HOLZMINDEN (dpa-AFX) - Gut gefüllte Restaurants, Erholung des Reiseverkehrs und die Liebe der Menschen zu ihren Haustieren: Bei Symrise dürfte es weiter rund laufen. Deutlich steigende Kosten dürfte der Hersteller von Duftstoffen, Aromen und Lebensmittelzusätzen an die Kunden weiterreichen. Gleichzeitig konsolidiert die Branche. Symrise könnte perspektivisch zum Übernahmeziel werden oder sich mit einem Wettbewerber zusammenschließen. Was bei Symrise los ist, was Analysten sagen und was die Aktie macht.

DAS IST LOS BEI SYMRISE

Dank seiner breiten Aufstellung kam das Unternehmen sehr gut durch die Corona-Krise. Nun kommt den Niedersachsen die Belebung vieler Wirtschaftsbereiche nach den Corona-Lockdowns der Vorjahre zugute. Sonnencreme und Parfüms - gerade die hochpreisigen Marken werden vor allem an Flughäfen verkauft - sind wieder stärker gefragt. Der Außer-Haus-Verzehr von Essen treibt den Umsatz mit entsprechenden Zusatzstoffen, zum Beispiel für Getränke, an. Und Haustier-Besitzer geben immer mehr für die Ernährung ihrer Liebsten aus.

So wuchs der Geschäftsbereich Pet Food bereits zum Jahresstart prozentual zweistellig. Das Segment hatte Symrise in den vergangenen Jahren auch mit Übernahmen stark ausgebaut, etwa 2019 mit dem Kauf des US-Proteinanbieters ADF/IDF. Zuletzt kam Anfang 2022 mit einem kleineren Kauf der niederländische Hersteller von Proteinen aus Eiern Schaffelaarbos dazu. Jüngst wurde die Übernahme des chinesischen Herstellers von Geschmacksstoffen für Heimtierfutter Wing Pet Food abgeschlossen.

Dieser Bereich rund um Heimtiernahrung gehört zur Sparte Taste, Nutrition & Health, die daneben auch die Geschäfte mit Aromen für Lebensmittel und Getränke sowie mit Zutaten etwa für Medikamente und Nahrungsergänzungsmittel bündelt. Hier profitiert Symrise auch von vermehrten Freizeitaktivitäten der Menschen und einem zunehmenden Außer-Haus-Verzehr, was die Nachfrage nach Anwendungen für Getränke und würzige Produkte antreibt.

In der zweiten großen Sparte Scent & Care geht es vornehmlich um Düfte und Zusätze für Körperpflegeprodukte, Kosmetik und Reinigungsmittel. Sie hinkte zum Jahresstart beim Wachstum ein Stück hinterher, die globalen Lieferkettenprobleme hatten auch vor Symrise nicht haltgemacht. Hier wird nun der Blick auf die Entwicklung im zweiten Quartal spannend.

Im laufenden Jahr will Symrise aus eigener Kraft um 5 bis 7 Prozent wachsen. Dabei sind Übernahmen und Wechselkurseffekte ausgeklammert, die beide beim nominalen Wachstum Rückenwind liefern dürften. Als Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) sollen 2022 rund 21 Prozent hängen bleiben, trotz Gegenwinds durch steigende Rohstoffpreise. Mittelfristig strebt das Unternehmen bis zum Ablauf des Geschäftsjahres 2025 eine operative Gewinnmarge von 20 bis 23 Prozent an.

Den Wachstumskurs des Konzerns verantwortet seit fast 13 Jahren Heinz-Jürgen Bertram, dessen Vertrag noch bis Ende 2025 läuft. Er führte den Konzern aus der Weltfinanzkrise und trieb das Wachstum beständig voran, auch mit vielen Übernahmen. Investoren schätzen den Manager sehr - der Aktienkurs hat sich während seiner Amtszeit vervielfacht.

Bertram dürfte das Wachstum auch weiter mit Akquisitionen untermauern, vor allem mit kleineren, ergänzenden Deals. Aber auch im größeren Maßstab wandelt sich die Branche. So schloss der Aromaspezialist IFF im vergangenen Jahr den Kauf des Geschäfts mit Nahrungszusätzen vom Chemiekonzern Dupont ab. Im Mai 2022 sorgte dann die Ankündigung der Fusion der Schweizer Firmenich und der niederländischen DSM für Wirbel. Das neue Unternehmen mit einem kombinierten Umsatz von mehr als elf Milliarden Euro soll das Biotech- und Ernährungs-Know-how von DSM mit den Duftstoff- und Aromen-Fähigkeiten der Schweizer bündeln. Zum Vergleich: Symrise erzielte 2021 einen Umsatz von knapp vier Milliarden Euro.

DAS SAGEN DIE ANALYSTEN

Analyst Thomas Swoboda von der französischen Bank Societe Generale (SocGen) sieht Symrise denn auch als ein attraktives Ziel beziehungsweise als attraktiven Fusionspartner. IFF und nun auch Firmenich-DSM seien tief integrierte, globale Anbieter in Sachen Ernährung und Duftstoffe, und das Spielfeld der Branche bewege sich immer mehr auch im Biowissenschaftsbereich. Das setzte die Konkurrenz unter Druck, sich breiter aufzustellen und zu wachsen.

Vor allem Givaudan dürfte dabei auf größere Übernahmen setzen, erklärt Swoboda. Ein Kauf von Symrise wäre dabei am sinnvollsten und dürfte auch kartellrechtlich keine unüberwindbaren Hürden haben. Allerdings sei Givaudan aktuell recht hoch verschuldet und werde wohl ein bis zwei Jahre brauchen, bis ein solcher Deal gestemmt werden könnte. Weitere Unternehmen, die eine Branchenkonsolidierung vorantreiben könnten, seien Chr. Hansen, Kerry und Novozymes, wobei Symrise aktuell wohl der begehrteste Partner sei. Der SocGen-Analyst hält Symrise aber auch so für attraktiv. Das Unternehmen dürfte weiter ein attraktives Wachstum erzielen, sei mit seinem Ernährungsgeschäft im Falle eines Wirtschaftsabschwungs defensiv aufgestellt, profitiere mit Blick auf globale Lieferengpässe von seiner tiefen Rückwärtsintegration und hebe die Verkaufspreise proaktiv an. Vor diesem Hintergrund stufte der Analyst die Aktien jüngst von "Halten" auf "Kaufen" hoch und hob das Kursziel von 130 auf 140 Euro an.

Auch Charlie Bentley von Investmenthaus Jefferies ist optimistisch. Symrise dürfte mit den Zahlen zum zweiten Quartal, die am 2. August erwartet werden, eine hohe Preissetzungsmacht unter Beweis stellen, mit der es gelinge, höhere Rohstoffpreise auf die Kunden umzulegen. Das untermauere ein Wachstum aus eigener Kraft im hohen einstelligen Prozentbereich sowie einer Erholung der operativen Gewinnmarge im Gesamtjahr 2022.

Analysten blicken insgesamt recht zuversichtlich auf Symrise. Von 14 von der Finanz-Nachrichtenagentur dpa-AFX seit der Vorlage der Zahlen zum ersten Quartal erfassten Experten empfehlen sieben den Kauf, sieben raten zum "Halten". Einen Verkauf der Papiere hält keiner der Experten für angemessen. Das durchschnittliche Kursziel liegt mit 118 Euro aber nur knapp über dem aktuellen Kurs von rund 114 Euro.

DAS MACHT DIE AKTIE

Die über viele Jahre verwöhnten Symrise-Aktionäre haben im laufenden Jahr wenig Grund zur Freude. Der Ukraine-Krieg und Rezessionssorgen angesichts der hohen Inflation und steigernder Zinsen machte auch vor den Papieren der Niedersachsen nicht halt. Aktuell steht 2022 ein Minus von knapp 13 Prozent auf dem Kurszettel. Immerhin: Damit hielten sich die Aktien bislang besser als der Dax, der trotz seiner jüngsten Erholung um fast 16 Prozent fiel.

Zum Jahreswechsel hatten die Papiere mit circa 130 Euro noch nahe ihres Rekordes notiert, bis Juni ging es dann auf gut 94 Euro nach unten. Seither läuft eine Erholung.

Ein Blick auf die Historie des Papiers zeigt indes die langfristige Erfolgsgeschichte: Symrise startete im Jahr 2006 mit einem Kurs von 17,25 Euro an der Börse. Nach anfänglichen Gewinnen fiel der Kurs dann im Zuge der Weltfinanzkrise 2008/09 auf rund 7 Euro. Seither kannte das Papier im Grunde nur den Weg nach oben.

Kursknicke wie den im laufenden Jahr gab es dabei immer mal wieder. Sie konnten dem langfristigen Aufwärtstrend bislang nicht anhaben. Der würde erst bei einem deutlicheren und längeren Rutsch unter den Bereich um die 90 Euro Kratzer bekommen.

Beim Börsenwert bringt Symrise aktuell 16,6 Milliarden Euro auf die Waage, was einen Platz im hinteren Drittel des Dax bedeutet. Der Konkurrent Givaudan kommt auf umgerechnet gut 31 Milliarden Euro, ebenso wie IFF./mis/mne/jha/

Quelle: dpa-Afx