"Wir müssen das aufarbeiten." FDP und Linke hatten beim Thema Afghanistan zuvor bereits signalisiert, für einen U-Ausschuss zu sein. Unabhängig von einem Untersuchungsausschuss forderte auch Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet eine Aufarbeitung und kritisierte eine zu späte Evakuierung afghanischer Ortskräfte durch die Bundesregierung.
Die von Union und SPD getragene Bundesregierung habe zögerlich und unkoordiniert gehandelt, sagte Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. "Im nächsten Bundestag braucht es dazu einen Untersuchungsausschuss." Alle Auslandseinsätze der Bundeswehr müssten zudem auf den Prüfstand. FDP-Chef Christian Lindner sagte der "Bild am Sonntag", es müsse alles auf den Tisch kommen, was bei der verspäteten Evakuierung von Deutschen und Helfern nicht funktioniert habe. Auch die Fehleinschätzung des Bundesnachrichtendienstes zur Lage in Afghanistan müsse Konsequenzen haben.
Baerbock sagte, einen Untersuchungsausschuss müsse es unabhängig davon geben, wer die nächste Regierung nach der Bundestagswahl Ende September stelle. Untersuchungsausschüsse sind oft das schärfste Schwert der Opposition. Um sie einzurichten, sind 25 Prozent der Stimmen im Bundestag nötig. Beim letzten U-Ausschuss zur Aufklärung des milliardenschweren Wirecard-Finanzskandals hatten Grüne, FDP und Linke diesen gemeinsam durchgesetzt.
Auch Unions-Kanzlerkandidat Laschet übte deutliche Kritik an der Bundesregierung. Ab dem 14. April, als US-Präsident Joe Biden den Abzug der US-Truppen angekündigt hab, "spätestens da hätte man sich vorbereiten müssen, hätte die Ortskräfte herausholen müssen", sagte der CDU-Chef bei Bild.TV. Man habe viel zu lange zwischen den Ministerien diskutiert. Er selbst sei damals nicht verantwortlich gewesen, hätte aber auch drängen sollen, dass man handele. Laschet nannte Außenminister Heiko Maas (SPD) als hauptverantwortlichen Minister, wies aber eine Rücktrittsdebatte derzeit als unpassend zurück. Diese verbiete sich, solange deutsche Soldaten in Afghanistan versuchten, Menschen zu retten. Laschet wiederholte das Angebot Nordrhein-Westfalens, 1000 gefährdete Afghaninnen sowie Ortskräfte aufzunehmen.
In Afghanistan haben die radikal-islamischen Taliban weitgehend kampflos und innerhalb nur weniger Tage die Macht übernommen. Westliche Länder, die lange Truppen in dem Land hatten, versuchen nun fieberhaft, eigene Staatsbürger und Hilfskräfte über den Flughafen in Kabul auszufliegen.
rtr