(Tippfehler im ersten Satz berichtigt)

MÜNCHEN (dpa-AFX) - Der Vorstandschef des Rüstungselektronik-Herstellers Hensoldt , Thomas Müller, sieht in der europäischen Rüstungspolitik einen teuren Flickenteppich. Die Europäer sollten endlich gemeinsam Waffen beschaffen, sagte Müller am Mittwochabend im Münchner Club Wirtschaftspresse. "Wir können uns die nationalen Alleingänge nicht mehr leisten." Europa habe 172 große Waffensysteme, die USA 32: "Jetzt können Sie sich vorstellen, wie ineffizient wir unterwegs sind."

Ohne den Schutzschirm der USA hätte Europa "den Aggressionen um uns herum nichts entgegenzusetzen". Europa müsse eigenständiger werden, sagte Müller mit Blick auf den Ukraine-Krieg, die US-Wahlen, Chinas Drohungen gegen Taiwan und das iranische Atomprogramm. Ein europäischer Raketenabwehrschirm sei notwendig.

Neben US-Giganten wie Lockheed Martin oder Northrop Grumman seien die europäischen Rüstungskonzerne klein. Mit Partnerschaften und Fusionen auf Augenhöhe zu kommen sei schwer - Deutschland poche auf seine Exportbeschränkungen. Frankreich fördere seine Luftfahrt- und Rüstungsindustrie und "würde das Heft nie aus der Hand geben wollen". Auch andere zögerten, "ihre Kronjuwelen einzubringen", sagte Müller.

Die Nachfrage nach Rüstung wachse, am stärksten nach Elektronik und in Osteuropa. Auf den ukrainischen Gefechtsfeldern sei das Sammeln und Verarbeiten riesiger Datenmengen entscheidend, um gegen einen zahlenmäßig überlegenen Gegner zu überleben. Die Ukraine könne sich inzwischen mit zwei Luftabwehrschirmen Iris-T-SLM besser gegen russische Raketen und Flugzeugangriffe schützen; zwei weitere seien bestellt. Die Ukraine trage aber weniger als 5 Prozent zum Hensoldt-Umsatz von 1,7 Milliarden Euro bei.

Für Bauteile von Zulieferern gebe es heute anderthalb Jahre Wartezeit, sagte Müller. Der Radar- und Sensorikhersteller kauft 90 Prozent seiner Bauteile in Deutschland, 10 Prozent im restlichen Europa "und anderen sicheren Quellen", aber nichts aus Taiwan oder China.

Die Hensoldt AG gehört zu je 25,1 Prozent der Bundesrepublik und dem italienischen Rüstungskonzern Leonardo und beschäftigt rund 6500 Mitarbeiter, die meisten davon in Württemberg. Mitarbeiter seien nicht schwer zu finden, "Elektronik ist spannend und wir zahlen gut", sagte Müller. Rar seien nur hochspezialisierte Ingenieure für bestimmte Nischen. Zudem gebe es hohe Sicherheitshürden./rol/DP/jha

Quelle: dpa-Afx