BONN (dpa-AFX) - Die Deutsche Telekom hat den Verkauf eines Smartphones ohne sichtbare Apps gestartet. Möglich macht das ein mit Künstlicher Intelligenz (KI) ausgestatteter Sprachassistent. Der Nutzer sieht zunächst nur eine magentafarbene Handy-Oberfläche und stellt eine Frage, woraufhin der Sprachassistent des amerikanischen KI-Unternehmens Perplexity antwortet und Informationen einblendet, etwa Shopping-Vorschläge oder Übersetzungen von Speisekarten im Restaurant.

Auf Apps zu klicken, ist nicht mehr nötig. Diese befinden sich zwar auf dem Handy, laufen aber im Hintergrund. Man kann die KI-Oberfläche wegwischen und sieht die Apps dann wie üblich.

Was andere Unternehmen bieten

Große Smartphone-Anbieter haben ähnliche Konzepte: Auch Samsung mit "Galaxy AI" und Apple mit "Apple Intelligence" setzen auf KI-Assistenten (auch KI-Agenten genannt), um die App-Nutzung zu vereinfachen. Ob die Telekom mit ihrem eigenen Smartphone gegen so starke internationale Marken bestehen kann, ist fraglich. Der Bonner Konzern setzt auf einen möglichst niedrigen Preis: Das KI-Phone der Telekom kostet nur 149 Euro und damit deutlich weniger als andere Smartphones.

Das Gerät erlaube einen "kompakten Zugriff auf diverse KI-Dienste und damit ein einfaches Erleben", sagt die Telekom-Vorständin Claudia Nemat und bewertet KI als "die große Technologie unserer Zeit", bei der es aber noch viele Berührungsängste gebe.

Eine YouGov-Umfrage unter 1.020 Menschen in Deutschland im Juli zeigte große Lücken. Die Frage, ob sie KI-Chatbots wie ChatGPT, Gemini oder Perplexity kennen, bejahten 15 Prozent der Befragten und gaben zudem an, dass sie KI-Agenten schon mal genutzt haben. 24 Prozent haben davon schon mal gehört, sie bislang aber nicht benutzt.

Wo das Smartphone produziert wird

Eine Firma in Vietnam stellt das Smartphone im Auftrag der Telekom her. Das KI-Phone ist gewissermaßen eine Weiterentwicklung des T-Phones, das die Telekom schon seit einigen Jahren verkauft. Zum Erfolg des T-Phones hält sich der Bonner Konzern bedeckt, verkaufte Stückzahlen werden nicht kommuniziert.

Es gibt zudem eine Tablet-Variante des KI-Phones. Die neuen Geräte können als Teil der Telekom-Werbestrategie verstanden werden, um als innovatives Unternehmen dazustehen.

Was die Konkurrenz macht

Die anderen deutschen Handynetz-Betreiber lassen die Finger von solchen Eigenentwicklungen. Vodafone , O2 und die United-Internet-Tochter 1&1 betonen zwar die Vorteile von KI-Funktionen für die Handhabung der Handys. Zugleich verweisen sie aber darauf, dass es am Markt bereits große Anbieter von Smartphones und KI-Technologie gebe.

"Wir setzen auf Partnerschaften mit Google , Microsoft und weiteren Anbietern, deren Smartphones und Betriebssysteme täglich millionenfach von den Verbrauchern genutzt werden", sagt Guido Weissbrich aus der Geschäftsleitung von Vodafone Deutschland.

Ein O2-Sprecher sagt, dass die etablierten Smartphone-Hersteller immer mehr KI-Funktionen in ihren Geräten integrierten. "Diese Entwicklungen setzen bereits heute Maßstäbe für Millionen Nutzerinnen und Nutzer weltweit." O2 wiederum konzentriere sich etwa auf den Einsatz von KI-Kompetenz im Mobilfunknetz.

Vorstellung lief nicht immer glatt

Die Telekom hatte ihr KI-Phone bereits im März auf der Mobilfunk-Messe MWC in Barcelona vorgestellt. Vorständin Nemat führte das Gerät vor und stellte beispielhafte Fragen, die von dem KI-Assistenten beantwortet wurden. Das klappte häufig gut - so filmte sie ihre Umgebung, woraufhin der KI-Assistent ihr präzise die Umgebung beschrieb. Das soll Menschen helfen, die schlecht sehen können oder blind sind.

Damals wurden aber auch Defizite deutlich: Einmal fragte Nemat nach den besten Tapas-Bars in Barcelona, woraufhin der KI-Assistent die Vorzüge von Helikopter-Flügen bei der Stadtbesichtigung bewarb - er äußerte sich also zu einem ganz anderen Thema. Die Telekom begründete diesen Lapsus mit der schwierigen Akustik in der Messehalle, der KI-Assistent habe die Frage missverstanden. Tatsächlich war es bei der Vorführung sehr laut./wdw/DP/zb

Quelle: dpa-Afx