BERLIN (dpa-AFX) - Der Tankstellen-Interessenverband hat der Politik nach den tödlichen Schüssen in Idar-Oberstein vorgeworfen, Mitarbeiter an Tankstellen mit der Durchsetzung von Corona-Maßnahmen allein zu lassen. "Mit den Corona-Regeln wälzt die Politik polizeiliche Aufgaben auf Unternehmen ab. Der Tankstellenbedienstete wird zum Polizisten", kritisierte Sprecher Herbert Rabl im Gespräch mit der "Welt". Die Mitglieder des Verbands berichteten von Bußgelddrohungen durch Ordnungsämter. "Es gibt also auch einen hohen Druck, Regeln durchzusetzen, selbst wenn dies womöglich gefährlich sein könnte."
Straßenverkehr, hohe Spritpreise, Wartezeiten, Corona-Regeln: In Tankstellen kämen viele Themen mit Aggressionspotenzial zusammen, sagte Rabl weiter. "Die Mitarbeiter sind besorgt und fragen sich: Wie werden wir geschützt? Wer hilft uns?"
Stephan Zieger, Geschäftsführer des Bundesverbands freier Tankstellen, sieht das größte Problem darin, dass die Tankstellen kaum durchgreifen könnten. "Wenn ein Kunde den Shop betritt, hat er schon getankt. Sie müssen ihn dann also auch abkassieren", sagte er. "Es ist eine sehr schwierige Situation, weil Polizei und Ordnungsamt nicht sofort greifbar sind. Aber das ist auch der Preis für eine offene Gesellschaft." Die meisten Kunden seien freundlich, wenn man sie auf die Maskenpflicht hinweise. "Aber es gibt eben auch Menschen, die sich durch Beschimpfungen auszeichnen. Die Aggressivität einiger Kunden erstaunt uns immer wieder."
Einem 49-jährigen Deutschen wird vorgeworfen, in Idar-Oberstein einem 20 Jahre alten Kassierer in der Tankstelle in den Kopf geschossen zu haben. Der junge Mann hatte ihn zuvor auf die Maskenpflicht hingewiesen. Nach seiner Festnahme sagte der Täter den Ermittlern zufolge, dass er die Corona-Maßnahmen ablehne. Der zuvor nicht polizeibekannte Deutsche sitzt wegen Mordverdachts in Untersuchungshaft./lif/DP/zb
Quelle: dpa-Afx