MAINZ (dpa-AFX) - Die Blockade eines höheren Rundfunkbeitrags durch Sachsen-Anhalt verzögert aus Sicht des ZDF-Intendanten Thomas Bellut die Debatten über eine Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. "Ich glaube, dass der notwendige Gang nach Karlsruhe den Dialog eher behindert", sagte Bellut der Deutschen Presse-Agentur. ARD, ZDF und Deutschlandradio klagen beim Bundesverfassungsgericht, weil Sachsen-Anhalt die Erhöhung des Rundfunkbeitrags von monatlich 17,50 Euro auf 18,36 Euro zum 1. Januar blockiert.
Bellut sagte, ein konstruktiver Austauschprozess zu Rundfunkreformen sei in den Ländern bereits avisiert gewesen. Er zeigte auch Verständnis dafür. "Natürlich wollen alle mitsprechen, wie ein öffentlich-rechtliches Rundfunksystem aussehen kann. Ich bin offen dafür, wenn es beiträgt, Strukturen zu verbessern." Der Intendant betonte auch: "Wir haben in Deutschland den digitalen Umbau, und der verlangt ohnehin, dass wir uns weiter entwickeln." Der Gang nach Karlsruhe verzögere diesen Reformprozess, "weil jetzt alle warten". "Das ist das Problem."
Die Koordinatorin der Länder-Rundfunkkommission und rheinland-pfälzische Medienstaatssekretärin, Heike Raab, hatte unlängst nach einer Sondersitzung der Länder wegen der Blockade aus Magdeburg mitgeteilt, dass man die Beratungen zur Novellierung des Senderauftrags fortsetzen wolle. "Hier hatten wir Ende vergangenen Jahres bereits gute Vorschläge erarbeitet", sagte die SPD-Politikerin.
Dem Bundesverfassungsgericht liegen Verfassungsbeschwerden der öffentlich-rechtlichen Sender vor. Zudem stießen die Sender im Dezember auch Eilverfahren für eine vorläufige Entscheidung an, bis es in der Hauptsache ein Urteil gibt. Was das genau für die Haushalte in Deutschland heißt, ist unklar. Wann die Karlsruher Richter entscheiden, ist nicht bekannt. In den Eilverfahren könnte das noch in diesem Jahr geschehen.
Das schwarz-rot-grün regierte Sachsen-Anhalt ist das einzige Bundesland, das sich gegen die Erhöhung stemmt. Alle anderen haben dem Staatsvertrag, der ein Beitragsplus von 86 Cent vorsieht, zugestimmt.
In Magdeburg kam es im Landtag erst gar nicht dazu. Dort hätte die CDU mit der AfD-Opposition eine Mehrheit gegen die geplante Erhöhung bilden können. Die Koalitionspartner SPD und Grüne sind für das Beitragsplus - das Ganze hätte zum Bruch führen können. Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) nahm den Gesetzentwurf deshalb kurz vor der Abstimmung zurück. Die anderen Länder unterstützen nun die Verfassungsbeschwerden der Sender.
Bellut forderte von Politikern eine "offene und ehrliche Diskussion" zur Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und verwies auf die Rollenverteilung der Kompetenzen: Die Länder beschlössen den Umfang des Programms selbst, betonte er mit Blick auf Forderungen nach weniger Programmen. Die Intendantinnen und Intendanten seien aber für die Inhalte zuständig.
Aus Sicht des ZDF-Intendanten ist frühere Kritik aus Ostdeutschland an seinem Sender nachvollziehbar. Vieles sei in der vorigen Beitragsdebatte vor vier Jahren berechtigt gewesen. "Der Osten ist nicht immer ausreichend beachtet worden." Es habe zudem zu wenig Karrieren von Mitarbeitern mit Ost-Lebensläufen beim ZDF gegeben. Auch für die Forderung, im Osten mehr Produktionen anzusiedeln, weil dann auch Wirtschaftswert dorthin gehe, zeigte Bellut Verständnis.
Dass solche Kritik in Sachsen-Anhalt nun wieder aufkam, kommentierte Bellut so: "Aber all das haben wir in den letzten Jahren umgesetzt." Als Beispiele nannte er in Sachsen-Anhalt das Bauhaus-Jubiläum. Auch das Luther-Jubiläum 2017 sei im Programm breit abgebildet worden. "Wir hatten gute Argumente, es hat mir auch nie jemand widersprochen", sagte er zu Debatten mit Politikern in Magdeburg. "Aber es hat alles nicht gewirkt."
Bellut versicherte zugleich, dass sich durch die Blockade nichts am Verhältnis des Senders zu Sachsen-Anhalt ändere. "Wir werden nicht nachlassen, die Zuschauer im Osten und in Sachsen-Anhalt anzusprechen. Es ändert sich also gar nichts dadurch im Umgang mit Sachsen-Anhalt." Flankierend sagte er in Richtung Landespolitik: "Ich werde ihnen die nächste Ablehnung sehr schwer machen."/rin/DP/zb
Quelle: dpa-Afx