FRANKFURT (dpa-AFX) - Die Furcht vor einem Leitzinsschub treibt die Anleger am Freitag in die Defensive. Nach zwei starken Tagen fiel der Dax in der ersten Handelsstunde um 1,32 Prozent zurück. Mit 14 310,74 Punkten trübte sich die charttechnische Perspektive wieder merklich ein. Auch in der Breite ging es bergab: Während der MDax um 0,90 Prozent auf 31 161,65 Punkte sank, verlor der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 1,4 Prozent.

"Die Turbulenzen an den Märkten setzen sich fort, ausgelöst durch weitere Kommentare des Vorsitzenden der US-Notenbank, Jerome Powell", schrieben die Experten der ING-Bank am Morgen. Die Börsen in New York waren am Vorabend abgerutscht, nachdem Powell von einem großen Zinsschritt gesprochen hatte. Zur Bekämpfung der hohen Inflation erwägt die US-Notenbank im Mai eine Erhöhung des Leitzinses um 0,5 Prozentpunkte.

"Der Markt bereitet sich auf noch aggressivere Zinsschritte vor", hieß es dazu von der Commerzbank. Marktbeobachter Thomas Altmann von QC Partners fürchtet konjunkturelle Folgen. Für Unternehmen würden höhere Zinsen neben hohen Energiekosten und anhaltenden Lieferkettenproblemen schon zum dritten großen Belastungsfaktor.

Als von steigenden Zinsen besonders belastet gelten schon länger die technologielastigen Wachstumswerte. Vor diesem Hintergrund waren Online-Unternehmen wie Delivery Hero , Zalando oder Hellofresh mit bis zu vier Prozent Abschlag unter den Kursverlierern im Dax. Covestro war nur optisch das Schlusslicht, die Titel des Kunststoffkonzerns wurden ex Dividende gehandelt.

Die zuletzt stützende Berichtssaison brachte durchwachsene Nachrichten: Die ebenfalls dem Tech-Sektor zugerechneten SAP -Aktien gerieten wegen einer enttäuschenden operativen Gewinnmarge mit 4,3 Prozent kräftig unter Druck, auch wenn die Umsatzentwicklung des Softwarekonzerns am Markt als ermutigend bezeichnet wurde. Laut dem Baader-Bank-Experten Knut Woller ist die enttäuschende operative Entwicklung den Auswirkungen des Kriegs geschuldet.

Doch es gab auch bessere Nachrichten: Dank anhaltend hoher Stahlpreise sowie einem gestiegenen Gewinnbeitrag der Beteiligung Aurubis hat Salzgitter am Vorabend nach Börsenschluss die Ergebnisprognose für das laufende Jahr erhöht. Die Titel legten nur leicht um 0,1 Prozent zu. Am Vortag hatten sie bei Anlegern schon besonders hoch im Kurs gestanden.

Ähnliches wurde am Vorabend vom Großhandelskonzern Metro vermeldet, der ebenfalls positiver auf das laufende Geschäftsjahr blickt. Beim Umsatz sei nun mit einem Wachstum von 9 bis 15 Prozent zu rechnen, hieß es. Zuvor war Metro von 3 bis 7 Prozent ausgegangen. Die im SDax gelisteten Aktien legten 2,5 Prozent zu.

Noch stärker bewegt waren im Index der Kleinwerte die Titel der Adler Group mit einem Kurssprung um zuletzt 16 Prozent. Das Ergebnis einer Sonderuntersuchung durch die KPMG-Wirtschaftsprüfer sorgte bei den Anlegern für große Erleichterung. Das Immobilienunternehmen sieht sich danach von Vorwürfen des systematischen Betrugs entlastet. In einer Mitteilung hieß es, es seien zwar gewisse Mängel festgestellt, aber keine Beweise für systematische Vergehen gefunden worden.

Die größte positive Dax-Ausnahme waren die Papiere von Heidelbergcement , die 2,5 Prozent zulegten. Die Titel des Baustoffkonzerns wurden angetrieben von einem optimistischen Ausblick des Konkurrenten Holcim , der mit weiter schwungvollen Geschäften rechnet. Eine von der Societe Generale gestrichene Kaufempfehlung wurde so nicht zur Belastung./tih/jha/

Quelle: dpa-Afx