An der Börse stieß das Vorhaben auf wenig Gegenliebe. Bayer-Aktien fielen acht Prozent auf ein Zweieinhalb-Jahrestief von 88,18 Euro. Der Konzern verlor auf einen Schlag 6,5 Milliarden Euro an Börsenwert. Viele Anleger fürchten eine kostspielige Übernahme, die mittels Kapitalerhöhung finanziert werden könnte. "Wir sind zutiefst beunruhigt", erklärte Fondsmanager Maximilian Anderl von UBS Global Asset Management, die zu den 30 größten Investoren bei Bayer gehört. Bayer könne nicht so viele Schulden aufnehmen und eine mögliche Kapitalerhöhung sei wertzerstörend. Ein Gemeinschaftsunternehmen zum Beispiel sei eine bessere Lösung. Baumann, der Anfang Mai das Ruder vom Niederländer Marijn Dekkers beim Aspirin-Hersteller übernahm, muss daher noch Überzeugungsarbeit leisten. Mit Strategien und Finanzen kennt er sich zumindest bestens aus. Der 53-Jährige, seit 28 Jahren bei Bayer, war zuletzt Strategiechef und Finanzvorstand.
Die Analysten der Citibank taxierten den Preis für Monsanto inklusive Schulden auf 57 bis 65 Milliarden Euro. Nach Ansicht von MM-Warburg-Analyst Ulrich Huwald müsste Bayer womöglich seinen restlichen Anteil an der Kunststofftochter Covestro verkaufen und sich von seinem Tiergesundheitsgeschäft trennen. Letzteres hatte Baumann ohnehin schon in Erwägung gezogen.
BAYER WILL EINVERNEHMLICHE ÜBERNAHME
Die Amerikaner sprachen von einer unverbindlichen, unerbetenen Offerte. Diese werde nun vom Verwaltungsrat geprüft. Bayer hatte in den vergangenen Monaten mehrfach bekräftigt, sein Saatgutgeschäft ausbauen zu wollen und erklärte nun: "Vertreter von Bayer haben vor kurzem Mitglieder der Geschäftsführung von Monsanto getroffen, um vertraulich über eine einvernehmliche Übernahme von Monsanto zu sprechen." Reuters hatte im März von Insidern erfahren, dass Monsanto und Bayer Gespräche führten, bei denen die Amerikaner Interesse am Saatgutgeschäft der Leverkusener geäußert hätten. Die Finanzagentur Bloomberg hatte vor einer Woche berichtet, Bayer prüfe ein Angebot für Monsanto.
Der US-Konzern war im Sommer mit seinen Übernahmeavancen bei Syngenta abgeblitzt. Die Schweizer werden nun für 43 Milliarden Dollar vom chinesischen Staatskonzern ChemChina geschluckt. Zudem haben die US-Chemieriesen DuPont und Dow Chemical eine Megafusion angekündigt und wollen das Agrarchemiegeschäft als eigenständiges Unternehmen aufstellen. Seitdem schießen in der Branche die Übernahmegerüchte ins Kraut, weil keiner bei der Konsolidierung außen vor bleiben will.
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MONSANTO KÄMPFT MIT SCHLECHTEM IMAGE
Der weltweite Markt für Pflanzenschutzmittel und Saatgut wird mit Syngenta, Monsanto, Bayer, DuPont Pioneer, Dow Chemical und BASF nur von einer guten handvoll Firmen kontrolliert. Monsanto und Bayer würden zusammen ein breites Angebot im Pflanzenschutz und Saatgut auf die Beine stellen. Der Zukauf könnte aber vor allem in den USA auf kartellrechtliche Hürden wegen Überlappungen im Saatgutgeschäft, insbesondere bei Sojabohnen, Baumwolle und Raps, stoßen. Monsanto setzte 2015 rund 15 Milliarden Dollar um, Bayer 46,3 Milliarden Euro, wovon 10,367 Milliarden auf die Agrarchemiesparte CropScience entfielen. Schleswig-Holsteins Umweltminister Robert Habeck befürchtet eine zu große Abhängigkeit der Bauern von einem Großkonzern Bayer/Monsanto: "Wir brauchen mehr Vielfalt und Alternativen, und kein Chemieoligopol in der Landwirtschaft", sagte er der "Rheinischen Post".
Bei einer Übernahme der Amerikaner muss sich Bayer-Chef Baumann aber noch auf ganz andere Kritik einstellen: Kein anderer Konzern der Branche hat ein derart schlechtes Image wie Monsanto. Der Saatgutriese steht immer wieder wegen seiner aggressiven Geschäftspraktiken und seiner gentechnisch veränderten Produkte in der Kritik. Die Amerikaner sind zudem der Entwickler des Unkrautvernichtungsmittels Glyphosat, das im Verdacht steht, krebserregend zu sein.
Ein großes Fragezeichen bleibt, wie nun der Chemieriese BASF reagiert, dem ebenfalls Interesse an Monsanto nachgesagt wurde. Die Ludwigshafener arbeiten seit 2007 mit dem US-Konzern bei der Entwicklung biotechnologisch veränderter Nutzpflanzen zusammen. BASF hat bislang kein eigenes Saatgutgeschäft. Vorstandschef Kurt Bock hatte zuletzt aber wiederholt betont, dass er "außerordentlich diszipliniert" bei Zukäufen vorgehen wolle. Der Chemiekonzern habe ein "sehr erfolgreiches" Pflanzenschutzgeschäft und brauche kein Saatgutgeschäft.
Reuters