FRANKFURT (dpa-AFX) - Rückenwind von den US-Börsen und die Hoffnung auf eine erste Zinssenkung in der Eurozone haben dem Dax am ersten Handelstag im Juni Gewinne beschert. Der Leitindex stieg am Montag um 0,60 Prozent auf 18 608,16 Punkte, im Handelsverlauf kratzte er sogar an der runden Marke von 18 700 Punkten. Der Sprung über seine 21-Tage-Linie, die ein beliebter Indikator für den kurzfristigen Trend ist, gelang ihm aber letztlich nicht. Der MDax mit den mittelgroßen deutschen Werten gewann 0,92 Prozent auf 26 963,49 Punkte.

Von Beginn an holten die europäischen Börsen eine späte Freitagsrally an den New Yorker Börsen nach. Dort profitierten zum Wochenstart die Tech-Werte an der Nasdaq von Neuigkeiten der Halbleiterkonzerne Nvidia und AMD zum Hype-Thema Künstliche Intelligenz (KI). Schon vor dem Wochenende hatten Indizes wie der S&P 500 anfängliche Sorgen um die Profitabilität mit KI letztlich abgeschüttelt.

Die Anleger setzten am Montag außerdem darauf, dass die Europäische Zentralbank (EZB) im Wochenverlauf erstmals die Zinsen senkt. "Ein Verzicht auf diesen Zinsschritt wäre eine herbe Enttäuschung für die Marktakteure und würde die Glaubwürdigkeit der Notenbank grundlegend beschädigen", schrieben die Experten der DZ Bank. Frische Konjunkturdaten widerlegten die These einer ersten Zinssenkung am Donnerstag nicht: Die Stimmung in den Industrieunternehmen der Eurozone erreichte im Mai zwar den höchsten Stand seit 14 Monaten, blieb aber klar unter der wichtigen Wachstumsmarke von 50 Punkten.

Unternehmensseitig war die Nachrichtenlage in Deutschland relativ ruhig. Die Aktien von Borussia Dortmund gerieten im SDax mit 7,3 Prozent unter Druck, nachdem der erhoffte Triumph im Champions-League-Finale gegen Real Madrid ausgeblieben war. Der BVB hatte das Endspiel der Königsklasse am Samstag mit 0:2 verloren.

Auch Analystenkommentare waren ein Thema: Nachdem die Citigroup ihre Kaufempfehlung strich, gaben die Aktien der Commerzbank im Dax um ein Prozent nach. Analyst Borja Ramirez Segura wird skeptischer für die Ertragsentwicklung wegen Bedenken, dass Kunden in der hoch fragmentierten Bankenlandschaft in Deutschland Einlagen abziehen könnten. Außerdem dämpfte er die Hoffnung auf eine mögliche Übernahme des Frankfurter Bankhauses.

Für Hannover Rück dagegen hat die UBS ihre bisherige Verkaufsempfehlung aufgegeben. Nach der Hochstufung auf "Neutral" gehörten die Aktien mit einem Anstieg um zwei Prozent zu den Dax-Gewinnern. Der Rückversicherer dürfte eine aktiv erwartete Sturmsaison relativ unbeschadet überstehen, schrieb Analyst Will Hardcastle. Er hält Chancen und Risiken nun für ausgeglichen.

Delivery Hero profitierten ebenfalls von einem Lob der UBS und legten als einer der stärksten MDax-Werte um 4,5 Prozent zu. Analyst Jo Barnet-Lamb schrieb, dass sich die koreanische Tochter Baemin des Essensliferdienstes Marktanteile in einem wachsenden Markt zurückhole. Der Experte stützte sich dabei auf Lieferdaten für April. Investitionen von Delivery Hero begännen sich auszuzahlen.

Nemetschek kamen im MDax auf ein Plus von 4,8 Prozent. In New York zogen die Aktien des Konkurrenten Autodesk deutlich an wegen eines überzeugenden Quartalsberichts, der am Freitag nach US-Börsenschluss bekannt gegeben wurde.

Im Nebenwertebereich fiel außerdem das frühere SDax-Mitglied New Work mit einem Kurssprung um 10,2 Prozent auf. Mit einem Angebot des Großaktionärs Burda Digital sollen die Aktien bald von der Börsenbildfläche verschwinden. Den Aktionären werden dafür 66,25 je Aktie in bar geboten. Mit 66,00 Euro näherte sich der Kurs diesem Angebotsniveau.

Auch die Tui-Aktien gehörten mit 7,3 Prozent zu den großen Gewinnern. Sie wurden angetrieben von der Insolvenz des Konkurrenten FTI. Von der Absage künftiger FTI-Reisen könnte Tui mit zusätzlicher Nachfrage profitieren, hieß es am Markt. Außerdem wird in den kommenden Tagen die Verkündung der baldigen Wiederaufnahme der Aktie in den MDax erwartet.

Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 stieg 0,40 Prozent auf 5003,54 Punkte. Der Cac 40 in Paris und der FTSE 100 in London bewegten sich kaum. In den USA geriet der Dow Jones Industrial zum europäischen Börsenschluss etwas unter Druck und verlor mehr als ein halbes Prozent.

Am Devisenmarkt legte der Euro nach schwachen Stimmungsdaten aus der US-Industrie merklich zu und wurde zuletzt mit 1,0888 US-Dollar gehandelt. Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs auf 1,0842 (Freitag: 1,0852) US-Dollar fest. Der Dollar kostete damit 0,9223 (0,9214) Euro.

Am Rentenmarkt fiel die Umlaufrendite von 2,75 Prozent am Freitag auf 2,69 Prozent. Der Rentenindex Rex stieg um 0,33 Prozent auf 123,53 Punkte. Der Bund-Future legte 0,56 Prozent auf 130,01 Zähler zu./niw/ngu

--- Von Nicklas Wolf, dpa-AFX ---

Quelle: dpa-Afx