Die Bilanzsaison zu den Q1-Zahlen nimmt Fahrt auf. So öffnen am Donnerstag mehrere DAX-Konzerne ihre Bücher. Darunter auch der Versicherungskonzern Allianz, der bei Anlegern wegen seiner hohen Dividende und seiner stabilen Gewinne beliebt ist.
Investoren dürften bei der Veröffentlichung der Quartalszahlen besonders darauf achten, ob es neue Zahlen zum Hedgefonds-Debakel gibt. Die Verluste von US-Investoren mit ihren Hedgefonds kosten den Konzern schon jetzt schon deutlich mehr als vier Milliarden Euro, wie Vorstandsmitglied Renate Wagner auf der virtuellen Hauptversammlung am vergangenen Mittwoch sagte. Seit der Verkündung der ersten, rund 3,5 Milliarden Dollar schweren Vergleiche mit Pensionsfonds und anderen Großanlegern im Februar habe der Versicherer eine weitere Milliarde Dollar im Zusammenhang mit den "Structured Alpha"-Hedgefonds ausbezahlt und weitere Vergleiche geschlossen.
Vorstandschef Oliver Bäte stellte den Aktionären in Aussicht, dass die Allianz das Hedgefonds-Debakel schon bald hinter sich lassen könnte. Er setze auf eine "zügige und abschließende Einigung" mit Klägern und Behörden. Nach Analystenschätzungen könnte die Summe von Vergleichen mit Investoren und Strafen der Behörden in den USA mehr als fünf Milliarden Euro erreichen.
Die Allianz hat bereits 3,7 Milliarden Euro für "Structured Alpha" abgeschrieben. Netto dezimierte das den Gewinn 2021 um 2,8 Milliarden Euro. Bäte machte aber erneut deutlich, dass das noch nicht das Ende der Fahnenstange sein werde.
Durchwachsene Analysten-Schätzungen
Der operative Gewinn (Ebit) dürfte im Vergleich zum Vorjahr in diesem Quartal allerdings sinken. So erwarten Analysten dem Finanzdienstleister Bloomberg zufolge ein Ebit von 3,0 Milliarden Euro. Nach den ersten drei Monaten 2021 hatte diese Kennziffer noch 3,3 Milliarden betragen.
Der Umsatz allerdings dürfte zulegen, so die Experten. Die Konsensschätzung beträgt hierbei 43,6 Milliarden Euro. Im Vorjahr waren es noch 41,4 Milliarden Euro - das wäre ein Plus von fünf Prozent.
Vergangene Woche legte der französische Konkurrent Axa seine Zahlen für das erste Quartal vor. Im ersten Quartal kletterte der Erlös im Vergleich zum Vorjahr um zwei Prozent auf rund 31,3 Milliarden Euro. Informationen darüber, inwiefern der Krieg in der Ukraine das Geschäft belastet, die bestimmt auch für Allianz-Aktionäre interessant gewesen wäre, gab es relativ wenig. Zu den möglichen Folgen für den Gewinn gab das Management nur eine allgemeine Einschätzung ab. Nach jetziger Einschätzung dürften sich die Belastungen ähnlich wie eine mittelgroße Naturkatastrophe auswirken, sagte Finanzchef Alban de Mailly Nesle laut der Mitteilung.
Hohe Schäden an Autos durch Unwetter
Von anderer Stelle wurde am Freitag allerdings Zahlen zu den Schäden durch Unwetter veröffentlicht: "Wir haben 2021 rund 450 000 Schäden in Höhe von 1,7 Milliarden Euro an versicherten Kraftfahrzeugen gezählt", sagte Jörg Asmussen, Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Das war laut GDV nahezu das Doppelte eines durchschnittlichen Jahres.
Sturm, Hagel und Blitz verursachten demnach rund 1,3 Milliarden Euro an KFZ-Schäden. Die restlichen 400 Millionen Euro gingen laut GDV auf Überschwemmungen zurück. Im langjährigen Durchschnitt gehen bei den Autoversicherern demnach rund 390 000 Schadenmeldungen von Autobesitzern mit einer Schadensumme von etwa 900 Millionen Euro ein.
Verantwortlich für die hohen Schäden im vergangenen Jahr waren Wetterextreme: eine Unwetterserie im Juni, die vor allem Baden-Württemberg und Bayern traf, sowie die Juli-Sturzflut im Ahrtal. Während Hagel häufig nur Beulen und Dellen verursacht, waren viele überschwemmte Fahrzeuge nicht mehr zu retten.
Zinsanstieg entlastet Lebensversicherer
Der in der vergangenen Woche verkündete historische Zinsschritt der US-Notenbank Fed dürfte sich indes positiv für die Allianz - und insbesondere das Lebensversicherungsgeschäft - auswirken.
Laut einer Studie sei bei 80 untersuchten Unternehmen die für die Aufsicht maßgebliche Solvenzquote Ende 2021 binnen eines Jahres von 390 auf 480 Prozent gestiegen, teilte der Zweitmarkt-Policenaufkäufer Policen Direkt Mitte April mit. Die Kölner Ratingagentur Assekurata kommt bei der Untersuchung von 75 Lebensversicherern zu ähnlichen Ergebnissen.
"Gerade bei traditionellen Lebensversicherungsbeständen reagieren die Solenzquoten sehr sensibel auf die Marktzinsen", sagte Assekurata-Chefanalyst Lars Heermann. Steigende Zinsen wirkten sich positiv auf die Solvenzbilanzen aus. Allerdings bleibe das Solvenzkapital bei einzelnen Anbietern weiter knapp, auch weil die Wirkung von Übergangsmaßnahmen bis 2032 jedes Jahr ein Stück abnehme.
Dabei unterscheidet sich die Lage der einzelnen Anbieter erheblich. Die für die Aufsicht relevanten Solvenzquoten reichten je nach Unternehmen von unter 200 bis über 1000 Prozent, verdeutlicht Assekurata. Spitzenreiter ist die SV Versicherung mit einer Quote von 1125 Prozent. Der größte deutsche Anbieter Allianz Leben kommt auf rund 415 Prozent.
Die Solvenzquote gibt an, ob ein Versicherer auch in angenommenen Extremszenarien genügend Eigenmittel hat, um seinen Verpflichtungen gegenüber Versicherten und anderen Leistungsempfängern nachzukommen. Die Quote sollte dabei immer mindestens 100 Prozent betragen.
Einschätzung zur Allianz-Aktie
Die Allianz-Aktie hat das bislang sehr schwierige Börsenjahr relativ gut gemeistert. So steht seit Jahresbeginn "nur" ein Minus von sieben Prozent. Der deutsche Leitindex DAX hat immerhin fast 16 Prozent verloren.
Das beste Argument für die Allianz-Aktie ist die hohe Dividende. In diesen Tagen müsste die Ausschüttung für 2021 bei den Anlegern auf dem Konto eintrudeln. Auf der Hauptversammlung am vergangenen Mittwoch wurde eine Dividende von 10,80 Euro festgesetzt. Für 2022 erwarten Analysten eine Ausschüttung von 11 Euro. Aktionäre erzielen damit eine Rendite von rund fünf Prozent.
Die Experten sind der Allianz-Aktie gegenüber sehr positiv gestimmt. So empfehlen 22 der 28 bei Bloomberg gelisteten Personen das Papier zum Kauf. Sechs sprechen eine Halte-Empfehlung aus, kein einziger rät zum Verkauf.
Wir schließen uns dem an und sagen: Kaufen.
dpa-AFX/rtr/fh