BÖRSE ONLINE: Sind Immobilien als Anlageklasse langfristig noch lohnenswert?

René Höpfner: Die Immobilienpreise sind in den letzten Jahren zwar stark gestiegen - sowohl im Gewerbe- als auch im Wohnbereich. Allerdings haben die Preise anderer Anlageklassen wie Anleihen, Aktien, Infrastrukturanlagen oder Private Equity Beteiligungen ebenfalls stark angezogen. Daher ist das Preisniveau bei allen Assets insgesamt als hoch einzustufen.

Warum sollte man dann Betongold den Vorzug geben?

Relativ gesehen, sind Immobilien speziell im Vergleich etwa zu Bundesanleihen eine aus Rendite--Risikogesichtspunkten weiterhin attraktiv. Zudem bieten Immobilien stetige Ausschüttungsrenditen, Diversifikation zu Kapitalmärkten und auch langfristig Inflationsschutz. Diesem Profil entsprechen am ehesten noch Infrastrukturanlagen.

Welche Rolle spielt in dem Zusammenhang der aktuell große Spread zwischen Anleihe- und Immobilienrenditen?

Aufgrund des anhaltenden Niedrigzinsumfeldes ist der Spread zwischen Bundesanleihen und Core-Immobilien mit rund 350 Basispunkten auf einem historischen Höchststand. Dies macht Immobilien mit und ohne Einsatz von Fremdkapital attraktiv - und dürfte weiterhin für starke Nachfrage sorgen.

Gib es hier einen Unterschied zwischen dem deutschen und dem amerikanischen Markt?

Die US-amerikanischen Notenbank FED hat die Umkehr von der Nullzinspolitik eingeleitet und die US Leitzinsen in mehreren Schritten sukzessive auf derzeit 1,00 bis 1,25 Prozent erhöht. Als Folge verteuert sich die Kreditaufnahme, gleichbedeutend rückläufiger Erträge rein aus der Fremdkapitalaufnahme in einer Transaktion. Diese Hebelwirkung spielt dagegen in Deutschland eine wichtigere Rolle, um die gewünschten Renditen zu erzielen.

Wie positionieren sich Großanleger, etwa Versicherungen, derzeit beim Thema Immobilien?

Versicherungen haben ihre Immobilienallokation deutlich aufgebaut. Nach den neuesten Studien liegt diese nun im Durchschnitt bei knapp über zehn Prozent. Versicherungen und andere institutionelle Anleger legen ihren Fokus auf Sicherheit. Favorisiert werden dabei insbesondere Einzelhandels- und Wohnimmobilien in Deutschland.

Stehen dabei nur gut vermietete Objekte an Top-Standorten im Fokus?

Es ist auch ein spürbaren Anstieg bei der Nachfrage für Nischen zu beobachten, der mit höheren erzielbaren Renditen gegenüber traditionellen Core-Immobilien erklärt werden kann. Neben klassischen Eigenkapital-Investments in die Immobilien steigt das Interesse am sogenannten Real Estate Debt. Die Beteiligung an Immobilientransaktionen über Fremdkapital wie Senior- oder Mezzanine Darlehen wird von Anlegern in späten Phasen des Immobilienzyklus bevorzugt und bietet darüber hinaus auch aus regulatorischer Sicht Vorteile.

Was können private Immobilieninvestoren derzeit vom Anlageverhalten der Institutionellen lernen?

Institutionelle Anleger haben gegenüber privaten Anlegern in der Regel den Vorteil, dass sie dank der höheren Anlagevolumina auf allen Märkten aktiv sein können und einen besseren Zugang zu Anlageopportunitäten weltweit haben. Daher sind beide Anlegergruppen schwer mit einander vergleichbar. Institutionelle haben ihre Renditeerwartungen an das aktuelle Umfeld angepasst und setzen stärker auf eine ausgewogene Mischung und Streuung der Investments. Diese Investment-Strategie sollten auch private Immobilien-Anleger verfolgen.



Vita

René Höpfner ist seit 2016 Regional Director für Deutschland, die Schweiz und Österreich bei LaSalle, der Investment-Management-Tochter des börsennotierten Immobilien-Dienstleisters JLL. Er ist Spezialist für Asset-Management und Immobilienberatung.