktienkurs ist schon länger auf Talfahrt.
So wurde Varta 2017 für 17,50 Euro an die Börse gebracht und war lange Zeit gefragt. Anfang 2021 war der Kurs bis auf 181,30 Euro gestiegen. Seither geht es aber nach unten. Am Montag kosteten die Papiere zuletzt nur noch 3,65 Euro. Der Börsenwert des Unternehmens lag damit bei noch rund 155 Millionen Euro. Etwas mehr als die Hälfte der Aktien sind im Eigentum von Montana Tech Components, die wiederum dem Aufsichtsratschef Michael Tojner gehört.
Während die Mitteilung vom Sonntag die Sicherung von Arbeitsplätzen und den Schutz von Gläubigerinteressen hervorhob, enthielt sie für die bisherigen Aktionäre eine bittere Nachricht: Beide der Gesellschaft vorliegenden Restrukturierungsvorschläge sehen eine vereinfachte Herabsetzung des Grundkapitals der Gesellschaft auf null Euro verbunden mit einer anschließenden Kapitalerhöhung mit Bezugsrechtsausschluss und unter Ausgabe neuer Aktien vor.
Da die bestehenden Anteilseigner dem entschädigungslosen Verlust ihres gesamten Aktienpakets und dem vollständigen Herausdrängen aus dem Unternehmen nach Einschätzung von Varta kaum mit der erforderlichen Mehrheit von 75 Prozent des anwesenden Grundkapitals zustimmen dürften, soll das Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz (StaRUG) zum Tragen kommen.
Dieses sieht vor, dass einzelne Aktionäre oder Gläubiger keine Rechte mehr haben, um ein operativ lebensfähiges Unternehmen nicht im Bestand zu gefährden. Dabei soll auch ein Schuldenschnitt vorgenommen werden, dem die Gläubiger laut Mitteilung aber nur zustimmen würden, wenn das Eigenkapital auf null herabgesetzt wird.
Varta habe einen finanziellen Bedarf im hohen zweistelligen Millionen-Euro-Bereich. Zur Deckung sei auch die Beteiligung von Finanzgläubigern und Investoren vorgesehen. Hierzu liefen aktuell Verhandlungen unter anderem mit dem bisherigen Mehrheitseigentümer Michael Tojner, der auch Aufsichtratschef ist, und dem Sportwagenbauer Porsche AG
Große Gläubiger sehen den heute skizzierten Plan nach Informationen aus Finanzkreisen skeptisch, da sie von der geplanten Kapitalerhöhung ausgeschlossen würden. Die Möglichkeit, nach dem Kapitalschnitt frisches Geld zu geben und damit weiter am Unternehmen beteiligt zu sein, bliebe dem bisherigen Mehrheitsaktionär und Porsche vorbehalten. Diese widerspreche einer fairen Gleichbehandlung.
Das ist nach Einschätzung großer Gläubiger allerdings eine Voraussetzung, damit das StaRUG-Verfahren überhaupt Chancen auf Erfolg habe. Den Kreise-Informationen zufolge wurden die von den großen Gläubigern gemachten Vorschläge, die bereits seit einiger Zeit vorliegen, bisher nicht ausreichend gewürdigt. Und dies, obwohl Varta-Chef Michael Ostermann in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur Reuters am Sonntag beteuerte, beide Vorschläge zum Wohle von Varta prüfen zu wollen.
Bei den Verbindlichkeiten, die Varta großen institutionellen Kreditgebern wie Banken und Hedge-Fonds schuldet, geht es dem Vernehmen nach um einen Konsortialkredit und Schuldscheine in der Summe von knapp einer halben Milliarde Euro. Gläubigervertreter setzen daher darauf, enger in die geplanten Rettungsschritte eingebunden zu werden./he/zb/mne/mis
Quelle: dpa-Afx