"Angenommen, die Situation bleibt stabil, würde ich erwarten, dass die zweite Jahreshälfte besser wird als die erste." Die Folgen der Corona-Pandemie summierten sich in den ersten sechs Monaten des Jahres auf 1,2 Milliarden Euro. Entsprechend ging der operative Gewinn um ein Fünftel auf 4,9 Milliarden Euro zurück - für die Analysten eine positive Überraschung. Trotzdem trat die Allianz-Aktie mit 181,40 Euro auf der Stelle.
Von ihrem Ziel eines Gewinns zwischen 11,5 und 12,5 (2019: 11,9) Milliarden Euro hatte sich die Allianz bereits im April unter dem Eindruck der Krise verabschiedet. Analysten trauen ihr nach Refinitiv-Daten im Mittel aber immer noch 10,3 Milliarden zu. Andere Versicherer und Rückversicherer haben über deutlich stärkere Einbußen berichtet. Allianz-Vorstandschef Oliver Bäte wertet das als Zeichen der Widerstandsfähigkeit des deutschen Branchenprimus. "Es wird kein Rekordjahr, aber wir werden gute Ergebnisse liefern", fasste Terzariol zusammen.
An der Dividende will er daher nicht rütteln; sie soll nicht hinter die 9,60 Euro aus dem vergangenen Jahr zurückfallen. Auf eine Wiederaufnahme des ausgesetzten Aktienrückkaufs dürfte die Allianz aber angesichts der "starken Empfehlung der Regulierer" verzichten. Eine endgültige Entscheidung werde nach dem Sommer fallen, sagte der Finanzvorstand.
Rund eine halbe Milliarde Euro an Corona-Schäden kam im zweiten Quartal noch dazu, das operative Ergebnis brach deshalb um 19 Prozent auf 2,6 Milliarden Euro ein. Die größten Einbußen verzeichnete die Allianz in der Schaden- und Unfall-Sparte, die mehrfach betroffen ist: von erzwungenen Betriebsschließungen ebenso wie vom Ausfall von Konzerten und Sport-Events, gegen den sich die Veranstalter bei der Allianz versichert haben, über Warenkreditversicherungen von Euler Hermes bis zum Einbruch des Tourismus, der die Reiseversicherungen von Allianz Partners in Mitleidenschaft zog. Das trieb die Schaden-Kosten-Quote in den ersten sechs Monaten auf 96,7 (94,0) Prozent - ohne Corona läge sie Terzariol zufolge unter der Zielmarke von 94 Prozent.
Ärger mit Lehrern aus Arkansas
In der Lebensversicherung schlug die Coronakrise im zweiten Quartal mit rund 100 Millionen Euro zu Buche, vor allem in den USA, wo so viele Menschen mit einer Corona-Infektion gestorben sind wie nirgendwo sonst. Zu spüren bekam der Versicherer den "Lockdown" in vielen Ländern vor allem im Neugeschäft mit Leben- und Kranken-Policen, das um fast ein Viertel einbrach, vor allem in Deutschland und den USA. Das sei aber in diesem Jahr "nicht kriegsentscheidend", sagte der Finanzchef. In der Schaden- und Unfall-Sparte glich die Allianz Einbußen im Neugeschäft dagegen durch steigende Preise aus.
In der Vermögensverwaltung mit Pimco und Allianz Global Investors (AllianzGI) ging es nach einem schwachen Jahresstart im zweiten Quartal angesichts steigender Börsen wieder aufwärts. Mittelzuflüsse von 26 Milliarden Euro und Kursgewinne ließen das für Dritte verwaltete Vermögen um 101 Milliarden von April bis Juni auf 1,66 Billionen Euro wachsen. Bei AllianzGI stehen trotzdem Kostensenkungen an, mit deren Hilfe die Kostenquote auf 67 von 73 Prozent gedrückt werden soll. Kürzlich waren Pläne für einen Stellenabbau bekannt geworden. Ärger droht AllianzGI in den USA. Dort klagt ein Lehrer-Pensionsfonds aus Arkansas auf 774 Millionen Dollar, die er mit AllianzGI-Fonds im Abschwung an den Börsen verloren hat. Auch die US-Wertpapieraufsicht SEC habe Fragen dazu, räumte der Versicherer im Halbjahresbericht ein.
rtr