Das hat sicher auch damit zu tun, dass die Maßnahmen der Notenbanken, was die Bekämpfung der Deflationsgefahren angeht, zumindest teilweise Erfolg haben. Auch was den Konjunkturzyklus angeht, sieht es gar nicht mal so schlecht aus. Das war nicht von allen so erwartet worden. Vor allem Goldman Sachs und HSBC waren von richtig enttäuschenden Unternehmensergebnissen im dritten Quartal ausgegangen. Eine Meinung, der wir uns nicht anschließen wollten. Und das zu Recht. Etwa ein Viertel der 500 Unternehmen des amerikanischen S&P-Index haben bisher neue Gewinn- und Umsatzzahlen veröffentlicht. Und in beiden Kategorien wurden die Erwartungen deutlich übertroffen. Bei den Gewinnen beispielsweise fielen gleich 78 Prozent der Zahlen besser aus.
Mal sehen, ob der Trend für die restlichen drei Viertel der berichtenden US-Aktiengesellschaften anhält. Wenn ja, dann kann man tatsächlich von einer Rückkehr des Wachstums sprechen und vom Ende der Gewinnrezession, die wir eigentlich schon seit Ende 2014 beobachten - das heftige Hin und Her an den Börsen seit Mitte vorigen Jahres kommt ja nicht von ungefähr.
Einer Jahresendrally scheint eigentlich nichts im Wege zu stehen. Ein Indiz dafür ist, dass Anleger zunehmend von eher defensiven Branchen in eher zyklische umschichten. Weg von Versorgern und Telekommunikation hin zu Technologie und Industriewerten. Auch der Anleihemarkt liefert dafür Indizien: Es fließt mehr Geld in kurz laufende und in inflationsgeschützte Papiere. Anscheinend geht man von anziehender Inflation aus, was in der Regel mit einem zyklischen Aufschwung einhergeht. Das ist in den USA so, genauso aber auch in Großbritannien und im Euroraum. Die Frage ist nur: Wann verdirbt die US-Notenbank Fed die Party? Denn vermutlich wird sie über kurz oder lang einen Zinserhöhungszyklus starten.
Allerdings muss dies nicht das Ende des Aufschwungs am Aktienmarkt bedeuten. Positive Wachstumsaussichten sollten die negative Zinsentwicklung eigentlich doch aufwiegen. Zumindest am Anfang der Zinstrendwende. Riskant ist die Entwicklung beim Zins aber dennoch. Wenn die Erhöhungen zu schnell und zu massiv eingeleitet werden, dann kann so ein Zyklus auch schnell wieder abgewürgt werden. Zumal die Entwicklung in China und in Europa ja durchaus fragil ist. Da kann dann schon auch mal die ganze Weltökonomie ins Stottern kommen. Ein zyklisches Top im Verlauf des Jahres 2017 ist also durchaus eine Option, ein drastischer Bärenmarkt inklusive.
Was also tun? Ganz einfach: investiert bleiben. Wir bleiben optimistisch für den Rest des Börsenjahres. Die Empfehlung der zurückliegenden Wochen, schwächere Börsentage immer wieder zum Nachkaufen zu nutzen, dürfte sich schon gelohnt haben. Und damit nicht genug: Der Mix aus besser als erwarteten Unternehmensergebnissen und aus der für Aktien generell günstigen Jahreszeit dürfte für weitere Kursgewinne sorgen.
Martin Blümel ist leitender Redakteur bei BÖRSE ONLINE und Autor des Börsenblogs www.bluemelstaunt.com