Amazon hat im boomenden Weihnachtsgeschäft einen Rekordgewinn eingefahren und trotzdem für Enttäuschung gesorgt. Der weltgrößte Online-Händler kam zwar Forderungen von Anlegern nach und schrieb ungeachtet kostspieliger Investitionen erstmals seit 2012 drei Quartale in Folge schwarze Zahlen. Steigende Kosten im operativen Geschäft schürten jedoch Sorgen, dass das Nettoergebnis nicht so schnell neue Dimensionen erreichen wird. Die in Frankfurt notierte Amazon-Aktie brach am Freitag um zehn Prozent ein. "Im Vergleich mit anderen Einzelhändlern ist Amazons Rentabilität immer noch schmerzlich schwach", sagte Neil Saunders vom Analysehaus Conlumino. Von 100 Dollar bleibe bei Amazon weniger als ein Dollar als Gewinn hängen.
Im vierten Quartal, das traditionell für den Einzelhandel das wichtigste ist, stieg der Gewinn um mehr als das Doppelte auf 482 Millionen Dollar. Analysten hatten allerdings mit einem noch größeren Sprung gerechnet. Amazon sei dem Hype nicht gerecht geworden, urteilte Adam Sarhan von der Beratungsgesellschaft Sarhan Capital.
Amazon-Finanzchef Brian Olsavsky verteidigte den Zwischenbericht und erklärte, der Ebay -Konkurrent habe sich sehr gut geschlagen. Allerdings habe der starke Dollar ungewöhnlich deutlich belastet. Der Umsatz kletterte um 22 Prozent auf 35,7 Milliarden Dollar. Währungsbereinigt lag das Plus bei 26 Prozent. Doch auch damit reichte Amazon nicht an das Wachstum von Alibaba heran: Der chinesische Konkurrent überraschte diese Woche mit einem Erlösanstieg von 32 Prozent.
Für Ernüchterung sorgten nicht nur die höheren Kosten, sondern auch das langsamere Wachstum im zukunftsträchtigen Cloud-Geschäft. Zwar schoss der Umsatz hier um fast 70 Prozent auf 2,41 Milliarden Dollar in die Höhe. Damit legte die Sparte mehr zu als jeder andere Unternehmensbereich. Im Vorquartal hatte Amazon allerdings noch ein Plus von über 78 Prozent geschafft. Im Vergleich dazu kam Microsoft in der Sparte auf einen Umsatz von 6,3 Milliarden Dollar. Beim Cloud-Geschäft können Kunden über das Internet Software oder Speicherkapazität nutzen, die ihnen von externen Rechnern zur Verfügung gestellt werden.
Seit Jahren reiben sich Anleger und Analysten an der Strategie von Amazon-Chef Jeff Bezos, stark ins Umsatzwachstum zu investieren, um Marktanteile auszubauen und dafür den Gewinn hinten anzustellen. Im abgelaufenen Quartal stiegen die operativen Kosten um mehr als ein Fünftel auf 34,64 Milliarden - das entspricht einem Plus von mehr als sieben Milliarden Dollar innerhalb von drei Monaten. Die Gelder wanderten in den Ausbau des Cloud-Angebots und der eigenen Lkw-Flotte, mehr Logistikzentren, schnellere Lieferzeiten und neue Mitarbeiter. Die Belegschaft kletterte auf Jahressicht um etwa 75.000 auf nunmehr 230.800.
Amazon baut auch sein Prime-Mitgliederprogramm weiter aus. Für einen Jahresbeitrag von 99 Dollar verschickt das Unternehmen beispielsweise Pakete teils schon innerhalb von einer Stunde und bietet stetig neue TV-Inhalte und Streaming-Produktionen aus. Ähnlich wie Google testet Amazon darüber hinaus die Auslieferung per Drohnen. Es wird geschätzt, dass das Programm weltweit rund 50 Millionen Mitglieder zählt. Laut Amazon ist die Kundenzahl der zahlenden Prime-Kunden per Ende Dezember um 51 Prozent gestiegen - kostendeckend wird damit jedoch nicht gearbeitet. Bezos hatte das Prime-Programm einst als "große Wette" bezeichnet. Offen ließ Olsavsky, ob Amazon künftig noch stärker auf Logistik-Dienstleistungen setzen will.
Reuters